Premierenauszeichnung für ehemalige BVB-Spielerin: „Ein besonderer Moment“

BVB-Handball

Große Ehre für Borussia Dortmund. Eine ehemalige Spielerin des Frauenhandball-Bundesligisten erhält den HBF-Award. Dieser wird überhaupt erstmals vergeben.

Dortmund

, 29.08.2019, 16:03 Uhr / Lesedauer: 3 min
Clara Woltering in Aktion: Die langjährige BVB-Torfrau erhielt jetzt den neugeschaffenen HBF-Award.

Clara Woltering in Aktion: Die langjährige BVB-Torfrau erhielt jetzt den neugeschaffenen HBF-Award. © Ludewig

Clara Woltering ist die erste Preisträgerin überhaupt, denn der HBF-Award ist nagelneu. Ab sofort zeichnet die Handball Bundesliga Frauen (HBF) Spielerinnen für außergewöhnliche Leistungen und Verdienste im Handball aus.

Dass ausgerechnet Clara Woltering bei der Premiere ausgezeichnet wurde, ist alles andere als ein Zufall. „Claras Werdegang ist beeindruckend“, begründete Andreas Thiel, Vorsitzender der Handball Bundesliga Frauen: „Ich habe während ihrer Zeit in Leverkusen sehr lange und intensiv mit ihr zusammengearbeitet. Mit ihrem Ehrgeiz und ihrer Disziplin hat sie es weit gebracht und so ziemlich alles erreicht, was man sich als Sportler wünschen kann. Die Auszeichnung ist die logische Konsequenz für ihre Leistungen.“

Im Gespräch mit Clara Woltering zeigte sich die Ex-Torfrau des BVB gestern angetan und gerührt. Doch viel Zeit zum Nachdenken blieb der 36-Jährigen nicht. Nach der Einschulung ihrer Nichte ging’s zurück auf den heimischen Bauernhof, um die Tiere zu versorgen. Die diplomierte Agrarbetriebswirtin lenkt den elterlichen Hof in Coesfeld. Und am Abend stand die Fahrt zum Training nach Dortmund an. Seit diesem Sommer ist Clara Woltering auch noch Co-Torwarttrainerin des BVB.

Normalerweise stellen Sportler oder Sportlerinnen Siegerpokale ja in die Vitrine und schauen die „Pötte“ jahrelang nicht mehr an. Wird das diesmal anders sein, fühlen Sie sich geehrt, mit diesem HBF-Award ausgezeichnet worden zu sein?

Auf jeden Fall. Das ist ja doch eine Bestätigung für mich, nicht alles falsch gemacht zu haben. Es fühlt sich natürlich gut an, gerade bei der Premiere ausgezeichnet worden zu sein. Andererseits muss ich anfügen: Handball ist ein Mannschaftssport, es gehören also noch andere Spielerinnen dazu. Den Titel habe ich also nicht allein geholt.

Was macht für Sie das Besondere an diesem Preis aus?

Normalerweise bekommst du Preise, wenn du im Sport aktiv bist. Jetzt wird meine gesamte Karriere ausgezeichnet. Das ist schon ein besonderer Moment. Und außerdem wird dieser Award ja nicht jedes Jahr verliehen.

Und dann gab’s noch dieses Lob vom „Hexer“ Andreas Thiel, fühlen sich diese Worte eigentlich besonders gut an?

Sogar ganz besonders. Andreas war immer mein Vorbild. Er, der „Hexer“, hat über Jahre die Torwart-Szene in Deutschland geprägt. Ich habe lange mit ihm zusammengearbeitet. Er ist ein Stück von mir, ein Stück meiner Karriere.

Und er ist normalerweise ein Typ, der nicht zur Übertreibung neigt...

Andreas ist nach Außen emotional eher zurückhaltend. Deshalb sind seine Wort umso wichtiger für mich.

Wurde Ihre Arbeit auf dem Bauernhof eigentlich beeinträchtigt von den zahlreichen Gratulanten? Das Handy muss doch kaum stillgestanden haben.

Natürlich habe ich ganz viele Glückwünsche bekommen, von ehemaligen und aktuellen Spielerinnen aus Leverkusen und Dortmund. Natürlich auch vom BVB-Vorstand. Aber ich bin ja nicht so der Typ, der dauernd vor dem Computer sitzt oder aufs Handy schaut und danach sucht.

Andreas Thiel hat die Einzigartigkeit Ihrer Karriere hervorgehoben. Was waren denn die eindrucksvollsten Momente?

Es gab zahlreiche Momente - die auch nicht unbedingt von Titel oder Meisterschaften abhängen. Auf Anhieb erinnere ich mich z.B. an das WM-Spiel 2007 gegen Rumänien. Da lagen wir zweimal mit sieben Toren zurück, haben uns dann noch in die Verlängerung gerettet und dann noch gewonnen und WM-Bronze geholt. Das ist einfach unvergesslich.

Sie haben mit ihrem montenegrinischen Verein Buducnost Podgarica auch zweimal die Champions League gewonnen. Wie war das?

Ich erinnere mich noch wie heute daran, als ich diesen riesigen Pokal in den Händen hatte. Ich wusste gar nicht, dass er so schwer ist. Das Ding wiegt 20 Kilogramm. Und da wären noch die Olympischen Spiel 2008 in Peking. Hinter Dirk Nowitzki sind wir ins Stadien eingelaufen, vor 90.000 Zuschauern. Das war ein Gänsehautmoment. Als Handballerin sind diese Momente ja doch eher rar gesät.

Seit diesem Sommer sind Sie ja auch Torwart-Trainerin beim BVB. Was geben Sie Ihren jungen Schützlingen mit auf den Weg.

Ich will eine Stütze für die Sportlerin sein, so wie Andreas Thiel es für mich war. Ich will prägen und ausbilden. Und ich sage den Mädels, dass einem selten im Leben was zufliegt. Eine gute Torfrau zu werden bedarf harter Arbeit, Talent allein genügt nicht. Es reicht auch nicht, nur ein einziges Turnier gut zu spielen. Das funktioniert nicht.

Über 20 Jahre lang Handball auf höchstem Niveau
Über 20 Jahre lang spielte Clara Woltering Handball auf höchstem Niveau. Für die deutsche Nationalmannschaft stand sie insgesamt 222 Mal zwischen den Pfosten und gewann 2007 WM-Bronze. Sie wurde Champions League-Siegerin 2012 und 2015, wurde zudem als wertvollste Spielerin des Final-Four-Turniers ausgezeichnet. Darüber hinaus gewann Sie 2002 und 2019 den DHB-Pokal, wurde Challenge-Cup-Siegerin 2005 und erhielt in den Jahren 2009 und 2017 die Auszeichnung als Handballerin des Jahres. In der Bundesliga spielte die Münsterländerin von 2000 bis 2011 bei Bayer Leverkusen. Von 2003 bis 2004 wurde sie an den BVB ausgeliehen. Für Borussia spielte sie von 2015 bis 2019. In den vier Jahren von 2011 bis 2015 stand sie für Budcnost Podgarica (Montenegro) im Tor. Im Sommer 2019 beendete sie ihre Karriere.
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