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Königstransfer von Lüner C-Ligist hat schon unter Dieter Hecking trainiert
Fußball
Vom Profifußball in die C-Liga: Der Karriereweg des Selmers Artur Nazarenus ist ungewöhnlich. Mittlerweile spielt er bei Westfalia Wethmar III – hat aber auch schon unter Dieter Hecking trainiert.
Dieter Hecking ist vor allem durch seine Bundesliga-Stationen beim 1. FC Nürnberg, dem VfL Wolfsburg oder Borussia Mönchengladbach bekannt. Dass der aktuelle Sportvorstand der Nürnberger aber zu Beginn seiner Trainerkarriere beim VfB Lübeck war, wissen wohl die wenigsten. Aber genau bei dem Klub trainierte er den Selmer Artur Nazarenus, der jetzt für Westfalia Wethmar III in der Kreisliga C aufläuft.
„Ich habe ihm gesagt: Es ist nicht schlimm, wenn du schon unter Hecking trainiert hast“, sagt Trainer Andree Neuhaus und lacht. Nazarenus spielte in der Jugend für den VfB Lübeck, mit dem er 1998 die norddeutsche B-Jugend-Meisterschaft gewann und bei dem Hecking Trainer war.
„Als A-Jugendlicher durfte ich bei den Profis mittrainieren. Hecking machte damals seine Anfänge als Trainer. Lübeck war gerade in die zweite Liga aufgestiegen“, sagt Nazarenus. Von März 2001 bis zum Ende der Saison 2003/04 war Hecking dort Trainer und war in der Zeit zwei Jahre lang in Liga zwei.
Damals sei er aber noch nicht so entspannt gewesen, wie man ihn heutzutage erlebt. „Er war damals von Ehrgeiz zerfressen. Man sagte, er geht zum Lachen in den Keller. Aber eigentlich war er ein ganz, ganz lieber Kerl“, so sein Ex-Spieler.
Nazarenus bekam einen Profivertrag beim VfB Lübeck
Sich inhaltlich mit ihm auszutauschen, habe Nazarenus aber auch nicht gekonnt. „Ich habe nur die Bälle von A nach B getragen“, sagt er und lacht. Während Heckings Trainerkarriere in die Bundesliga führte, erreichte Nazarenus den Profifußball nie wirklich. Der heute 33-Jährige erhielt zwar einen Profivertrag in Lübeck, aber spielte hauptsächlich in der zweiten Mannschaft.
„Ich habe mir die Patellasehne gerissen. Als ich wieder fit war, habe ich mich im zweiten Testspiel wieder verletzt. Da war meine Reise zu Ende.“ Mit 19 wechselte der defensive Mittelfeldspieler zum SV Eichede, die er eine Fahrstuhl-Mannschaft in der Regionalliga Nord nennt. „Das ist ein kleines Dorf und phänomenal, was die da auf die Beine stellen.“

Artur Nazarenus spielte früher in grün für den VfB Lübeck. Jetzt trägt er das grüne Trikot von Westfalia Wethmar. © Andree Neuhaus
Berufsbedingt zog es ihn anschließend nach Bremen. Dort spielte er wegen seiner bis dahin schon dicken Verletzungsakte ein Jahr lang gar kein Fußball. „Dann habe ich wieder geguckt, weil ich mir gedacht habe: Ich bin ja kein alter Rentner.“
Über Kontakte kam Nazarenus zur U21, dem Unterbau der U23, von Werder Bremen, die damals in der Oberliga spielte. Dort durfte er sich fithalten, war mit 22, 23 Jahren aber über der Altersgrenze. Nach einem halben Jahr wurde ihm nahegelegt, weiterzuziehen.
Danach war der Fußballer noch beim TuS Schwachhausen in der Bremenliga. Mit 27, 28 Jahren hörte Nazarenus auf und zog der Liebe wegen nach Selm. Da wohnt er jetzt seit drei Jahren und arbeitet in Lüdinghausen. Fußball im Verein hat Nazarenus in der Zeit nicht gespielt.
„Ich sehe Fußball als Lustobjekt. Ich muss nicht mehr höher spielen.“ In Schwachhausen gründete er mit Mitspielern sogar extra eine vierte Mannschaft. „Wir haben nicht trainiert, einfach nur gespielt. Wir sind durch die Liga marschiert, wollten aber nicht aufsteigen.“
Für die Erste von Wethmar wird Nazarenus nicht spielen
Vor einem Jahr lernte Nazarenus bei seinem neuen Arbeitgeber aber Andree Neuhaus, Trainer von Wethmar III, kennen. „Forciert habe ich es nicht. Wenn sich etwas ergibt, mache ich das. Am Ende denkt man sich: Wie weit bemüht sich jemand um einen? Als er hörte, wo ich gespielt habe, hat er jeden Tag seine Transferaktivitäten mit Leben gefüllt“, sagt der Neu-Wethmarer über seinen jetzigen Trainer.
Mit Erfolg. „Warum denn nicht? Wenn ich helfen kann, dann mache ich das gerne.“ Also sagte Nazarenus zu – aber unter einer Bedingung. „Hätte er Bezirksliga gesagt, wäre ich raus gewesen. Da ist mir der Leistungsaspekt zu groß.“ Für die Erste der Westfalia kommt er also wohl eher nicht in Frage.
Auch, wenn Nazarenus meine, spielerische noch locker mithalten zu können, müsse er an einem Bereich noch arbeiten. „Konditionell muss ich bei Null anfangen. Aber laufen kann jeder.“
Statt eines Profivereins werden seine Gegner in Zukunft PSV Bork II oder Holzwickeder SC IV heißen. Trauert Nazarenus seiner Chance vom Profifußball hinterher? „Ich hatte Ambitionen. Wenn ich gesund geblieben wäre, hätte ich mindestens in der zweiten Liga spielen können. Zur Bundesliga gehört auch Glück. Ich hatte Pech. Meine Knie wollten nicht so. Am Talent lag es nicht. Ich bin nicht der begnadetste Techniker, aber habe Ehrgeiz.“
Nach insgesamt sieben Knie-Operationen hätte aber damit abgeschlossen. „Irgendwann muss man das realistisch einschätzen können. Die Verletzungen haben meine Karriere im Profifußball verkackt“, sagt Nazarenus.
Hat im Mai 2020 in der für den Lokal-Journalismus aufregenden Corona-Zeit bei Lensing Media das Volontariat begonnen. Kommt aus Bochum und hatte nach drei Jahren Studium in Paderborn Heimweh nach dem Ruhrgebiet. Möchte seit dem 17. Lebensjahr Journalist werden.
