Hassani und Großkreutz zu Türkspor - Warum gibt es keine Wechselfrist für Trainer? (Mit Umfrage)
Amateurfußball-Kommentar
Dieser Wechsel hat in Dortmund für Aufsehen gesorgt. Doch warum war er überhaupt möglich? Warum dürfen Trainer einfach mitten in der Saison den Verein wechseln - und Spieler nicht?

Da gehen sie hin: Kevin Großkreutz und Reza Hassani verlassen den VfL Kemminghausen und gehen zu Türkspor. © Schaper
Louis van Gaal wunderte sich. Der niederländische Fußball-Lehrer hatte mit angesehen, wie sein Kollege Felix Magath am 16. März 2011 beim FC Schalke 04 entlassen wurde, um nur zwei (!) Tage später schon wieder beim VfL Wolfsburg auf der Trainerbank zu sitzen. „Das“, sagte van Gaal, „verzerre den Wettbewerb.“
Abwerben mitten in der Saison
Der damalige Bayern-Coach forderte schon damals eine Wechselfrist für Trainer. Sein Ruf verhallte - wie so vieles, was die Freiheiten der Profiklubs einengen würde. Denn eine Wechselfrist für Trainer würde die Möglichkeiten von Kurskorrekturen mitten in einer Saison natürlich drastisch verkleinern.
Doch warum sollen für Spieler andere Regeln gelten als für Trainer? Das Beispiel Magath ist immerhin keines, nach dem ein Verein vor dem Ende stand. Im Amateurfußball hingegen, wo gerade in den unteren Bereichen sehr viel von einzelnen Personen abhängt, kann das Abwerben eines Trainers mitten in der Saison verheerende Folgen haben.
Vom Vierten zum Tabellenführer
Dass Reza Hassani und Kevin Großkreutz nach sechs Bezirksliga-Spieltagen vom Bezirksliga-Vierten VfL Kemminghausen zum Bezirksliga-Tabellenführer Türkspor Dortmund gewechselt sind, hat in Kemminghausen natürlich nicht dazu geführt, dass der Klub auseinanderbricht. Ein Loch hat der Abgang aber trotzdem gerissen und das muss der Verein erst einmal mitten in der Saison auffangen.
Man kann jetzt Türkspor vorwerfen, dass sie mitten in der Saison auf Hassani und Großkreutz zugegangen sind. Man kann aber auch mal fragen, warum so etwas überhaupt möglich ist. Warum dürfen Trainer mitten in einer Saison einfach so den Verein wechseln?
Eine neue Kultur im Umgang mit Trainern?
Schon klar, man muss auch die Trainersicht verstehen. Vielen würde man mit einer Wechselfrist eventuell den Aufstieg zu einem Verein verbauen, der seinen aktuellen Trainer gerade entlassen hat. Und das nur, weil sie gerade selbst irgendwo im Amt sind. Aber es könnte auch zu einer neuen Kultur im Umgang mit Trainern führen. Und zu einem Umdenken bei den Vereinen. Denn wenn der Verband solchen Wechseln mitten in der Saison einen Riegel vorschieben würde, wäre Türkspor gar nicht auf die Idee gekommen, bei Hassani und Großkreutz anzufragen.
„Im modernen Fußball sind Trainer so etwas wie die neuen Spieler - sie werden gescoutet, gezielt weiterentwickelt - und es kommt vor, dass man sie verkauft“, schrieb Spiegel Online in einem Artikel über die neue Generation von Trainern. Wenn Trainer die neuen Spieler sind, sollte man sie allerdings auch genauso behandeln.
Gut für den Sport?
Louis van Gaal schloss seinen Gedankengang damals übrigens mit einer Frage, die auch zu anderen Entwicklungen des Sports ganz gut passt. Denn auch der Niederländer ist während seiner Zeit in München mehrfach von anderen Klubs angesprochen worden, ob er nicht lieber dort Trainer sein möchte: „Das ist nett und gut“, sagte van Gaal also, „aber die Frage ist: Ist das gut für den Fußball?“