
© Olaf Krimpmann
Bratwürste für die Tankfüllung - Spritpreise werden Thema bei den Klubs
Jugendfußball
Ob VfB Waltrop, TSV Marl-Hüls, TuS Haltern oder BWW Langenbochum: Die Nachwuchskicker aus dem Kreis machen an Spieltagen viele Kilometer - bei Spritpreisen auf Rekordniveau. Wie machen sie das?
Stolze 271.259 Kilometer hat der Bully der Jugendabteilung von BW Westfalia Langenbochum auf dem Tacho. 17 Jahre alt ist das Gefährt - und damit alles andere als sparsam im Verbrauch. Im Hertener Norden sind sie froh, ihren Neunsitzer vor Kurzem erst wieder über den TÜV gebracht zu haben. Geld für einen neuen Bully hat der Klub keins - schon gar nicht, wenn der Preis für einen Liter Diesel bei rund 2,20 Euro liegt.
Die hohen Spritpreise sind mittlerweile auch Thema in den Fußballvereinen. An den Wochenenden rollen die Bullys quer durch Westfalen, bringen Jugendkicker nach Siegen und Rheine. Selbst die Fahrten im Fußballkreis sind nicht ohne. Von Schermbeck im äußersten Westen bis Waltrop im Osten sind es 45 Kilometer. Und selbst wer kein Vereinsgefährt zur Verfügung hat, fragt sich: Wer soll die vielen Auswärtsfahrten bezahlen?
In Langenbochum sind sie noch entspannt. Zwar ist der in die Jahre gekommene Bully alles andere als ein Sparmobil, noch aber können sie die hohen Spritpreise auffangen, sagt Dirk Kruppa, der Jugendleiter: „Das, was wir jetzt mehr bezahlen müssen, holen wir über andere Quellen rein.“
Es bleibt dabei: Ohne Mama und Papa geht es nicht
Etwa über den Verkauf von Würstchen: Rund 500 drehen Kruppa und seine Mitstreiter jede Woche alleine an drei Trainingstagen der Jugend - ehrenamtlich. „Anders würde das nicht funktionieren“, sagt der Jugendleiter, der von einem unglaublichen Boom berichtet, der im Hertener Norden seit rund zwei Jahren anhält.

Hohe Spritpreise sind auch ein Thema in den Jugendfußballabteilungen der heimischen Vereine. © picture alliance/dpa
Zwar hätte auch der Einkaufspreis der Würstchen um 15 Cent pro Stück angezogen, aber viele Eltern würden gerne auch mehr geben als die zwei Euro, die der Klub verlangt. Ohnehin Mama und Papa: Ohne die geht es auch weiter nicht. Aber auch die dürften sich über kurz oder lang die Frage stellen, wie oft sie noch Elterntaxi spielen können. Das Langenbochumer Einzugsgebiet reicht bis nach Recklinghausen, berichtet Kruppa.
„Dass jemand sagt, er könne sein Kind jetzt nicht mehr fahren, habe ich so noch nicht gehört“, sagt der Jugendleiter. „Aber über Fahrgemeinschaften und Mitfahrgelegenheiten wird ja eh über WhatsApp oder so in den Mannschaften gesprochen. Und unsere Trainer haben uns da noch kein Feedback gegeben, dass es schwierig werden könnte.“
Auswärts lieber mit kleinem Kader
In anderen Vereinen mir großen Fußballabteilungen gibt es ein ähnliches Bild: Beim TSV Marl-Hüls 2019 etwa hat man das Thema Spritpreise auch auf dem Schirm, gibt sich aber noch gelassen: „Bei uns fahren Trainer und Eltern zu Auswärtsspielen. Das klappt bislang reibungslos. Da muss man großen Respekt vor haben, gerade in diesen Zeiten“, sagt der kommissarische Jugendleiter Sebastian Nowak.
Die Eigenmotivation sei wohl größer als die Sorge um den Geldbeutel: „Man spürt natürlich schon, dass - wenn einer mal sagt, er wolle nicht fahren - das Eltern sind von Spielern, die vielleicht nicht so oft spielen. Aber das kommt sehr selten vor, zumal wir auch bemüht sind, gerade auswärts immer nur mit kleinem Kader anzureisen.“ Einen Vereinsbully unterhält der TSV im Übrigen nicht mehr - der ist 2019 in die Insolvenzmasse des Vorgängervereins geflossen.
Beim TuS Haltern läuft es ähnlich wie beim TSV: Der Verein aus der Seestadt setzt auf die Mithilfe der Spielereltern. Von der U13 bis zur U19 sind die Halterner inzwischen überkreislich unterwegs, an Wochenenden kommen als auch hier ordentlich Kilometer zusammen. „Einen Bully setzen wir als Verein nicht mehr ein - das übernehmen die Eltern. Sie sprechen sich untereinander ab und bilden Fahrgemeinschaften“, sagt TuS-Pressesprecher Leon Koch. Auch die Trainer seien eingebunden. „Und in der U19 gibt es den ein oder anderen Spieler, der einen Führerschein besitzt.“ Die Last würde damit auf viele Schultern verteilt - weshalb das Thema Benzinpreise beim TuS Haltern derzeit (noch) keine Rolle große spiele.
„Je länger die Preise so hoch sind, desto schwieriger wird es“
Über einen Bully verfügen sie bei VfB Waltrop durchaus - was angesichts von gleich sieben Jugendteams in den überkreislichen Ligen vonnöten ist. Aber der reicht natürlich nicht aus, um alle Nachwuchskicker zu fahren. „Da haben wir großes Glück, viele hilfsbereite Eltern zu haben“, sagt Jugendleiter Thomas Breimann. Auch die Kosten für den Bully „kriegen wir gedeckelt“.

Thomas Breimann, Jugendleiter des VfB Waltrop, fürchtet eine Diskussion über Spritpreise in den Vereinen, sollten die Preise längerfristig so hoch bleiben wie jetzt. © Christine Horn
Dass die hohen Spritpreise über kurz oder lang ein Thema werden am Waltroper Hirschkamp, hält Breimann für absehbar: „Je länger die Preise so hoch sind, desto schwieriger wird es. Es ist ja so, dass nicht alle Spieler und auch nicht alle Trainer bei uns am Platz wohnen.“
Eltern dürfen nicht noch einmal zur Kasse gebeten werden
Dass Vereine bereits „kreativ“ werden bei der Finanzierung ihrer Jugend, hat Breimann unlängst selbst erlebt: Bei einem U17-Spiel sei ein Eintrittsgeld erhoben worden. Für diese Maßnahme hat der Funktionär kein Verständnis: „Jeder Verein ist froh, Eltern zu haben, die sich voll einbringen, die fahren. Und dann werden die auch noch zur Kasse gebeten. Denn wer steht denn bei Jugendspielen an der Seite? Die Eltern.“
Sport ist Mord? Vielleicht. Garantiert ist Sport gesellig, spannend und spaßig - und damit berichtenswert. Wenn nicht gerade die Halbzeitwurst mit Senf lockt, geht’s vorzugsweise in Laufschuhen an die eigenen überzähligen Kalorien. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg - wie der Sport eben so ist.

Hat schon als Schüler über die Spvgg. Erkenschwick geschrieben und ist dem Sport im Vest seitdem als Beobachter eng verbunden. Was gibt es Schöneres, als über Menschen in Bewegung, mit oder ohne Ball, zu berichten? Nicht viel.