
Für das Interview zum Aufstieg in die Bezirksliga ging es mit Concordia Flaesheims Trainer Michael Onnebrink auf den Halterner Stausee. Er spricht über seine Gedanken nach dem Abpfiff in Hochlar und Bedenken vor seiner Concordia-Rückkehr. © Pascal Albert
Flaesheims Onnebrink im Aufstiegs-Interview: „Da habe ich die Jungs an die Wand genagelt“
Interview: Teil eins
Im ersten Interview-Teil spricht Michael Onnebrink über Bedenken vor seiner Flaesheim-Rückkehr sowie den Wendepunkt auf dem Weg zur Meisterschaft und sagt, welcher Aufstieg der größte Erfolg war.
Dank eines 4:2-Sieges gegen den SV Hochlar konnten die A2-Herren von Concordia Flaesheim die Meisterschaft und den Aufstieg in die Bezirksliga feiern - mit knappem Vorsprung vor dem FC 96 Recklinghausen. Für das große Aufstiegs-Interview haben wir uns mit Flaesheims Trainer Michael Onnebrink (50) auf dem Halterner Stausee getroffen. Im ersten Teil verrät er, dass er erst gar nicht als Concordia-Coach zurückkehren wollte und ab welchem Zeitpunkt er wirklich an den Aufstieg geglaubt hat.
Herr Onnebrink, wir sitzen da, wo Sie am besten abschalten können - auf einem Boot beim Angeln. Wann werden Sie zuerst nervös: Wenn lange kein Fisch anbeißt oder wenn ihr Team in Rückstand gerät?
Gute Frage. Dann schon eher, wenn mein Team in Rückstand gerät. So wie am Pfingstmontag: 85. Minute, es steht noch Unentschieden und wir brauchen unbedingt den Sieg. Dann fange ich schon mal an, zu zittern.
Am letzten Spieltag verspielte Ihre Mannschaft beim SV Hochlar zwischenzeitlich eine 2:0-Führung. Gab es einen Moment, in dem Sie an einem Sieg zweifelten?
Nein, richtig gezweifelt habe ich nicht, weil das eigentlich genau die Geschichte war, wie sie laufen musste. In der gesamten Saison hatten wir es oft, dass es irgendwie plötzlich Unentschieden stand und keiner sich so richtig erklären konnte, warum. Aber dann wieder zurückzuschlagen, da habe ich schon dran geglaubt. Das hört sich jetzt bescheuert an, aber irgendwie habe ich doch gewusst, dass wir es noch irgendwie drehen - auch wenn nicht mehr viel Zeit auf der Uhr war.
Vor der Partie hielten Sie eine fast schon filmreife Ansprache in der Kabine. Waren Ihre Worte spontan gewählt oder sind Sie Ihre Ansprache schon vorher im Kopf durchgegangen?
Nein. Die Vorbereitung aufs Spiel war schon ein bisschen durchdacht, aber bei der abschließenden Absprache waren keine Worte vorab gewählt. Das kommt dann wirklich spontan und einfach aus mir raus. Das ist vielleicht auch das, was mich am besten widerspiegelt - dieser emotionale Trainer-Typ. Ich glaube, der kam in dieser Rede noch mal ganz gut zur Geltung.
Nach dem Abpfiff und dem feststehenden Aufstieg wirkten sie extrem emotional. Was ging Ihnen in diesem Moment durch den Kopf?
Da hat mich alles eingeholt an Gefühlen. Speziell waren es zwei Dinge. Als ich damals nach Flaesheim zurückkehren sollte, rief Sven mich an und sagte: „Wir brauchen jetzt jemanden, der das hier rockt.“ Flaesheim wäre damals fast abgestiegen, und da habe ich gesagt, dass ich das nicht mache. Ich würde alles tun, aber ich könne nicht Fabian Schulte-Althoff, zu dem ich ein freundschaftliches Verhältnis habe, beerben. Das wollte ich einfach aus zwischenmenschlichen Gründen nicht. Und ein paar Tage später rief Fabian mich an und sagte: „Onne, es ist völlig egal, was du mir jetzt erzählst. Du machst das jetzt, der Verein braucht dich.“

Nach dem letzten Spiel und dem feststehenden Aufstieg wurde Concordia Flaesheims Michael Onnebrink von seinen Gefühlen übermannt. Vor allem zwei Dinge schossen ihm nach dem Abpfiff durch den Kopf. © Ralf Deinl
Und ich musste an meinen Papa denken. Er hat mich immer viel begleitet und hat meine Flaesheimer Spielertrainer-Zeit sehr nah miterlebt. In dem Jahr, als es darum ging, ob ich zurückkehre, hat er, bevor er dann später gestorben ist, gesagt: „Du musst das auf jeden Fall machen, ich möchte noch mal so einen Aufstieg wie 2008/2009 erleben.“ Das waren die beiden Gedanken, die mich total eingeholt haben. Es war gleichzeitig aber auch pure Freude, die ich in dem Moment so gar nicht zeigen konnte. Ich finde es auch heute noch unglaublich, was wir mit diesem Verein und mit den Möglichkeiten geleistet haben.
Die Saison hatte noch nicht angefangen, da gab es schon eine Hiobsbotschaft nach der anderen.
