Kinder brauchen Sport: In Vereinen können sie diesen aber während der Corona-Pandemie nicht ausüben. Das stellt die heimischen Klubs vor eine Frage: Wie motiviere ich sie trotzdem für Sport?
Seit Monaten können Kinder keinen Sport mehr in ihren Vereinen ausüben. Ihnen fehlt dadurch nicht nur die sportliche Betätigung, sondern auch der soziale Kontakt mit Gleichaltrigen. Beides konnten ihnen vor der Corona-Pandemie die Sportvereine bieten. Wie versuchen die heimischen Klubs auch während des Lockdowns Kontakt mit den Kindern zu halten?
„Wir haben kein Konzept für alle Teams erarbeitet. Manche machen im Moment etwas, andere gar nicht“, sagt Ralf Cramer, Leiter der Jugendfußball-Abteilung des Werner SC. „Es gibt höchstens mal Aufforderungen, joggen zu gehen, mit oder ohne Ball. Aber die Resonanz ist nicht so gut. Die Motivation ist im Keller. Die Perspektive fehlt ihnen und der Punkt, an dem sie sagen müssen: Ich muss jetzt anfangen, mich fit zu machen.“
An seinen eigenen beiden Kindern würde Cramer sehen, dass es mittlerweile schwierig sei, sie zum Bewegen zu motivieren. „Anfangs hat das noch gefruchtet. Da hat man 10- bis 15-Jährige öfter spazieren gehen sehen. Heute haben sie da noch wenig Lust drauf. Die Kinder verfallen in eine statische Situation“, so der Abteilungsleiter und meint damit, dass Kinder viel länger auf der Couch sitzen würden.
Die gleichen Erfahrungen hat auch Toni Brockmeier vom SV Herbern gemacht. „Ich höre von Eltern, dass viel mehr gedadelt wird und dass sie lange vor dem Bildschirm sitzen. Selbst für die Schule müssen die Kinder das ja. Für die Gesundheit ist das fatal, auch wenn man das nicht sofort merken wird. Rumchillen ist auf Dauer nicht die Lösung“, sagt der Jugendfußball-Vorsitzende.

Toni Brockmeier ist Jugendfußball-Vorsitzender des SV Herbern. © Helga Felgenträger
Um dem entgegenzuwirken, würden die Trainerteams versuchen, mit den Kindern Kontakt zu halten. Die Trainer hätten dafür Anregungen bekommen und würden verschiedenste Aufgaben stellen, mal zur Technik, mal im Wettbewerb, aber eben immer höchstens zu zweit.
„Das entspricht nicht dem Fußball. Fußball ist ein Mannschaftssport“, so Brockmeier und ergänzt gleich ein weiteres Problem, dass sich dadurch ergebe. „In einer Mannschaft gibt es immer welche, die ihren Schweinehund nicht überwinden können. Wenn es weitergehen sollte, müssen sie aber fit sein. Sonst sind sie nach dem ersten Spiel direkt verletzt.“
Voigt von den LippeBaskets: „Ich kenne doch meine Pappenheimer“
Sebastian Voigt, Trainer der Männer-U18 der LippeBaskets Werne, beobachtet in seinem Team ähnliches. „Ich kenne doch meine Pappenheimer. Wenn ich denen nicht in den Hintern trete, machen die nichts. Es gibt welche, die noch gar nicht von der Couch gekommen sind. Der Großteil macht etwas, aber andere setzen ihre Prioritäten anders. Die Ausreden werden immer skurriler. In dem Alter ist es aber auch nicht mehr meine Aufgabe, sie zu motivieren.“
Da die U18 die letzte Stufe vor dem Seniorenbereich ist und viele in die erste, zweite oder dritte Männer-Mannschaft hochgehen würden, würden die motivierten Jugendlichen in diesen Teams an den verschiedenen Laufchallenges und ähnlichen Fithalte-Aktionen teilnehmen.

Sebastian Voigt mit jungen Basketballern der LippeBaskets Werne. © Isabell Michalski
„Ich bin froh, dass sie sich in die anderen Teams aufgeteilt haben. Ich hätte gerne auch Aktionen gemacht, aber das ist beruflich leider unmöglich. Leider wurde von den Jungs selbst auch nichts angesprochen. Ich kann nur an den Sportsgeist appellieren“, so Voigt, der aber auch verstehen kann, dass es für manche schwierig sei, sich fürs Laufengehen zu motivieren.
„Es ist nicht entscheidend, wer die meisten Kilometer läuft, sondern dass sie den Ball in den Korb werfen“, aber der U18-Trainer ergänzt: „Aber Basketball ist ein Teamsport. Die, die jetzt nichts machen, können gerne einen Einzelsport machen.“
Um die Motivation - und besonders den Spaß - bei den Kindern hochzuhalten, legt Bernd Purzner vom TV Werne Volleyball sehr viel Wert auf Videokonferenzen mit den Kindern. Einmal die Woche macht der Volleyballtrainer Onlinetraining mit der U13/14 sowie der U16 und den Damen III des TV Werne. Dazu gibt es auch eine U12-Jungengruppe beim Werner SC.
„Ich bringe ihnen Technik und Taktik bei und vermittle das mit viel Spaß und Spielen. In dem Alter geht es noch nicht so um Leistung. Wenn es keinen Spaß macht, kommen sie nicht mehr“, so Purzner. Der Volleyballtrainer des TV Werne und Werner SC versuche, den Spaß online so gut wie möglich rüberzubringen.

Bernd Purzner mit Mädchen des TV Werne Volleyball. © Helga Felgenträger
Dabei legt er Wert auf eine Mischung aus volleyballspezifischen Übungen und Teambuilding-Maßnahmen. „Mal mache ich ein Volleyball-Quiz, da dürfen sie dann auch ihre Eltern fragen oder googeln, Schnick-Schnack-Schnuck, Montagsmaler, Pantomime, Wahrheit oder Lüge, aber ich zeige ihnen auch Taktiken oder Aufstellungen.“
Aber auch Ball - oder viel mehr Sockenübungen - dürften nicht fehlen. „Mit Bällen können die Kinder zuhause schnell was kaputt machen. Socken sind für alles geeignet. Sie sind weich, leicht und gut zum Jonglieren“, sagt Purzner, der jede Übung vorher selbst ausprobiert.
Initiative #trotzdemSPORT
Der Landessportbund Nordrhein-Westfalen hat im Rahmen der Initiative #trotzdemSPORT verschiedene Praxisbeispiele und Angebote zusammengestellt, um den Sportvereinen beim Sportausüben während der Corona-Pandemie zu helfen. Weitere Infos gibt es unter: www.lsb.nrw/trotzdemsportIm Gegensatz zu den anderen Verantwortlichen kann der Trainer sich auch nicht über zu geringe Beteiligung beschweren. „Die Teilnahme ist gut oder sogar besser als beim ‘normalen‘ Training. Das liegt auch daran, dass man mitmachen kann, wenn man nicht ganz so fit oder angeschlagen ist“, kann er Online-Training anderen Vereinen nur empfehlen.
„Ich habe überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Die Eltern unterstützen ihre Kinder und feuern sie im Hintergrund teilweise sogar an“, sagt Purzner.
Hat im Mai 2020 in der für den Lokal-Journalismus aufregenden Corona-Zeit bei Lensing Media das Volontariat begonnen. Kommt aus Bochum und hatte nach drei Jahren Studium in Paderborn Heimweh nach dem Ruhrgebiet. Möchte seit dem 17. Lebensjahr Journalist werden.
