Rassismus per WhatsApp - Geschäftsführer fliegt raus, Schiri muss sich rechtfertigen

© picture alliance/dpa

Rassismus per WhatsApp - Geschäftsführer fliegt raus, Schiri muss sich rechtfertigen

rnRassismus im Fußball

Das rassistische Statement eines Vorstandsmitglied hat einen kleinen Verein aus dem Sauerland in Aufregung versetzt. Der Fall hat Kreise gezogen bis in die Zunft der Schiedsrichter.

Schwerte

, 22.06.2021, 04:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der SV Deilinghofen-Sundwig ist ein klassischer Dorfverein aus dem Sauerland. Mit seiner ersten Mannschaft spielt der Klub aus Hemer in der Bezirksliga. Hinzu kommen eine zweite und eine dritte Mannschaft in den Kreisligen B und C sowie sieben Jugendmannschaften - so weit, so unspektakulär. In der vergangenen Wochen aber war plötzlich richtig was los beim SV Deilinghofen/Sundwig - wobei die Vereinsverantwortlichen gerne auf den Rummel verzichtet hätten. Denn es geht um Rassismus.

Jetzt lesen

Auslöser der Aufregung war ein Beitrag des Geschäftsführer Philipp Borchmann in einer WhatsApp-Gruppe des Vereins. Im Anschluss an das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft am 11. Juni zwischen Italien und der Türkei, das die Italiener mit 3:0 gewannen, schrieb der Vereinsfunktionär: „Danke an die Italiener, dass uns das Hupkonzert der scheiß Türken erspart bleibt.“ Zu allem Überfluss versah Borchmann den Beitrag noch mit dem Zusatz „Euer Geschäftsführer“. Der Iserlohner Kreisanzeiger (IKZ) hatte zuerst über das rassistische Statement berichtet.

Sofortige Trennung vom Geschäftsführer

Auf die heftigen Reaktionen sowohl aus den eigenen Reihen als auch von anderen Klubs reagierte der Vorstand des SV Deilinghofen/Sundwig umgehend und trennte sich mit sofortiger Wirkung von Borchmann. „Der Vorstand des SV Deilinghofen/Sundwig bedauert zutiefst die Äußerungen seines Geschäftsführers, die sich in den sozialen Netzwerken verbreitet haben. Der Verein distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten und trennt sich mit sofortiger Wirkung von Philipp Borchmann. Eine offene und multikulturelle Gesellschaft ist für uns eine Selbstverständlichkeit, die sich auch so in der Mitgliederschaft widerspiegelt“, heißt es in der offiziellen Mitteilung des Vereins.

Jetzt lesen

Um diese Haltung zu untermauern, veröffentlichte der Verein auf seiner Facebook-Seite kurze Video-Statements der Spieler und anderer Vereinsmitglieder mit der klaren Botschaft „Nein zu Rassismus!“ Zusätzlich betonte der Vereinsvorsitzende Dirk Siebel, der im Urlaub von den unerfreulichen Ereignissen überrascht wurde: „Wir haben in unserem Verein viele ausländische Spieler und Trainer, sind ein weltoffener Verein. Wir tolerieren das nicht, deshalb haben wir schnell gehandelt.“

Entschuldigung für „diese unbedachte Äußerung“

Daran ändert auch nichts, dass Philipp Borchmann mittlerweile mitteilte: „Ich entschuldige mich für diese unbedachte Äußerung in aller Form und bedauere diese.“ Gegenüber dem IKZ habe er seinen WhatsApp-Beitrag auf Nachfrage zudem als „leichtsinnig“ bezeichnet.

Aber der „Fall Borchmann“ hat noch weitere Kreise gezogen und hat mittlerweile auch den Schiedsrichterausschuss des Fußballkreises Iserlohn auf den Plan gerufen. Dieser hatte gegen einen seiner Unparteiischen ein Verfahren eingeleitet. Der Grund: Besagter Schiedsrichter soll dem SV Deilinghofen/Sundwig öffentlich eine Nazi-Gesinnung unterstellt haben.

Der entsprechende Vorwurf ist nach Angaben von Dirk Sodenkamp, im Kreisschiedsrichter-Ausschuss (KSA) zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, im Rahmen einer Facebook-Diskussion gefallen. KSA-Vorsitzender Lars Lehmann legt großen Wert darauf, sich mit einer Stellungnahme für sein Gremium auch öffentlich zu positionieren.

Lars Lehmann, Vorsitzender des Iserlohner Kreisschiedsrichterausschusses.

Lars Lehmann, Vorsitzender des Iserlohner Kreisschiedsrichterausschusses. © Kreis Iserlohn

„Wir Schiedsrichter im Kreis Iserlohn zeigen Rassismus, Diskriminierung, Gewalt sowie Hass und Hetze die Rote Karte. Unsere obersten Gebote sind Unparteilichkeit, Ehrlichkeit und Unabhängigkeit. Wir unterscheiden nicht nach Nationalität, Religion, sozialer Stellung, sexueller Orientierung oder politischer Motivation. Aus diesem Grund handeln wir konsequent, wenn unsere unverrückbaren Grundsätze nicht gelebt werden,“ teilt Lars Lehmann in einem Statement mit, das die Einschätzung sämtlicher Ausschussmitglieder widerspiegele.

Auch ein Rücktritt kann die Lösung sein

Der wegen seiner Äußerung in der Kritik stehende Unparteiische muss sich nun gegenüber dem KSA verantworten. Ihm drohe der Komplettausschuss. Sollte nach dem ersten Austausch keine Lösung gefunden werden, die auch ein Rücktritt des Schiedsrichters sein kann, entscheide entweder der Kreisvorstand oder das Sportgericht des Kreises, erläutert Dirk Sodenkamp.

Schlagworte: