Die Reitanlage in Vinnum: Neben dem großen Sprintplatz gibt es einen Abreiteplatz am unteren Bildrand. Links gibt es eine Wieseo für Geländereiten. Im Hintergrund befinden sich die Sandflächen für Dressurreiten und die Doppel-Hallen. Bis zu fünf Prüfungen konnten hier in Spitzenzeiten gleichzeitig stattfinden. Wegen des Schutzes vor einer Corona-Infektion sind die Starterzahlen nun stark begrenzt. © Patrick Fleckmann

Reiten

Turnierveranstalter müssen mehr Geld nehmen - Reiter zahlen deutlich mehr

Weil viele Turniere ausgefallen sind, werden Turnierreiter wohl auch weniger für ihren Sport in diesem Jahr ausgeben. Doch der Einzelstart wird teurer. Die Gründe: Den Veranstaltern brechen Einnahmequellen weg.

Selm

, 10.06.2020 / Lesedauer: 4 min

Reiter werden für Turnierstarts in diesem Jahr tiefer in die Tasche greifen müssen. Wer einen der Startplätze ergattert, auf den kommen wohl höhere Kosten zu. Das schlägt sich schon in den Ausschreibungen nieder.

Der Werner Michael Potthink, Reitlehrer des RV Lützow, erlebte es bei seinen Turnierstarts in der vergangenen Woche selbst, dass die Kosten für Turnierstarts gewachsen sind. Bei dem Dressur-Late-Entry vergangene Woche in Heiden zahlte Potthink 15 Euro für eine A-Dressur - ein hoher Preis. „Es ist sonst günstiger. Das ist der doppelte Einsatz“, sagt Potthink. Stimmt das? Und ist das ab jetzt üblich? Was sind die Gründe?

Der Blick in aktuelle und alte Ausschreibungen von Turnieren zeigt: Fast überall ist die Startgebühr teurer geworden, zum Teil deutlich. Waren im vergangenen Jahr für eine A-Dressur noch 9 Euro üblich, liegen die Preise vielerorts nun höher. Schuld ist das Coronavirus, das zahlreiche Auflagen nach sich zieht und die Turnierveranstalter in Bedrängnis bringt.

Corona hat den Pferdesport getroffen

„Der Sport ist schwer getroffen“, sagt Daniel Stegemann, Geschäftsführer des Pferdesportverbandes Westfalen, und erläutert drei Säulen bei der Finanzierung von Turnieren: Die Startgebühren sinken, weil Stegemann zufolge viele Turniere nur mit einem Drittel der Teilnehmerzahlen aufgrund von Sicherheitsregeln über die Bühne gehen dürfen. Säule zwei, die Gastronomie, bricht gänzlich weg. Die dritte Säule, die aus Spenden und Sponsoren besteht, sei ebenfalls niedriger als sonst.

„Das Finanzierungskonzept bricht in sich zusammen“, schlussfolgert Stegemann, „am Ende des Tages bedeutet das auch eine Kostensteigerung für die Teilnehmer.“ Einsparpotenziale wie die Absage von Programm und Feiern könnten die wegbrechenden Einnahmen nicht aufwiegen.

Turnierorganisator bestätigt die Gründe

Heinrich Südfeld, der mit seinem Equipment in der Turnierorganisation tätig ist und am Wochenende in Fröndenberg wieder ein erstes Turnier betreut, bestätigt das. „Die Bewirtung mit Brötchen und Theke fällt weg und die Auflagen und der Personalaufwand sind hoch. Der eine oder andere Sponsor wird auch wegbrechen. Und so versuchen es die Veranstalter, das durch den Einsatz wieder wettzumachen“, sagt Südfeld, der auch beim RV Lützow regelmäßig die Turnierorganisation übernimmt.

Die Folge: Die Veranstalter müssen sich finanziell etwas einfallen lassen. Und das tun sie auch und reizen den Spielraum für den Organisationskostenbeitrag jetzt aus. Der Sockelbeitrag liegt für eine A-Dressur bei mindestens 3 Euro und darf jeweils um maximal 5 Euro auf 8 Euro erhöht werden. Er wird jeweils durch eine zweite Komponente, die prozentuell von der Höhe des Geldpreises abhängt, sowie durch eine Landeskommissionsabgabe ergänzt - auf sonst übliche 7,50 Euro bis 10 Euro für eine A-Dressur.

Late-Entry-Turniere werden anders bepreist

Ein anderer Effekt: Aktuell gebe es im Turnierprogramm ausschließlich Late-Entry-Turniere, die ohnehin anderen Preisgestaltungsregelungen unterliegen und den doppelten Einsatz verlangen dürfen. Westfalen-Geschäftsführer Stegemann weist darauf hin, dass die Kosten für Turniersport schon in den vergangenen zehn Jahren davongaloppiert sein, etwa durch die Buchung von Ärzten und professionellen Sanitätsdiensten. Die Obergrenzen für Startgebühren hätten sich hier nicht verändert, nur reizen die Veranstalter den Spielraum nun aus, um das Turnier zu stemmen.

Möglich sind sogar noch andere Mittel: Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) räumt den Veranstaltern darüber hinaus weiteren Spielraum ein und schreibt, dass Geldpreise gemäß der Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) nur anteilig oder überhaupt nicht ausgezahlt werden müssen. „Um die Finanzierung sicherzustellen kann nach Rücksprache mit der Landeskommission auch eine Corona-Sondergebühr für den Mehraufwand durch die Infektionsschutz-Maßnahmen erhoben werden“, heißt es.

RV Lützow wird eine Corona-Gebühr erheben

Franz-Josef Schulte im Busch, Vorstandsmitglied des RV Lützow, sagt, dass höhere Teilnahmegebühren angesichts der Auflagen unvermeidbar seien. Der RV Lützow plant eine Corona-Abgabe von 10 Euro pro Pferd für sein Turnier im August, will den Jugendsport hier aber ausklammern. Schulte im Busch bestätigte den Eindruck, dass die Kosten für die Reiter steigen werden: „Das kann man allgemein so sagen. Für die Reiter wird das Start- und Nenngeld deutlich teurer. Das steht fest.“ Für die eigene Veranstaltung plant der RV Lützow mit einer schwarzen Null, aber in diesem Jahr ohne große Gewinne.

Daniel Stegemann, Geschäftsführer des Pferdesportverbandes, ist froh über das Engagement vieler Vereine. „Wir sind stolz auf Vereine, die sich trauen, Turniere wieder anzumelden und auszurichten“, sagte er. Denn dass die vorhandenen Turniere den Bedarf derzeit nicht decken, liegt auf der Hand. Deshalb haben Reiter wie Michael Potthink derzeit auch Verständnis, obwohl sie bei mehreren Ritten mit mehreren Pferden am Ende eines Turniertages mit weniger Geld im Portmonnaie haben: „Damit können wir Reiter leben.“

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