
© Stephan Schütze
TuS Bövinghausen: Ein Gesicht des Vereins kennt fast niemand, obwohl er Tabellenführer ist
Fußball-Kreisliga
Der TuS Bövinghausen hat viele prominente Gesichter. Doch eines davon ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt – aber nicht minder erfolgreich als seine bekannteren Vereinskollegen.
Der Vorsitzende Ajan Dzaferoski. Die Prominenz auf dem Platz. Kevin Großkreutz, David Odonkor oder am Rande Sebastian Tyrala und weitere bekannte Namen bescheren dem TuS Bövinghausen viel Aufmerksamkeit. Doch es gibt noch ein Gesicht des Vereins, das weniger in der Öffentlichkeit steht.
Das Interesse an den prominenten Namen des TuS spiegelt sich längst auch immer wieder in vierstelligen Zuschauerzahlen wider. Doch wer im Ortskern Bövinghausens mal Passanten fragt, wer für sie der Bövinghauser schlechthin ist, erhält vielleicht eine für Außenstehende überraschende Antwort:
Oliver Ehlscheid (45) ist seit Jahrzehnten das Gesicht des TuS, der Bövinghauser Promi der Herzen. Er war da, als der Verein fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Kreisliga kickte. Er war da, als der TuS – allerdings nicht für lange – in die Bezirksliga aufstieg.
Er war da, als sich die Nullvierer anschickten, das Feld von hinten aufzurollen. Und er war da, als Ajan Dzaferoski ihn bat, sich um die zweite Mannschaft zu kümmern. Oliver Ehlscheid ist jetzt da, sogar als Trainer, da die Mannschaft den ersten Tabellenplatz in der C-Liga übernommen hat.
Genau genommen war es der 6. März, als der TuS II die SG Lütgendortmund überholte. Nicht dabei waren vier Spieler, die erst in der Winterpause vom Crengeldanz an die Provinzialstraße gewechselt waren. „Es gab wohl eine mündliche Vereinbarung, dass die Vier nicht spielen. Aber auch der Anstand hat uns auf das Quartett verzichten lassen.“
Der TuS gewann trotzdem 2:0 und hat im Zweikampf zweier punktgleicher Mannschaften um den Aufstieg den Vorteil des Torverhältnisses von 124: 20 (!) in 19 Spielen. Da lesen sich 91:19 der SG fast schon bescheiden.
Oliver Ehlscheid hat schon einige Duelle erlebt. Und doch hat er wohl in seinem Leben noch nie die Stimme erhoben. Kaum vorstellbar, dass er auf der zuweilen temperamentvollen Bank der Ersten mitgrölt.
Ehlscheid redet auch ganz ruhig und bescheiden, fast schon sonor, über sein jüngstes Baby, seine zweite Mannschaft, weiter. „Wer 124 Tore erzielt hat, ist irgendwo doch auch verdient vorne. Aber ich finde es auch schade um die SG. Schöner wäre es, wenn beide aufsteigen könnten.“ Noch ist die SG Lütgendortmund aber punktgleich mit Bövinghausen.
Trotz aller Sehnsucht nach Erfolgen ließ sich Ehlscheid nie zu überheblichen Aussagen verleiten. Auch daher ist er so beliebt im TuS, im Ort und in der Dortmunder Vereinswelt.
Sollte Bövinghausen im Sommer mit beiden Teams aufsteigen, die Erste steht in der Westfalenliga oben, dürfte vielleicht auch Ehlscheid einfach mal genießen und sich daran erinnern, wo er vor einem Jahr stand: „Ajan kam auf mich zu und sagte: ‚Olli wir müssen was mit unserer Zweiten machen.‘ Gut, dann bin ich zum Training und es waren nur drei Leute da. Da habe ich dann als Mitvierziger notgedrungen erst noch mitgemacht.“

Auch Sven Thormann ist gerne nochmal in der Zweiten aktiv. © Stephan Schuetze
Aber wer lange dabei ist, hat auch Kontakte: „Wir haben schnell ein Klima geschaffen, auf das auch immer mehr mitgebrachte Freunde unserer Spieler Lust hatten.“ Offenbar hat Ehlscheid nicht nur eine sorgfältig eingesetzte Zunge, sondern auch ein starkes Auge. Denn: „Seit dem dritten Spieltag haben wir nur gewonnen. Jetzt gegen Sandzak II mit einem 2:1 war es mal knapp. Aber auch diese Spiele musst du dann einfach nur gewinnen.“
Die Mannschaft des TuS II genießt Ruhe und Anerkennung im schnell wachsenden Verein. „Ajan und ich haben uns schon immer gut verstanden. Wir haben auch den Ex-Trainer der Ersten, Sven Thormann, der uns fast immer als Spieler aushilft.“ Ehlscheid berichtet, dass Thormann sogar Spiele der Reserve dem Mit-Coaching in der Ersten vorzieht. Auch Thormann ist einer, der noch für das „alte“ Herz des TuS steht.
Angst haben, dass sich der Chef-Coach der Ersten mal bei ihm bedient, muss Ehlscheid nicht: „Ich habe wirklich tolle Jungs, auch gute A-Liga-Spieler, aber keinen, der den großen Sprung schaffen könnte.“
Ein Kandidat für höhere Aufgaben könnte Musa Soysaldi sein, der bereits 25 Tore erzielt und hat und damit unangefochtener Erster der Torjägerliste ist. Ehlscheid wäre nicht Ehlscheid, wenn er jetzt das große Loblied anstimmen würde.
Er sagt lieber dezent: „Ich bin glücklich, Musa zu haben. Im Sinne der Mannschaft möchte ich aber keinen hervorheben. Denn Musa profitiert ja auch ganz häufig vom Team.“
Der Teamgeist einer komplett neuen Mannschaft könnte neben jetzt schon 124 Treffern auch den Ausschlag geben. Eine letzte Frage: „Wenn es gelingt, feiern Sie dann?“
Mit einen leichten Ausschlag nach oben auf der Ehlscheid-Euphorieskala beendet er das Gespräch: „Warten wir mal ab. Aber wenn wir es schaffen, ja, dann feiern wir auch richtig.“ Und davon werden sie sich im Bövinghauser Ortskern mit Sicherheit besonders gerne erzählen.
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
