Filip Stojanoski (l.) © Folty
Fußball-Landesliga
SV Brackel setzt bei seinem neuen Ex-Nationalspieler auf Zeichensprache
Der SV Brackel hat einen Ex-U18-Nationalspieler verpflichtet. Auf dem Feld ist Filip Stojanovski eine richtige Verstärkung für den Landesligisten - ein kleines Problem hat er aber noch.
Giovanni Schiattarella schreit über den Platz. „Filip!“ Die Nummer 15 des SV Brackel dreht kurz den Kopf in Richtung Trainerbank. „Jetzt hoch, jetzt hoch!“, ruft Schiattarella und rudert mit den Armen in Richtung gegnerisches Tor.
Filip Stojanoski läuft über die Mittellinie auf den Gegenspieler zu und hat zwei Sekunden später den Ball am Fuß. Schiattarella klatscht zufrieden in die Hände, es gibt Lob vom eigenen Torwart Viktor Theisen - „sehr gut, Junge“ - und auch Stojanoski selbst quittiert seine eigene Aktion mit einem Nicken, nachdem er den Ball weitergespielt hat. Alle sind zufrieden mit dem 20-Jährigen.
Zurecht: Denn der Neuzugang zeigt gleich bei seinem ersten Spiel im Trikot des SV Brackel, was in ihm steckt. Auf der Sechs macht der Kicker gegen die U19 des Hombrucher SV, der erste Test überhaupt für die Brackeler, ein starkes Spiel für den Landesligisten. „Das ist meine Position“, sagt Stojanoski während einer Trinkpause. „Ich sammle lieber Vorlagen als Tore“, ergänzt der 20-Jährige und zeigt beim Grinsen seine Zahnspange.
Stojanoski will beim SV Brackel vor allem Spielpraxis sammeln
Der gebürtige Mazedonier fühlt sich wohl im Team von Giovanni Schiattarella, das sieht man nicht nur an seiner Leistung auf dem Feld. „Ich fühle mich sogar sehr wohl in meiner neuen Mannschaft“, erklärt Stojanoski, der in der kurzen Pause auf dem Kunstrasenplatz neben der Brackeler Bank in der Sonne sitzt. Erst im Januar ist der damals 19-Jährige zum Studieren nach Deutschland gekommen - aber auch, um Fußball zu spielen. In der Heimat zockte der Mazedonier für den Erstligisten Akademija Pandev, gehörte außerdem zum Kader der U18-Nationalmannschaft.
Brackel-Trainer Giovanni Schiattarella ist zufrieden mit seinem Neuzugang. © Nils Foltynowicz
Als es ihn zwecks Studium Anfang des Jahres dann nach Deutschland zieht, wird der ASC 09 Dortmund auf ihn aufmerksam. Ein paar Probetrainings später trägt Stojanoski das Trikot des Oberligisten - allerdings nur bis zur Corona-Zwangspause. Jetzt ist das Trikot, an dem der 20-Jährige in der Trinkpause seinen Schweiß abwischt, nicht mehr blau, sondern rot-weiß. „Hier kann ich mehr spielen“, erklärt der Mazedonier seinen Wechsel in die Landesliga, in der er Spielpraxis sammeln kann - im Testspiel gegen die HSV-Junioren übrigens über volle 90 Minuten.
Kein Wunder - Giovanni Schiattarella weiß, wen er da in der Mannschaft hat, Stojanoski sei sehr ballsicher und ruhig auf dem Feld. „Er tut uns auf dem Platz gut“, erklärt der Brackel-Trainer, „weil er ein gewisses Timing im Spiel hat.“ Stojanoski wisse genau, wann es schnell gehen muss und wann er Geschwindigkeit rausnehmen sollte. Das zeigt Stojanoski auch in seinem ersten Spiel als Brackeler: Auf der Sechs arbeitet der Mazedonier unermüdlich nach hinten, läuft Bälle ab - geht aber auch immer wieder mit ins Pressing nach vorne.
Brackel-Neuzugang: „Ich verstehe viel, aber ich kann noch nicht so gut sprechen“
Genau darauf legt Schiattarella übrigens auch den Fokus im Testspiel am Waldhausweg. In der ersten kurzen Pause nach 20 Minuten schnappt sich der Italiener seine Spieler und eine riesige Taktitafel und erklärt den Brackelern genau, wann sie aggressiv gegen den Ball pressen und wann sie sich zurückfallen lassen sollen. Während die SV-Spieler um Torgarant Patrick Sacher aufmerksam auf die Tafel schauen, schnürt Filip Stojanoski sich nebenbei die Schuhe.
Filip Stojanoski (r.) ackerte auf der Sechs gegen den Hombrucher SV nach vorne und nach hinten. © Nils Foltynowicz
Verstehen kann der Mazedonier seinen neuen Trainer. „Ich verstehe viel, aber ich kann noch nicht so gut sprechen“, erklärt der 20-Jährige auf Englisch. Seit er in Deutschland ist, macht er an der Ruhr-Uni Bochum einen Deutsch-Kurs, wegen Corona allerdings nur online. „Das ist nicht so leicht“, sagt Stojanoski, der in Unna im Haus seines Onkels wohnt. Die Corona-Krise hat auch dafür gesorgt, dass der Mazedonier Deutschland noch gar nicht so richtig kennen lernen konnte, „man kann ja leider noch nicht so viel unternehmen“.
Giovanni Schiattarella ist mit seiner Mannschaft zufrieden
Trotzdem versuche der Sechser, im Alltag so oft wie möglich Deutsch zu sprechen. Eine große Hilfe ist dabei auch seine neue Mannschaft. „Je mehr ich spreche, desto besser werde ich.“ Dafür klappt das Verstehen schon sehr gut, auch wenn sich Giovanni Schiattarella oft mit Zeichensprache helfen muss: „Ich glaube, er hat da noch Probleme, weil ich zu schnell spreche“, sagt der Brackel-Trainer und grinst. Natürlich sei es nicht so einfach für Stojanoski, sich in einem neuen Land mit einer neuen Sprache zurechtzufinden, der Mittelfeldspieler sei aber sehr pflegeleicht und finde sich gut in der Mannschaft ein. „Er ist sowieso eher der ruhige Typ.“
Stojanoski lässt lieber Taten sprechen. Bei der 3:5-Testspielniederlage gegen die U19 des Hombrucher SV macht der 20-Jährige nach einer abgewehrten Ecke vom Sechzehner aus nicht nur sein erstes Tor für den SV, sondern sorgt mit einer starken Balleroberung auch für ein zweites - erneut nach gekonnten Zeichensprache-Anweisungen von Schiattarella, der mit seiner Mannschaft, der nach einer Stunde auf dem Platz etwas die Luft ausgeht, zufrieden ist. „Man kann auch ohne viel reden Fußball spielen“, sagt Stojanovski nach dem Spiel und grinst wieder.
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