
© Hausner
Nummer neun: Selmer Sportstudio gehen Einnahmen verloren: „In zwei Monaten mache ich das Ding zu“
Beste Artikel 2020
Das Sportjahr 2020 war kurz - aber nicht weniger turbulent. Wir erinnern an Ereignisse mit den zehn erfolgreichsten Artikeln. Nummer neun: Ein Selmer Fitnessstudio ist in seiner Existenz bedroht.
Bereits seit mehr als 20 Jahren führt Jörg Hausner seine Sportschule „JH-Athletics“ in Selm. Doch aktuell steht er wohl vor der größten Herausforderung seit der Gründung. Bereits seit knapp zwei Wochen ist das Sportstudio auf Anordnung des Landes Nordrhein-Westfalen geschlossen. Grund dafür ist das Coronavirus, das den gesamten Sportbetrieb in der Region zum Erliegen gebracht hat. Dadurch können die angemeldeten Mitglieder des Sportstudios dort keinen Sport mehr treiben und Hausner droht seine wichtigste Einnahmequelle komplett wegzubrechen. Denn die Kunden haben das Anrecht, ihre Beiträge zurückzufordern.
„Es ist sehr schwierig im Moment. Die Einnahmen fallen weg, während die Kosten weiterlaufen. Ich muss weiterhin Miete, Strom, Wasser und Löhne zahlen“, sagt Hausner. Lange könne das Sportstudio diese Situation nicht überstehen. „In zwei Monaten mache ich das Ding zu, wenn das so weiterläuft.“
Um zumindest die nächsten Wochen zu überstehen, liegen die Hoffnungen des Studioleiters auf den Mitgliedern. Wenn diese ihre Beiträge trotz Sportverzichts weiter zahlen, könne er die Kosten zumindest teilweise weiterhin decken. Im Gegenzug bietet Hausner an, freie Monate für diese Mitglieder dranzuhängen, wenn das Sportstudio wieder geöffnet hat.
Solidarität bringt wenigstens ein bisschen Planungssicherheit
„Das sind dann natürlich spätere Ausgaben, aber so habe ich zumindest etwas Planungssicherheit. Bisher waren die Reaktionen darauf größtenteils positiv. Viele haben Verständnis gezeigt. Noch schwimmen alle auf der solidarischen Welle mit“, sagt Hausner.
Dazu bemühe er sich um ein offizielles Paket. Allerdings sei das bisher nicht so einfach gewesen: „Im Sportbereich ist so etwas immer schwer. Die Bank sagt dann, dass sie von nichts wisse. Für mich sind das aber nur Hinhaltetaktiken. Es wir halt immer viel erzählt. Aktuell schätze ich die Chancen 50:50 ein, dass das noch klappt. Man muss es aber jetzt probieren, sonst ist es zu spät.“ Hausner hofft, mit finanzieller Hilfe die schwere Zeit zu überstehen. „Mit den Mitteln würde ich dann wohl noch zwei Monate länger überstehen“, sagt er im Hinblick auf die Zukunft.
Auch in seiner Sicherheitsfirma hat Jörg Hausner Einbußen
Doch die Corona-Krise hat nicht nur Auswirkungen auf den Sport. Neben der Sportschule leitet Jörg Hausner auch einen Sicherheitsdienst. Um die Einbuße aus dem Studio aufzufangen, packe er dort nun auch wieder selber mit an, trotz dreimal gebrochenen Oberarmkopf. „Auch im Sicherheitsdienst sind uns ein paar Aufträge weggefallen. Die aktuelle wirtschaftliche Situation zieht einfach einen Rattenschwanz nach sich. Zum Ende des Monats werden bei mir aus der Firma sieben Festangestellte arbeitslos. Das ist nicht zu verhindern“, beschreibt Hausner die aktuelle Lage.
Noch blickt der Selmer aber optimistisch in die Zukunft: „Ich schaue mit einem halblächelnden Auge auf die Situation. Man muss versuchen, das wegzustecken und diese Zeit zu überstehen.“ In den kommenden Tagen stehe für Hausner auch noch eine Besprechung mit dem Vermieter seines Sportstudios an, um zu klären wie mit der Mietzahlung weiterverfahren werden soll.
Dazu bemühe er sich um finanzielle Hilfe vom Landessportbund. Aber dort glaubt Hausner, nicht erfolgreich zu sein. Denn seine Sportschule sein kein „reiner eingetragener Verein“ und deshalb nicht im Landessportbund vertreten. „Ansonsten bleibt mir eigentlich nur, an die Solidarität und Vernunft aller Sportstudio-Mitglieder zu appellieren. Damit sie jetzt erstmal nicht ihre Beiträge zurückzuziehen. Ansonsten werden sehr, sehr viele Studios pleite gehen“, so Hausner.
Dieser Artikel erschien am 30. März.