Als wir Sandro Plechaty fragen, ob er Teil unserer Serie „Mein Jahr 2024“ mit den heimischen Promis werden möchte, antwortet der Lüner erstmal, dass er sich selbst gar nicht als Promi sehe. Mit uns über die vergangenen Monate spricht er trotzdem in aller Ausführlichkeit. Für Plechaty war das Jahr 2024 nämlich ein besonderes, mit ganz vielen Auf und Abs.
Unsere Serie: Mein Jahr 2024
Dass der Fußballprofi im Ruhrgebiet dabei ganz sicher als Prominenter zu zählen ist, zeigte sich spätestens im Sommer eindeutig, doch dazu später mehr. Im Frühjahr wurde zunächst öffentlich, dass Plechatys Vertrag beim West-Regionalligisten und Traditionsklub RW Essen nicht über die aktuelle Saison hinaus verlängert wird.
„Natürlich war ich sehr enttäuscht, dass ich keinen neuen Vertrag bekommen habe. Ich hätte mir auf jeden Fall vorstellen können, in Essen zu bleiben“, erinnert sich Plechaty an den Frühling 2024. In der Vergangenheit gehörte der Rechtsverteidiger immer wieder zu den Leistungsträgern an der Hafenstraße, hatte maßgeblichen Anteil am langersehnten Aufstieg in die 3. Liga im Sommer 2022.
Dort endete dann aber der Aufschwung von Sandro Plechaty Schritt für Schritt. Auch verletzungsbedingt kam der Rechtsverteidiger nur auf 13 Partien in der Premierensaison, in der Spielzeit darauf waren es gerade einmal elf. „Ich glaube, dass ich immer sehr, sehr gute Leistungen gezeigt habe. Dass es dann aber trotzdem in die falsche Richtung ging, hatte mehrere Gründe. Die Verletzungen zum Beispiel, oder auch der Trainerwechsel in Essen“, erinnert sich der Lüner.

Und so wurde das Finale des Niederrheinpokals gegen RW Oberhausen am 25. Mai nicht nur zum Saisonfinale, sondern vor allem zum Abschiedsspiel des Rechtsverteidigers, der sich von nun an neu orientieren musste.
„Das begleitet mich ja schon mein ganzes Leben. Man tut alles dafür, Profi zu sein. Bei Schalke war ich kurz davor, bei Paderborn hatte ich damals ein Probetraining und es hat trotzdem nicht geklappt. Dieser Wunsch hatte sich dann bei RW Essen endlich erfüllt und ich war mir eigentlich auch ziemlich sicher, dass ich dann im Sommer irgendwo anders in der 3. Liga ein Probetraining bekomme“, ist der Lüner Fußballer ganz ehrlich.
So einfach ging es dann aber eben doch nicht. Während sich Plechaty bei RWE im Training fit hielt, hörte er sich um. „Ich habe gemerkt, dass Interesse besteht. Wenn es nicht für die 3. Liga gereicht hätte, hätte ich zum Beispiel nach Österreich oder in die Niederlange geschaut. Ich habe mir alles angehört und alle Optionen offen gehalten.“ Zu einem Vertragsabschluss kam es aber nie.
Neustart beim SC Weiche Flensburg
„Und dann kommt man irgendwann schon ins Nachdenken. Warte ich jetzt noch bis zur Winterpause? Da wären die Chancen natürlich etwas höher gewesen. Aber je länger ich warte, desto weniger Spielpraxis habe ich. Andere Spieler hören in so einer Phase dann auch komplett mit dem Profifußball auf. Aber das wollte ich auf keinen Fall. Ich bin kein Typ, der aufgibt“, war sich der 27-jährige Rechtsverteidiger sicher.
So kam es dann im Herbst zu einem sehr überraschenden Wechsel. Statt in der 3. Liga heuerte der 27-Jährige erstmals in der Regionalliga Nord an – beim SC Weiche Flensburg. Auch in seiner Heimat sorgte dieser Wechsel für großes Aufsehen. „Ich habe super viele Nachrichten bekommen. Vor allem aus Lünen und Essen. Viele haben mit mir mitgefiebert und sich für mich gewünscht, dass ich im Profifußball bleibe“, erinnert sich Sandro Plechaty an die Zeit zurück.
Spätestens damit ist dann wohl auch geklärt, dass der Lüner auf jeden Fall in seiner Heimat als „prominent“ einzustufen ist und damit genau der Richtige für unsere Serie. Als genau richtig hat sich auch der Schritt nach Flensburg herauskristallisiert. In zehn von zehn Spielen stand der Rechtsverteidiger auf dem Feld, ist eine tragende Säule im hohen Norden und steuerte auch schon vier Vorlagen für sein Team bei.
