Westfalia Wickede schöpfte sein Wechselkontingent bislang voll aus. © Nils Foltynowicz
Amateurfußball in Dortmund
Vierter Wechsel im Amateurfußball: Das sagen die Dortmunder Klubs zur neuen Regel
In der Sommerpause haben DFB und DFL eine neue Regel beschlossen: Fußball-Teams dürfen nun viermal in einem Spiel wechseln. In Dortmund wird die Regel gut angenommen. Doch es gibt auch Bedenken.
von Moritz Lerch
Dortmund
, 25.09.2019 / Lesedauer: 4 minNicht alle Mannschaften nutzen die neuen Möglichkeiten, sondern verzichten sogar darauf, häufiger als zweimal pro Spiel zu wechseln. Welche Trainer haben bislang immer viermal gewechselt? Bei welchem Verein wurde im Schnitt am wenigsten gewechselt? Welche Vor– und Nachteile bringt die neue Regelung mit sich?
Genau zwei Amateurklubs in Dortmund schöpften ihr Wechselkontingent bislang voll aus: der TuS Eichlinghofen aus der Bezirksliga und Westfalenligist BV Westfalia Wickede. „Es ist schön, den Jungs, die sich unter der Woche im Training voll reingehauen haben, die Möglichkeit geben zu können, auf ihre Einsatzzeiten zu kommen und sich zu beweisen. Das ist den Spielern gegenüber fair“, erklärte TuS-Coach Marc Risse seine bislang hundertprozentige Wechselausschöpfung. Für ihn gehe es in erster Linie darum, alle Spieler auf ihre Minuten kommen zu lassen.
Gocke nennt Gründe
Wickedes Trainer Alex Gocke, der sein Wechselkontingent bislang ebenfalls voll ausschöpfte, nennt folgende Optionen. „Einmal ist da der Verschleiß der Spieler. Es kann schon mal sein, dass man verletzungsbedingt zweimal wechseln muss. Dann kommt der Aspekt der Taktik dazu.“
Taktische Wechsel seien, anders als verletzungsbedingte, meist nicht eins zu eins positionsgetreu, sagt Gocke. „In knappen Spielen wechselt man dann mal einen offensiven Spieler für einen Defensiven ein, oder umgekehrt“, so der Trainer. „Schließlich erlaubt ein vierter Wechsel es bei Spielen wie unserem in Hassel, an denen der Sieger schon früher feststeht, Spieler einzusetzen, die trotz eines hohen Trainingspensums nicht auf ihre Einsatzzeiten kommen“. Daher ergebe die Regeländerung für ihn Sinn.
Anders sieht es bei Eichlinghofens Ligakonkurrenten VfL Kemminghausen aus. Das Team von Interimstrainer Jonas Keimer kam erst zweimal in dieser Saison auf vier Auswechslungen. Das Ex-Trainerteam Reza Hassani und Kevin Großkreutz, das mittlerweile bei Türkspor an der Seitenlinie steht, beließ es meist bei zwei bis drei Auswechslungen.
Auch Keimer wechselte am Wochenende nur zweimal. „Ich habe am Sonntag nur zweimal gewechselt, weil wir viele angeschlagene und nicht fitte Spieler auf der Bank hatten. Da das Spiel dann leider frühzeitig entschieden war, wollte ich da kein Risiko mehr eingehen“, berichtet Kemminghausens Spielertrainer.
Keimer befürwortet vierten Wechsel
Keimer befindet die Möglichkeit des vierten Wechsels aber sehr wohl als positiv. „Ich finde es echt gut, jetzt noch einen frischen Spieler mehr bringen zu können. Wenn wir personell wieder besser besetzt sind, werden wir bestimmt auch von vier Wechseln Gebrauch machen“, sagt er.
Etwas anders bewertet Eichlinghofens Trainer Marc Risse die Regeländerung. „Großartig taktisch kann der vierte Wechsel nicht mehr sein. Er bietet nur die Möglichkeit, verletzte oder rotgefährdete Spieler auszuwechseln. Das entlastet einen Trainer natürlich, nimmt ihm aber sein Fingerspitzengefühl“, so Risse.
Und weiter: „Vorher ging es auch für uns Trainer darum abzuschätzen, ob in den Schlussminuten noch ein Spieler rotgefährdet sein könnte oder sich verletzt. Das fand ich immer sehr charmant“, sagt der TuS-Trainer. Wichtig sei es für ihn jedoch, mit den Spielern einen Kompromiss zu finden. Daher biete sich die vierte Wechselmöglichkeit gut an, gebraucht hätte er sie aber „nicht zwangsläufig“.
Zeitspiel durch Wechsel?
Von späten Wechseln, um Zeit verstreichen zu lassen, spricht sich Risse jedoch frei. „Meines Erachtens sollte der vierte Wechsel nicht explizit dafür genutzt werden, Zeit von der Uhr zu nehmen. Ich werde davon auch in der Form nicht Gebrauch machen.“
Freisprechen von zeittaktischen Wechseln möchten sich seine Trainerkollegen aber nicht. „Ich glaube, dass jeder mal Zeitspiel in knappen Spielen betrieben hat. Ich mache davon genauso häufig Gebrauch wie alle anderen Trainer. Das ist natürlich ein negativer Aspekt der vierten Wechselmöglichkeit“, positioniert sich Wickedes Trainer Alex Gocke.
Jonas Keimer vom VfL Kemminghausen sagt: „Prinzipiell werden späte Wechsel von Trainern häufig genutzt, um das Spiel länger zu unterbrechen. Das gab es schon bei drei Wechselmöglichkeiten und das wird es auch bei vieren weiterhin geben. Die Schiedsrichter sehen das ja und packen die Wechselzeit wieder oben drauf.“
Regel wird teilweise missachtet
Um diesem Aspekt entgegenzuwirken, beschlossen DFB und DFL auch, dass der ausgewechselte Spieler das Spielfeld an der nächstmöglichen Außenlinie und nicht an den Trainerbänken verlassen muss. Daran gehalten wurde sich bislang aber noch nicht wirklich.
„Ich habe da schon die krassesten Dinger gesehen“, ärgert sich beispielsweise Gocke. „Ein Spieler, der ausgewechselt werden sollte, lief Richtung Außenlinie, drehte dann um und ging Richtung Trainerbank. Anschließend kehrte er erneut um und verließ auf halber Strecke das Spielfeld dann doch wieder auf der anderen Seite. Das kostete sehr viel Zeit.“ Das Schiedsrichtergespann habe es dennoch nur bei einer Ermahnung belassen.
Die Schuld dafür will Gocke den Schiedsrichtern nicht geben. „Das ist nun mal Mentalität geworden“, sagt er. „Für die Schiedsrichter ist die neue Regelung auch ungewohnt.“
Keimer fürchtet Brüche im Spiel
Keimer, dessen Debüt am Wochenende beim 1:5 seines VfL Kemminghausen gegen die SG Massen völlig in die Hose gegangen ist, sieht einen weiteren Kritikpunkt an der neuen Regelung: „Durch mehr Wechsel kommen mehr Brüche ins Spiel. Dadurch wird der Spielfluss beeinträchtigt“.
Zustimmung bekommt er von Wickedes Alex Gocke, der ebenfalls den Spielfluss gefährdet sieht: „Manchmal ist weniger mehr.“ Zustimmung bekommt er in dem Aspekt von Alex Gocke. „Ein Wechsel beim Stand von 1:1 kann nicht nur dem Spielfluss an auch, sondern auch dem Spiel der eigenen Mannschaft gefährden. Manchmal ist weniger mehr“, führt der Westfalia-Coach den Gedanken weiter.
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