Die Winterpause im Fußball bedeutet nicht, dass wochenlang gar nicht trainiert werden sollte.

© Jens Lukas

Winterpause als Verletzungsrisiko? „Wenn Sportler nichts machen, beginnen schnell die Abbauprozesse“

rnFitness

Für Amateurfußballer beginnt in wenigen Wochen – unabhängig von der Pandemie – die planmäßige Winterpause. Doch diese nur zur Regeneration zu nutzen, ist laut Experten ein schwerwiegender Trugschluss.

Lünen

, 25.11.2021, 11:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Sieben Wochen Winterpause gibt es für die westfälischen Amateurfußballer nach dem Hinrunden-Ende Mitte Dezember. Zeit, um endlich mal die Füße hochzulegen und sich von den wöchentlichen Einheiten sowie den Ligaspielen zu erholen, oder? Thomas Jaitner, Professor am Sportinstitut der TU Dortmund und Leiter der Arbeitsbereiche Training und Bewegung, sieht diese Herangehensweise kritisch. Im Interview spricht der 51-Jährige über Muskelmasse, Yoga-Training und niedrige Trainings-Intensitäten.

Herr Jaitner, für viele Fußballer dient die Winterpause ausschließlich der Regeneration. Aber worauf sollten Hobbysportler besonders achten – weitermachen wie zuvor oder lieber mehrere Wochen ganz pausieren?

Bei der Winterpause handelt es sich ja nicht um eine komplette Pause, sondern eher um eine kurze Regenerationsphase, bevor es dann wieder in die Saisonvorbereitung geht. Einerseits geht es also darum, sich optimal zu erholen und andererseits, das Fitnesslevel zu halten. Gerade im Leistungssport ist es schwer, dort eine Balance zu finden, da der Körper gleichzeitig einen adäquaten Reiz und eine Pause braucht.
Für Amateursportler ist es wichtig, zwei bis drei Wochen aus der hohen Belastung auch mal rauszugehen, gleichzeitig aber mit moderaten Einheiten und niedriger Intensität, etwa für die Ausdauer, weiterzumachen. So bleiben sie weiterhin im Training. Vor der Saison sollten die Athleten dann wieder anfangen, die Intensität zu steigern.

Thomas Jaitner ist Professor am Sportinstitut der TU Dortmund.

Thomas Jaitner ist Professor am Sportinstitut der TU Dortmund. © Privat

Wie würde der Körper denn auf eine komplette Pause reagieren?

Ein Muskel braucht etwa drei bis vier Wochen, um sich aufzubauen und in der Dicke zu wachsen. Das passiert in dieser Form auch in die andere Richtung. Wenn Sportler also gar nichts machen, beginnen muskulär nach weniger als einem Monat die ersten Abbauprozesse. Auf der neuromuskulären Ebene kann das teilweise sogar ein bisschen schneller gehen. Wir sprechen hier bei fünf bis zehn Prozent vielleicht nur von einem kleinen Anteil. Aber für die hohen Intensitäten im Sport ist das ein ganz entscheidender Anteil.


Lässt sich das für jeden Sportler pauschalisieren?

Das ist ein komplexer Prozess und hängt ganz davon ab, wie die entsprechenden Muskeln aufgebaut wurden. Denn je länger der Aufbau und die Aufrechterhaltung der Muskelmasse vorangegangen sind, desto langsamer dauert es bei einer Pause auch mit dem Abbau. Wenn Sportler jedoch moderat weiter trainieren, also anstatt drei nur ein bis zwei Einheiten machen, kann dieser Vorgang stark reduziert oder sogar verhindert werden. Für den Erhalt von Muskeln braucht der Körper nun mal regelmäßige Reize.

Welche Folgen kann es in der Vorbereitung haben, falls sich Athleten gar keine Winterpause gönnen oder zu viel pausieren?

Wenn Sportler nicht darauf vorbereitet sind, wieder hohe Belastungen im Wettkampf zu tolerieren oder nach einer Pause direkt auf 100 Prozent gehen, ist die Gefahr der Verletzung natürlich hoch. Gleiches gilt für diejenigen, die nicht pausieren und ihre müde hoch beanspruchte Muskulatur immer wieder beanspruchen. An irgendeiner Stelle sagt sich der Körper dann: Jetzt ist genug. Am häufigsten treten in beiden Fällen dann Muskelverletzungen auf, aber auf Bänderverletzungen im Knie oder im Fuß sowie Verletzungen durch Überlastungen sind möglich. Grundsätzlich gilt also immer: Zu wenig Pause ist ungünstig und zu viel ist es auch.

An welche Parametern sollten Amateursportler in der Winterpause am ehesten trainieren, um in der Vorbereitung fit zu sein?

Das Training muss in dieser Zeit nicht unbedingt sportartspezifisch sein, kann aber konditionelle Faktoren, wie Dauerläufe beinhalten. In vielen Sportarten haben die Athleten zudem eine einseitige Belastung, etwa in den Oberschenkeln. Sie können in der Winterpause an ihren muskulären Dysbalancen gezielt arbeiten. Rumpf-Stabilisation ist ebenfalls ein Bereich, der während der Saison ein bisschen runtergefahren wird, aber sehr wichtig ist.

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Gerade in Bezug auf den Rücken hat dieses Training auch eine präventive Funktion und kann Auswirkungen auf die unteren Extremitäten machen. Die Winterpause ist letztlich auch eine ideale Phase, um seine Beweglichkeit etwa durch Yoga oder Gymnastik zu stärken. Die Verkürzung in der Muskulatur ist in ganz vielen Spielsportarten ein wichtiger Punkt - beim Fußball, weil Sportler dort viel schießen und im Basketball oder Handball, weil sie viel springen.