Sandro Plechaty vermisst Fußball in NRW
Nur tabellarisch ist man beim SC Weiche nicht wirklich zufrieden: Nach den Niederlagen gegen Meppen und Drochtersen/Assel ist man Achter in der Regionalliga Nord. Der Rückstand auf Spitzenreiter TSV Havelse beträgt bereits 20 Zähler, allerdings sind die letzten drei Partien vor dem Winter auch dem Wetter zum Opfer gefallen.
„Wir waren nach den beiden Niederlagen sehr enttäuscht“, sagt der Neu-Flensburger. „Wir wollten den Abstand zu Havelse verringen und den Anschluss nicht verlieren. Aber die Liga ist sehr eng, da ist noch viel möglich.“
Außerdem ging es dem Außenverteidiger persönlich ja sowieso erstmal darum, wieder Spielpraxis zu sammeln. „Es fühlt sich gut an, auf dem Platz zu stehen. Ich bin mit meinen Leistungen zufrieden. Mein Saisonziel sind zehn Vorlagen und fünf Tore. Daran kann ich jetzt in der Rückrunde weiter arbeiten.“

Dennoch war die Umstellung aus dem fußballverrückten Ruhrgebiet ins ruhige Schleswig-Holstein gar nicht so einfach, verrät der Lüner. Und trotzdem fällt das Fazit jetzt in der Winterpause durchweg positiv aus: „Ich fühle mich unglaublich wohl. Die Jungs sind top, Flensburg hat eine wunderschöne Innenstadt. Meine Eltern haben mich auch schon besucht. Es ist alles etwas ruhiger, aber das fühlt sich gut an.“
Das heißt allerdings nicht unbedingt, dass Sandro Plechaty seine mittel- oder langfristigen Zukunft an der dänischen Grenze plant. Der Vertrag des Außenverteidigers an der Ostsee läuft erstmal bis zum Saisonende, danach ist noch alles offen.
„Ich vermisse den Fußball in Nordrhein-Westfalen schon. Hier spielst du teilweise vor 1500 Zuschauer, in Essen sind es meistens über 17.000. Flensburg ist eine Handballstadt, das ist natürlich ein Unterschied“, erzählt Plechaty. „Es ist immer schöner, vor einer großen Kulisse zu spielen.“
Besuch bei der Hallenstadtmeisterschaft Lünen
Die Weihnachtszeit verbringt Sandro Plechaty nun in der Heimat bei seiner Familie und seiner Partnerin. „Ich werde mit Sicherheit den Weihnachtsmärkten in Münster und Dortmund den ein oder anderen Besuch abstatten“, sagt er lachend. Wenn es passt, möchte er sich auch die Hallenstadtmeisterschaft Lünen am 3. und 4. Januar anschauen.
Und sonst heißt es jetzt erstmal abschalten, nach einem mehr als turbulenten Jahr für die Profifußballer. Mitte Januar 2025 spielt der SC Weiche ein großes Hallenturnier in Kiel, da will Sandro Plechaty auf jeden Fall mitzocken. Und danach? „Mein Ziel ist es auf jeden Fall, in den nächsten Jahren wieder in der 3. Liga zu spielen. Ich weiß, dass ich dafür die Qualität habe“, gibt sich der Lüner kämpferisch.
Lüner Profi wünscht sich Zukunft als Trainer
Außerdem geht es in den kommenden Jahren darum, sich sein zweites Standbein weiter aufzubauen. An der IST in Düsseldorf absolviert Plechaty sein Online-Studium im Sportbusinessmanagement. Der Abschluss des Bachelors ist nach Regelstudienzeit für 2027 angesetzt, Plechaty könnte sich aber auch noch bis 2029 Zeit lassen.
Wenn der Lüner irgendwann tatsächlich seine aktive Karriere beendet, will er nämlich nicht ohne etwas in der Hand dastehen. Vorstellen könne sich Plechaty einen Job als Trainer oder Manager bei einem Profi-Klub, schon während seiner Vereinssuche unterstützte er seinen Vater Mario als Coach des Landesligisten FC Nordkirchen.
Parallel absolviert der 27-Jährige gerade einen Kompaktkurs für die Trainer-C- und B-Lizenz. Damit könnte er im Falle des Bestehens bereits einen Oberligisten trainieren. „Das soll der Anfang sein. Ich habe schon länger den Wunsch, Trainer zu werden und habe beim FC Nordkirchen gemerkt, dass die Jungs gerne von mir lernen. Das soll jetzt alles Schritt für Schritt kommen.“ Der Grundstein für eine Karriere nach der Karriere ist für den Lüner Fußballprofi also gelegt.