Geismann weg, Mann weg, Bontrup weg - da denkst du erst mal: Was machst du diese Saison eigentlich? Ich habe gesagt, lasst uns irgendwo in ruhige Fahrwasser kommen. Und daraus hat sich dann irgendwann irgendwie etwas entwickelt, das kannst du in Worte gar nicht fassen und das kam alles im Moment des Abpfiffs hoch. Das mit diesem ganzen Drumherum, mit diesen Nackenschlägen, dann so über die Ziellinie zu bringen und sich gegen einen qualitativ so guten Gegner durchzusetzen, finde ich einfach überragend. Das kam da in diesen Momenten komplett aus mir raus und das hat so ein bisschen auch gezeigt, wie ich eben bin.
Sie haben lange Zeit nicht vom Aufstieg sprechen wollen. Wann oder nach welchem Spiel änderte sich das?
Wir haben für unsere Verhältnisse eine super Hinrunde gespielt. Da habe ich gesagt, Platz fünf sollte schon unser Ziel sein. Alles andere wäre, glaube ich, zu dem Zeitpunkt falsch gewesen. Danach war die Vorbereitung total schwierig, wie für alle anderen auch mit Corona. Dann hatten wir ein Erlebnis: Es war das letzte Vorbereitungsspiel und ich habe zwei Wochen lang vorher gesagt: „Jungs, ihr müsst jetzt langsam wieder anfangen.“
Das letzte Vorbereitungsspiel war gegen die SF Merfeld. Ich wusste, dass die Jungs am Samstagabend losgehen. Das war auch in Ordnung. Und dann hatten wir am Sonntag das Spiel und kriegen sieben Stück. Das war ein katastrophales Spiel. Da habe ich gesagt, nächste Woche gegen Röllinghausen legen wir den Schalter nicht mehr um. Was passiert? Wir sind fast chancenlos, verlieren völlig verdient 2:4.
In der Woche danach war es das erste Mal, dass ich die Jungs komplett an die Wand genagelt habe. Auch in einer Art, die man so vielleicht gar nicht von mir kannte. Beim Spiel in Bertlich habe ich danach Tacheles geredet und gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten: „Entweder versucht ihr ab heute wieder, das zu machen, was uns bislang ausgezeichnet hat, oder diese Saison ist spätestens in zwei, drei Wochen hinüber.“ Wir haben souverän mit 4:0 gewonnen. Ab da lief es wieder und dann gab es noch zwei absolut entscheidende Momente.
Welche waren das?
Das war der fünftletzte Spieltag gegen RW Erkenschwick, in den wir mit zwei Punkten Vorsprung gegangen sind und ich hatte wieder dieses Gefühl - wir sind vorne, RWE interessiert niemanden, wir sind alle schon beim FC 96 Recklinghausen eine Woche später. Genau so ein Spiel ist dann entstanden, wo wir hochverdient verlieren und alle danach in der Kabine sitzen und sich fragen, ob es das jetzt war.

Concordia Flaesheims Michael Onnebrink war sich am letzten Spieltag auch nach dem 2:2-Ausgleich des SV Hochlar sicher, dass sein Team die Partie gewinnen würde. © Jürgen Patzke
Das war das erste Spiel in meiner Flaesheimer Zeit, das ich dienstags im Training nicht kommentiert habe. Da habe ich den Jungs nur gesagt: „Ich will keine Meisterfeier vom FC 96 bei uns auf dem Platz haben.“ Lucas Mann hat mir in der Woche zwei Mal gesagt, „Onne, wir gewinnen zu 1.000 Prozent“.
Ich war mir nicht sicher, dass wir gewinnen. Ich war aber sicher, dass wir ein Top-Spiel machen werden. Der FC 96 hatte, als wir gegen RWE gespielt haben, spielfrei und die waren alle in Erkenschwick, wo sie nach dem Spiel schon mehr oder weniger die Sektkorken knallen ließen. Dann kam dieses Spiel. Das war für mich ein Top-Kreisliga-A-Spiel von beiden Seiten, das auch andersherum hätte ausgehen können. Nach dem Abpfiff war ich sicher, dass wir es schaffen.
Sie sind als Spieler mit Lippramsdorf in die Bezirksliga aufgestiegen, später als Spielertrainer mit Flaesheim in die Kreisliga A und nun als Trainer mit Flaesheim in die Bezirksliga. Was war für Sie der bislang größte Erfolg?
Definitiv der Aufstieg jetzt. Damals als Spielertrainer kam es auch ein bisschen überraschend und der Aufstieg war auch mit super Jungs, keine Frage. Aber als Trainer ist das noch mal was anderes. Und wenn du diese Saison mit allem Drumherum betrachtest, das trotzdem als Verantwortlicher mit den Jungs geschafft zu haben, hat der Aufstieg jetzt für mich den höchsten Stellenwert. Auch wenn ich ganz klar sage, mein persönlicher Anteil daran ist sehr, sehr gering. Ich spiele ja nicht selber, deswegen gehört dieser Erfolg einfach den Jungs, weil die den aller größten Anteil daran haben.
Erst als Praktikant, dann als freier Mitarbeiter und nach dem Volontariat seit 2021 als Redakteur für Lensing Media im Einsatz. Am liebsten im Lokalsport unterwegs - denn abseits der reinen Ergebnisse hat jedes Spiel und jeder Sportler eine spannende Geschichte zu erzählen.
