Wie rassistisch ist der Amateurfußball? Dieser Frage ging ein internationales Forscherteam nach.

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Wie rassistisch ist der Amateurfußball in Deutschland? Studie zeigt ein klares Bild

rnRassismus im Fußball

Nicht alle Sportvereine antworten einem gleich. Dieser Hypothese ging ein internationales Forschungsteam nach. Die Ergebnisse zeichnen ein klares – nicht unbedingt positives – Bild.

26.04.2021, 12:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wie rassistisch ist der Deutsche Amateurfußball? Dieser Frage widmete sich ein internationales Forscherteam. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache.

Die Forscher Cornel Nesseler von der Universität Trondheim sowie Carlos Gómez González und Helmut Dietl von der Universität Zürich wollten wissen, wie diskriminierend Fußballvereine in Europa sind. „Durch eigenen Erfahrung von meinem Kollegen Carlos Gomez und mir“ sind die Forscher auf das Thema gekommen, sagt Cornel Nesseler: „Wir haben beide bemerkt, dass Sportvereine nicht allen gleich antworten.“

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Wie gleich antworten? Die Forscher stellten die Hypothese auf, dass heimische Fußballvereine Sportlern mit einem einheimischen Namen eher ein Probetraining anbieten als Spielern mit einem ausländisch klingenden Namen. Die Vorgehensweise legten Nesseler, Gonzáles sowie Dietl wie folgt fest:

  • Sie haben für jedes Land typisch einheimisch und ausländisch klingende Namen für die drei größten ausländischen Gruppen, die in dem Land leben, erstellt. In Deutschland waren das neben typisch-deutsch klingenden Namen wie Christian Weber auch polnisch-, italienisch- sowie türkisch klingende Namen.
  • Mit den unterschiedlichen Namen haben sie Amateurfußballvereine in ganz Europa mit folgender Email angeschrieben:
  • „Guten Tag, ich würde gerne an einem Probetraining Ihrer Mannschaft teilnehmen. Ich habe bereits auf einem ähnlichen Niveau gespielt. Könnte ich zu einem Probetraining kommen? Vielen Dank.“
  • Dieser Text wurde in den jeweiligen Sprachen der Länder verschickt. Danach haben sich die Forscher empirisch angesehen, welche Gruppen mehr antworten bekommen haben. „Die Resultate sind stabil und werden nicht von Faktoren wie z.B. Ausländeranteil oder Bevölkerungsdichte beeinflusst“, teilte Nesseler mit.

Wert der Diskriminierung in drei Ländern höher als in Deutschland

Die Ergebnisse, die sich aus dieser Studie ergaben, zeichnen ein klares Bild. An insgesamt 23.020 Fußballvereine aus 22 europäischen Ländern, davon ungefähr 1600 Teams in Deutschland, haben die Forscher die E-Mails geschrieben. Spieler mit einheimischen Namen haben durchschnittlich 10 Prozentpunkte häufiger eine positive Antwort erhalten, teilte Nesseler mit.

In Deutschland seien es sogar 13 Prozentpunkte gewesen. Nur in drei Ländern sei dieser Wert, der die Diskriminierung zeigt, höher gewesen. Sehr hoch war er in Österreich (20,46 Prozentpunkte) sowie in Kroatien (23,37), niedrig dagegen in Irland (3,05) und Frankreich (3,57).

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Signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen deutschen Bundesländern gebe es nicht, so Nesseler. Das heißt aber nicht, dass Überraschungen ausgeblieben sind. Zwei Bundesländer tanzen nämlich ein wenig aus der Reihe: Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Dort wurden eher die Emails von Spielern mit ausländisch klingenden Namen positiv beantwortet. Eine Erklärung dafür hat Nesseler nicht.

In Sachen-Anhalt wurden die verschickten Emails mit ausländisch klingendem Namen zu 64,4 Prozent positiv beantwortet und Emails mit inländischem Namen zu 60 Prozent. In Brandenburg waren es 66,7 Prozent (ausländisch klingende Namen) sowie 60,5 Prozent (inländische Namen).

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Interessant ist diese Beobachtung vor allem deshalb, weil in beiden Ländern die rechtspopulistische Partei AFD im Deutschland-weiten Vergleich bei den beiden letzten Landtagswahlen beider Bundesländer sehr stark abgeschnitten hat (24,3 Prozent Sachsen-Anhalt; 23,5 Prozent Brandenburg).

In Nordrhein-Westfalen hielten sich die Ergebnisse in Waage, 58,4 Prozent (ausländisch klingende Namen) sowie 63,3 Prozent (inländische Namen). Für eine Interpretation oder eine Tendenz auf die einzelnen Bundesländer aufgeteilt, sei die Anzahl der Mails und derer Antworten zu gering. Erst auf ganz Deutschland ergebe sich ein aussagekräftiges Bild, teilte Neseler mit.

Die Studie der Forscher Cornel Nesseler von der Universität Trondheim sowie Carlos Gómez González und Helmut Dietl von der Universität Zürich finden Sie hier.
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