Stadt zur Sportanlagen-Öffnung: Wer nicht warten kann, muss die Verantwortung übernehmen

© Folty

Stadt zur Sportanlagen-Öffnung: Wer nicht warten kann, muss die Verantwortung übernehmen

rnSport in Dortmund

Die Stadt Dortmund hat die Sportanlagen wieder geöffnet, jeder Verein muss dabei selbst ein entsprechendes Hygienekonzept ausarbeiten. Zurecht - findet Sportdirektor André Knoche.

Dortmund

, 19.05.2020, 11:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Seit dem gestrigen Montag hat die Stadt Dortmund die öffentlichen Sportanlagen wieder freigegeben. Vereine müssen vor der Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs einen Antrag bei der Stadt stellen – inklusive Hygienekonzept und der Benennung eines Corona-Beauftragten. Dortmunds Sportdirektor André Knoche erklärt die Entscheidung der Stadt.

Jetzt lesen

Herr Knoche, in der vergangenen Woche haben Sie davon gesprochen, dass die Stadt sich „in Ruhe“ überlegen wird, unter welchen Umständen der Trainingsbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Über die konkreten Umstände müssen sich jetzt aber die Vereine alleine Gedanken machen, oder?

Bereits in meinem ersten Schreiben an die Vereine vom 8. Mai habe ich auf die „Umstände“ - besser „Vorgaben“ hingewiesen. Kein Verein muss sich „alleine“ Gedanken machen - das haben die entsprechenden Dachverbände Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) und Landessportbund Nordrhein-Westfalen (LSB) oder auch die Fachverbände übernommen. Die entsprechenden Links dazu sind den Vereinen ebenfalls in meinem Schreiben zugänglich gemacht worden. Und auch die Sport- und Freizeitbetriebe sowie der StadtSportBund (SSB) stehen den Vereinen beratend zur Seite.

„Ja - da sehe ich viele Vereine überfordert.“
André Knoche über die Organisation von Trainingsbetrieben in der Coronakrise

Warum haben Sie sich dagegen entschieden, gemeinsam mit den Vereinen ein einheitliches Konzept auszuarbeiten?

Wir haben uns nicht gegen etwas entschieden. Es kann kein einheitliches Konzept geben. Wir haben 530 Vereine mit unterschiedlichen Strukturen und Anforderungen auf unterschiedlichen Sportanlagen. Dazu kommen individuelle Vorstellungen, in welchem Umfang ein Trainingsbetrieb wieder aufgenommen werden soll. Hier kann nur jeder Verein auf Grundlage der gerade genannten Hinweise der Dachverbände selbst tätig werden. Einheitlich wurde in Abstimmung mit dem SSB nur festgelegt, dass die Vereine einen verantwortlichen Ansprechpartner benennen und den Nachweis liefern müssen, dass sie sich inhaltlich mit den Richtlinien beschäftigt haben.

Sie haben in der vergangenen Woche gesagt, dass die Landesregierung es sich mit den Lockerungen etwas einfach gemacht hat und die Verantwortung an die Kommunen weitergegeben hat. Haben Sie jetzt die Verantwortung an die Vereine weitergegeben?

Diese Frage wurde auch NRW-weit auf Ebene des Städtetages diskutiert. Und die große Mehrheit der Kommunen sieht die Verantwortung letztendlich beim Nutzer.

Kein Verein ist gezwungen, unter den aktuellen Bedingungen wieder an den Start zu gehen. Glaubt man den Ankündigungen des Landes, soll es bereits Anfang Juni weitere Lockerungen geben. Wer hier die 2-3 Wochen nicht warten kann, der muss eben die Verantwortung übernehmen. Viele Vereine sehen das auch so und haben bereits angekündigt, erst einmal abzuwarten.

Dortmunds Sportdirektor André Knoche ist für über 500 lokale Vereine zuständig.

Dortmunds Sportdirektor André Knoche ist für über 500 lokale Vereine zuständig.

Im aktuellen Schreiben des SSB an die Vereine heißt es, dass nur„eine geringe Anzahl an Vereinen signalisiert hat“, dass sie den Sportbetrieb wieder aufnehmen möchte. Wenn die Mehrzahl der Vereine Bedenken wegen einer Öffnung hatte, warum haben Sie dann nicht damit gewartet?

