Fußball-Westfalenliga

Zwei gefälschte Vertragsauflösungen beim Westfalenligisten - Staatsanwaltschaft ermittelt

In der Fußball-Westfalenliga spielt sich ein regelrechter Betrugsthriller ab, den selbst erfahrene Verbandsmitglieder so noch nicht erlebt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Westfalen

, 13.05.2022 / Lesedauer: 4 min

Ein unglaublicher Betrugsfall erschüttert die Westfalenliga und beschäftigt gleich mehrere Fußballverbände. Mittlerweile konnte die Sportgerichtsbarkeit zwar erste Erfolge erzielen. Der betroffene Verein muss allerdings nach wie vor um den Aufstieg bangen und könnte trotz bislang erfolgreicher Aufklärungsarbeit stark benachteiligt werden.

„Das hat mit Schabernack nichts zu tun, das ist kriminell. Die spielen um den Aufstieg in die Oberliga und was da jetzt an Unruhe losgetreten wurde, ist unglaublich. So etwas habe ich in 30 Jahren beim Verband noch nie erlebt“, sagt Friedhelm Spey vom Spielausschuss Westfalen und West Deutschland. Was war passiert?

Am 24. April gewann der FC Preussen Espelkamp in der Westfalenliga Staffel 1 mit 5:0 beim SV Rödinghausen II. Am Montag (25. April) erreichte Spey dann eine Anfrage von Hans-Dieter Schnippe, dem Staffelleiter der Westfalenliga 1.

„Herr Schnippe hatte gesehen, dass in dem Spielbericht, der am Sonntag noch völlig in Ordnung war, plötzlich hinter einem der Spieler ein Schloss auftauchte“, erklärt Spey. In der DFB-Datenbank ist das Vorhängeschloss-Symbol ein Zeichen für gesperrte Spieler. Aber warum tauchte es plötzlich auf?

FC Preussen Espelkamp widerspricht Vertragsauflösung

Wie sich in der Folge herausstelle, hatte bei Espelkamp mit Semir Ucar ein Spieler auf dem Rasen gestanden, der gar keinen Vertrag mehr bei den Preußen hatte. „Daraufhin hat der Staffelleiter das Spiel nachträglich mit 0:2 gegen Espelkamp gewertet“, erklärt Friedhelm Spey.

Die Spieler des FC Preussen Espelkamp (in Weiß) wurden um drei Punkte betrogen. © imago images/pmk

Der FC Preussen legte dann allerdings Einspruch beim Sportgericht des Westdeutschen Fußballbundes (WDFV) ein. Denn laut Klub sei der Spieler nie vom Spielbetrieb abgemeldet worden. Der Vertrag würde immer noch bestehen. Das Sportgericht begann daraufhin zu ermitteln und förderte gemeinsam mit Friedhelm Spey Unglaubliches ans Tageslicht.

„Wie sich herausstelle, war für einen Spieler, der am 24. April noch spielberechtigt war, am Freitag, den 22. April, bei der Spielerpassstelle des Fußballverbandes in Duisburg ein Auflösungsvertrag in den Briefkasten geworfen worden“, erläutert Spey.

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Weil dort aber zu diesem Zeitpunkt niemand mehr anwesend war, wurde der Antrag erst am darauffolgenden Montag bearbeitet – und Semir Ucar dementsprechend nachträglich durch die Passstelle gesperrt.

Zweiter Spieler betroffen, Sportgericht gibt den Preussen recht

Und das tatsächlich zu Unrecht, wie die Ermittlungen des WDFV ergaben. Denn das Sportgericht kam zu dem Schluss, das es sich bei der eingeworfenen Vertragsauflösung um eine Fälschung handelte. Das unfassbare: Genau eine Woche später, am Freitag, den 29. April, wurde ein weiterer Auflösungsvertrag bei der Passstelle in Duisburg eingeworfen.

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Das Sportgericht fasste beide Fälle zusammen und entschied zugunsten der Preussen. Vom WDFV hieß es dazu gegenüber dieser Redaktion aus der Urteilsverkündung: „Das Sportgericht geht davon aus, dass im Falle von Semir Ucar und Dennis Schmidt vom FC Preussen Espelkamp, eine bislang unbekannte Person Vertragskopien mit gefälschten Unterschriften in den Briefkasten der Passstelle in Duisburg geworfen hat. Die Passstelle wurde daraufhin angewiesen, den Status der Spieler zurück zu setzten“, so der WDFV.

Der oder die Täter sind bislang noch nicht bekannt.

FC Espelkamp hofft vor dem Aufstiegskracher auf den FLVW

Der Betrugsfall ist für Espelkamp damit aber noch lange nicht vom Tisch: Denn die Staffel-Verantwortlichkeit liegt nicht beim Westdeutschen Fußballbund, sondern dem Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW). Der muss nun nämlich entschieden, ob der 5:0-Sieg gegen den SVRII auch wieder als solcher für die Preussen gewertet wird.

Für den FC eine essenzielle Entscheidung im Kampf um den Aufstieg in die Oberliga. Aktuell führt der Delbrücker SC die Westfalenliga-Tabelle mit 66 Punkten (Tordiff.+33) vor dem 1. FC Gievenbeck mit 63 Punkten (Tordiff.+35) an. Dahinter folgt dann auf Platz drei der FC Preussen Espelkamp. Würde das Spiel nun nachträglich mit 5:0 für die Espelkamper gewertet werden, stünde der FC bei 60 Punkten und hätte mit +36 das beste Torverhältnis der drei Top-Klubs. Der Tabellenzweite hat die Chance, über ein Aufstiegsspiel neben dem Meister noch in die Oberliga hochzugehen.

Am Sonntag (15. Mai) kommt es dann auch noch zum direkten Aufeinandertreffen des FC Preussen gegen den 1. FC Gievenbeck. Ob die Punkte dann allerdings schon wieder zurück sind, ist laut des FC-Vorsitzenden Jens Dawurske noch völlig unklar.

Weil die Staatsanwaltschaft mittlerweile auch ein zivilrechtliches Verfahren wegen Urkundenfälschung eröffnet hat, wollte der Verein ansonsten noch keine Stellungnahme abgeben.

Jens Dawurske hofft allerdings noch, dass der FLVW bis Freitagabend zumindest eine Entscheidung bezüglich des Spiels gegen den SV Rödinghausen getroffen hat. Bis zum 13. Mai findet die Anhörung des mit 0:5 unterlegenen Klubs statt. Ob der FLVW vor dem Aufstiegskracher allerdings noch ein Urteil verkündet, bleibt abzuwarten.

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