Dass der Werner SC am Donnerstag (17. April) mit 1:3 gegen den SV Eintracht Ahaus verlor, geriet an diesem Abend zeitweise zur Nebensache. Denn für viele Beobachter war vor allem eines bemerkenswert: Das Landesligaspiel wurde von einem reinen Schiedsrichterinnen-Gespann geleitet. Nina Werthschulte (Hauptschiedsrichterin, Kreis Iserlohn), Carina Sokolowski (Kreis Recklinghausen) und Victoria Filthaut (Kreis Soest) standen auf dem Platz – ein Bild, das im Herrenbereich bislang noch die Ausnahme ist.
Zwei Landesliga-Proben für Nina Werthschulte
Doch dieser Einsatz war kein Zufall, sondern Teil eines gezielten Förderprogramms des Fußball- und Leichtathletik-Verbands Westfalen (FLVW). Der Verband hat im Sommer 2024 ein spezielles Förderteam für Schiedsrichterinnen ins Leben gerufen. Unter der Leitung von Simone Horn und Dirk Schmale werden talentierte Schiedsrichterinnen gezielt auf höhere Aufgaben vorbereitet – mit regelmäßigen Schulungen, Feedbackrunden und Probeansetzungen in höheren Ligen.
„Wir sind normalerweise in der Frauen-Regionalliga West unterwegs“, erklärt Nina Werthschulte, die auch Herren-Bezirksliga pfeift. „Diese Landesliga-Partie war für uns ein sogenannter Beobachtungseinsatz. Wenn alles gut läuft, können wir zur kommenden Saison fest für den Herrenbereich auf Landesliga-Ebene eingestuft werden.“
Insgesamt drei solcher Probespiele wird die 24-Jährige absolvieren – das Duell zwischen Werne und Ahaus war die zweite von drei Prüfsteinen. „Wir standen schon in der Landesliga-2-Partie zwischen Ottfingen und Lennestadt zusammen auf dem Platz“, sagt Carina Sokolowski.
Auch die dritte Probe haben Werthschulte und Sokolowski bereits hinter sich. Am Ostermontag liefen sie – ohne Filthaut, dafür mit Sinan Cakir – bei der TSG Dülmen, die den FC Nordkirchen mit 1:0 besiegten, auf.

Die Partie verlief aus Sicht der Unparteiischen nahezu reibungslos. „Ich habe keine negative Reaktion mitbekommen – weder von Spielern noch von außen. Häufig wecken wir als Trio bei manchen Fluchreflexen und manche blocken ab“, sagt Werthschulte, die negative Reaktionen durchaus gewohnt sei.
„Aber meistens geht es nicht um mich als Frau, sondern als Schiri. ‚Ey Schiri‘ ist schließlich unabhängig vom Geschlecht“, sagt die 24-Jährige, die nicht zum ersten Mal von Menden nach Werne fuhr. „Über eine Chemie-Doktorantin von der TU Dortmund bin ich in einem Werner Kegelklub gelandet und bin daher alle vier Wochen in Werne zum Kegeln.“
Die Kommunikation innerhalb des Gespanns läuft per Headset – ein Vorteil, den das Trio gut zu nutzen weiß. „Wir verstehen uns auch abseits des Platzes super“, erzählt Werthschulte. „Das ist wie ein 90-minütiges Telefonat mit Freundinnen – nur dass wir eben die ganze Zeit über Fußball reden und Entscheidungen zu Fouls, Abseits und Aus diskutieren.“
Dass Frauen Spiele im Herrenbereich pfeifen, ist in Westfalen zwar kein Novum, aber immer noch eine Seltenheit. Nina Werthschulte hat große Vorbilder: „Annika Kost, die aus meinem Kreis kommt, pfeift in der Frauen-Bundesliga und in der Herren-Regionalliga – das ist für mich ein Ansporn.“ Die Sportlerin aus Menden im Sauerland steht kurz vor dem Start ins Referendariat für das Lehramt, will sich danach das Pfeifen aber keinesfalls nehmen lassen.
Trio pfeift Frauen-Revierderby am 27. April in Dortmund
Ein echtes Highlight wartet schon in wenigen Tagen: Am Sonntag (27. April) soll das Trio das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 in der Frauen-Westfalenliga leiten – ein echtes Spitzenspiel vor rund 10.000 Zuschauern im Stadion Rote Erde. „Das wird ein Wahnsinnsspiel“, freut sich Werthschulte. „Solche Ansetzungen zeigen, dass der Verband uns vertraut. Jetzt liegt es an uns, dieses Vertrauen mit Leistung zu bestätigen.“
Der FLVW habe die Schiedsrichterinnen sorgfältig ausgewählt. Denn: In dem Spiel gehe es nicht um die Spielführung. „Das Spielklima ist nicht das Problem. Es geht um die Zuschauer. Da ist die Frage, bin ich als Frau richtig auf dem Feld oder sollte das lieber ein erfahrener Oberliga-Schiedsrichter übernehmen?“, erzählt Werthschulte. Umso glücklicher ist das Trio, „dass uns der Verband vertraut“. Wir zeigen das Revierderby ab 14 Uhr im kostenlosen Livestream auf rn.de/sporttv –kommentiert von Werner Hansch und Corny Küpper.