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Merkel rät, deutlich weniger Menschen zu treffen – der FLVW will weiter Fußball spielen
Fußball
Die Infektionszahlen sind so hoch wie noch nie, in Risikogebieten wird weiter Fußball gespielt. Die Kanzlerin appelliert an die Bürger, Kontakte einzuschränken. Der FLVW beruft sich auf Studien.
Gefühlt ist halb Nordrhein-Westfalen dieser Tage zum Corona-Risikogebiet erklärt worden. Die Städte Bochum, Herne und Dortmund oder die Kreise Recklinghausen, Unna und Hamm - die viel zitierte 7-Tage-Inzidenz hat vielerorts die kritische Schwelle von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner zum Teil deutlich überschritten.
Unter den positiv auf Covid-19 getesteten Personen befinden sich zwangsläufig auch Fußballer. In den Amateur-Ligen häufen sich deshalb aktuell Spielabsetzungen. Ein General-Verbot haben bislang aber nur die Mannschaften aus dem politischen Kreis Unna verhängt bekommen: Ihnen ist der komplette Spiel- und Wettbewerbsbetrieb bis zum 25.10. untersagt, lediglich kontaktlose Trainingseinheiten sind gestattet. Woanders wird weiter Fußball gespielt. Diese Praxis läuft einen Appell der Bundeskanzlerin von Samstagmorgen eigentlich zuwider.
In ihrem Podcast richtete sich Angela Merkel an die Bürger und appellierte: „Treffen Sie sich mit deutlich weniger Menschen, ob außerhalb oder Zuhause.“
Die Wissenschaft sage klar, die Ausbreitung des Virus hinge direkt an der Zahl der Kontakte, der Begegnungen, die jeder habe, sagte sie außerdem. „Wenn jeder von uns seine Begegnungen außerhalb der eigenen Familie jetzt eine Zeit lang deutlich verringert, dann kann es gelingen den Trend zu immer mehr Infektionen zu stoppen und umzukehren.“
Die Menschen sollten, wenn möglich, zu Hause, an ihrem Wohnort bleiben.
„Was hat uns denn so vergleichsweise gut durch das erste Jahr der Pandemie gebracht?“, fragt die Bundeskanzlerin. „Dass wir zusammen gestanden haben und die Regeln eingehalten haben. Aus Rücksicht und Vernunft. Das ist das wirksamste Mittel, das wir gegen die Pandemie haben. Jetzt ist es nötiger denn je.“
Manfred Schnieders, Vizepräsident des Fußball- und Leichtathletikverbandes Westfalen (FLVW), zweifelt am Donnerstag an der Notwendigkeit eines „Fußball-Lockdowns“. „Es ist erwiesen, dass das Virus nicht auf dem Rasen unter den Spielern weitergegeben wird“, sagt er und stützt seine Behauptung auf die Untersuchungen von DFB-Arzt Tim Meyer und eine Studie zu Kontaktzeiten im Profifußball, die im Auftrag des Niederländischen Fußball-Verbandes durchgeführt worden ist.
„Kein Spieler hat sich auf dem Spielfeld infiziert“, so Schnieders weiter, „dafür sind die Kontaktzeiten viel zu gering.“ Die Absolutheit dieser Aussage mag zumindest angezweifelt werden – zumindest nach Auffassung von Simon Larrosa-Lombardi, Oberarzt des Klinikum Westfalens und Facharzt für Infektiologie.
Ansteckungsgefahr liegt neben dem Platz
Der Mediziner stellt heraus, dass man gar nicht mit Sicherheit sagen könne, ob ein Infektionsrisiko auch auf dem Fußballplatz besteht. Dafür mangle es schlicht an Daten und Kontrollierbarkeit. Auch DFB-Arzt Meyer sprach im Übrigen von einem „geringen Infektionsrisiko“ – ganz ausschließen wollte (und konnte) er es nicht.

„Kein Spieler hat sich auf dem Spielfeld infiziert“, sagt FLVW-Vizepräsident Manfred Schnieders, „dafür sind die Kontaktzeiten viel zu gering“. © Leistner, Andreas
Unbestritten ist jedoch nach wie vor die Gefahr, sich neben dem Platz anzustecken. Sei es in der Kabine, bei Mannschaftssitzungen oder als Zuschauer. „Gerade im Zuschauer-Bereich liegt ein großes Problem: Abstände werden nicht eingehalten, Masken nicht getragen“, sagt Schnieders und betont, wie wichtig es sei, sich an die Hygienevorschriften zu halten.
Unabhängig davon steht der Verband vor herausfordernden Wochen. Der sowieso schon eng getaktete Spielplan droht durch die Vielzahl von Spielabsagen aus allen Nähten zu platzen, die Vereine aus dem Kreis Unna befürchten einen Nachteil im Wettbewerb durch ihre zweiwöchige Zwangspause, andernorts befindet sich gleich eine komplette Mannschaft inklusive Trainer in Quarantäne.
Derzeit keine Überlegung zu Saison-Unterbrechung
Die Frage, ob es deshalb beim Verband derzeit konkrete Gedanken bezüglich einer General-Unterbrechung aller Ligen gebe, verneinte der FLVW-Vizepräsident: „Wir sind da in erster Linie an die Kommunen und Städte gebunden. Kommen sie auf uns zu oder fassen neue Beschlüsse, handeln wir dementsprechend. Bis auf den Kreis Unna, weiß ich aber von keinen Überlegungen in diese Richtung.“
Seit 2019 als freier Mitarbeiter für Lensing Media im Einsatz. Hat ein Faible für sämtliche Ballsportarten und interessiert sich für die Menschen, die den Sport betreiben - von der Champions League bis zur Kreisliga.

Als gebürtiger Dortmunder bin ich großer Fan der ehrlich-direkten Ruhrpott-Mentalität. Nach journalistischen Ausflügen nach München und Berlin seit 2021 Redakteur in der Dortmunder Stadtredaktion.