Wenn die Landesregierung die Freigabe von Sportanlagen unter bestimmten Bedingungen ankündigt und dann auch noch in einer Verordnung festlegt, sehen wir als Kommune die Aufgabe, das so weiter zu geben. In einigen Sportarten ist die Umsetzung ja auch möglich, zum Beispiel in der Leichtathletik. In anderen Sportarten - insbesondere mit Körperkontakt - eher schwierig bis unmöglich. Darüber hinaus haben Vereine um die Freigabe der Sportstätten gebeten, weil sie hier nicht zwingend in den Trainingsbetrieb einsteigen wollen, sondern vor allem die Gelegenheit sehen, um einmal wieder in der Gemeinschaft zusammen kommen zu können. Dafür haben wir jetzt die Möglichkeit geschaffen.

Jetzt lesen

Wie viele Anträge zur Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs sind denn bis Montag bei Ihnen eingegangen?

Eingegangen sind bisher 35 Anträge, abgewiesen wurde keiner. Die ersten Genehmigungen sind ab Dienstag erfolgt.

Der SSB hat die Vereine in seinem Schreiben dazu aufgefordert, unter bestimmten Umständen den „Mut zu haben, die Aufnahme nach hinten zu verschieben“. Glauben Sie, dass nicht alle Vereine in der Lage dazu sind, die Anforderungen entsprechend umzusetzen?

Ich habe selbst 30 Jahre Vorstandsarbeit in einem der größten Dortmunder Vereine geleistet. Und ich weiß, welche Mammut-Aufgabe die Organisation des Trainingsbetriebes schon unter Normalbedingungen darstellt. Das jetzt unter den aktuellen Auflagen anzugehen, erfordert von einem Vorstand schon sehr viel Engagement und die Bereitschaft, die Verantwortung für die einzelnen Übungsgruppen zu übernehmen. Und ja - da sehe ich viele Vereine überfordert. Und deshalb bin ich froh, dass viele Vereinsvorstände den Mut aufbringen, sich dem Druck aus den eigenen Reihen entgegenzustellen und den Start zu verschieben. Denn am Ende liegt die Verantwortung beim 1. Vorsitzenden und nicht bei irgendeinem Jugendtrainer.

Besondere finanzielle Aufwände, die entstehen, können durch die Stadt zurückerstattet werden. Fallen unter diese Aufwände auch ganz grundsätzliche Dinge wie Desinfektionsmittel?

Wir haben dem Rat vorgeschlagen, aus den Sportfördermitteln in den Zeiten der Corona-Krise einen Notfallfonds für die Dortmunder Sportvereine einzurichten. Aus diesem Topf würden dann Aufwände erstattet, die ohne Corona nicht angefallen wären.

Die Hygienevorschriften wirken sich auch auf die Trainingszeiten der Vereine aus. Wie groß sollte der zeitliche Abstand zwischen den Einheiten zweier Vereine sein?

Da die Umkleidezeiten entfallen, sollte ein Abstand von 20 Minuten ausreichen, um eine Begegnung zwischen unterschiedlichen Trainingsgruppen möglichst zu vermeiden. Der eine Verein hört zehn Minuten früher auf, der andere Verein fängt zehn Minuten später an.

Einige Vereine haben unserer Redaktion gegenüber die Sorge geäußert, dass ihnen die Kinder und Jugendlichen weglaufen könnten, da diese sich in der jetzigen Zeit andere Hobbys gesucht haben. Teilen Sie diese Sorge?

Diese Sorge teile ich nicht vollumfänglich. Wenn Kinder jetzt dem Verein fernbleiben, hat das ursächlich mit der Corona-bedingten langen Schließungszeit zu tun. Warum treibe ich Sport im Verein X? Das ist die örtliche Nähe, meine Freunde, der gute Ruf des Vereins und der Trainer. Seit 6 Wochen ruht der Sport. Was haben die Kinder in der Zeit gemacht - andere Hobbys gesucht? Das können dann ja nur Hobbys außerhalb des Vereinssports gewesen sein. Die Kinder, die eine enge Bindung an den Vereinssport haben, werden wiederkommen. Sicher auch dann noch, wenn sie zwei weitere Wochen warten müssen.

Schlagworte: