Ein Gespräch mit Kevin Marquardt ist dieser Tage mit gemischten Gefühlen verbunden. Über allem steht die Erleichterung und Freude, dass es dem 33 Jahre alten Stürmer des Fußball-A-Ligisten PSV Bork gut drei Wochen nach dem hinterhältigen Angriff auf ihn und einen Borker Teamkollegen in Dortmund körperlich wieder gut geht. Seine Schilderung der Abläufe in der verhängnisvollen Nacht löst jedoch weiterhin vor allem Fassungslosigkeit aus.
„Die körperlichen Sachen sind soweit verheilt“, bestätigt Marquardt gleich zu Beginn und berichtet von mehreren Wunden im Gesichtsbereich, die mit bis zu sechs Stichen genäht werden mussten. „Das hat sehr stark geblutet, auch im Mund. Als ich nach Hause gekommen bin, sah ich aus wie ein Boxer in der zwölften Runde. Meine Frau hatte schon ein bisschen Schiss.“ Dazu kam ein glatter Nasenbeinbruch, der sich glücklicherweise optisch nicht bemerkbar mache. „Das andere sind natürlich auch die seelischen Folgen“, so Marquardt weiter.
Ihn beschäftige vor allem die Erkenntnis, „dass das alles auch anders hätte enden können. Ich wurde von hinten niedergestreckt und lag dann direkt auf dem Boden. Danach habe ich dann noch Tritte gegen Kopf und Oberkörper bekommen. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ich noch versucht hätte, mich zu wehren.“
Dass der Angriff völlig aus dem Nichts erfolgt sei, bringe ihn zum Nachdenken: „Was mich schockiert, ist immer wieder diese grundlose Gewalt, vor allem gegen den Kopf.“ Die Täter hätten jegliche Folgen ihrer Handlungen in Kauf genommen. „Deshalb ist das für mich im Rückblick auch nicht bloß gefährliche Körperverletzung, sondern ganz klar versuchter Totschlag“, so Marquardt weiter. Trainer Sanmi Ojo vom PSV Bork hatte sich am Wochenende nach dem Überfall gegenüber unserer Redaktion bereits ähnlich geäußert.
Solidarität von PSV Bork und VfR Sölde
Trotz allem macht Marquardt mit etwas Abstand zu den Ereignissen einen sehr gefestigten Eindruck. „Mir hat einiges sehr geholfen. Zum einen die Solidaritätsbekundungen von allen Seiten: von meiner alten Mannschaft aus Sölde, vom PSV Bork, auf der Arbeit“, berichtet er. Marquardt ist Leiter einer Kindertagesstätte in Selm. „Ich gehe jetzt seit zwei Wochen wieder arbeiten, und die Kinder waren schon eine sehr gute Ablenkung. Ich hatte aber beispielsweise an meinem ersten Arbeitstag auch Eltern bei mir im Büro, die in Tränen ausgebrochen sind, weil sie das so mitgenommen hat“, erzählt er weiter.

Zum anderen habe er bereits erfolgreich eine Art „Gegentherapie“ angewandt: „Was wirklich gut war: Ich war seitdem auch schon auf einem Junggesellenabschied in Hamburg auf der Reeperbahn. Da waren ja auch viele Leute und ich hatte keine Probleme damit. Mein Weltbild ist zum Glück nicht zerstört“, sagt Marquardt.
Sein Eindruck von seiner Heimatstadt Dortmund habe sich durch den Überfall jedoch leider noch einmal bestätigt: „Ich war schon vorher kein großer Fan der Brückstraße. Das Ganze hat leider nochmal mein Gefühl bestätigt, dass es in Dortmund immer schlimmer wird.“
Kevin Marquardt will bald wieder kicken
Die Attacke hatte natürlich nicht nur Folgen für den Menschen Kevin Marquardt, sondern auch für den Fußballer. Sehr schnell, nämlich bereits am Morgen nach der Tat, habe er wieder an Fußball gedacht, erzählt er: „Ich habe dann mit Ojo gesprochen, für uns stand am Sonntag ja ein Spiel in Mühlhausen an. Da habe ich dann auch realisiert, dass es das wohl war mit meiner Saison.“
Die gute Nachricht: Beim letzten Saisonspiel des PSV Bork am Pfingstmontag (15.15 Uhr) auf der Ruhrkampfbahn des SV Langschede wird Kevin Marquardt zwar maximal als Zuschauer dabei sein. Die Mannschaftsfahrt nach Mallorca (Zitat Marquardt: „In Bork machen die das wohl zum ersten Mal“) peilt er aber auf jeden Fall an – wie auch seine baldige Rückkehr auf den Platz: „Mein Ziel ist, dass ich nach der Pause ganz normal in die Sommervorbereitung einsteige.“
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