Die Handballabteilung von Borussia Dortmund stellt sich neu auf. Seit dem 1. November ist Henk Groener als Nachfolger des entlassenen André Fuhr im Amt. Im Zuge der Missbrauchsvorwürfe rund um Ex-Trainer Fuhr war aber auch der Vorsitzende der Handballabteilung, Andreas Heiermann, zurückgetreten. Für ihn hat nun sein Stellvertreter Rupert Thiele (56) den Vorsitz bei den BVB-Damenhandballerinnen interimsweise übernommen.

Enthüllungen waren „Schock“
Der 56-jährige Familienvater (zwei Kinder) ist gelernter Betriebswirt und bei Getränke Weidlich in Dortmund beschäftigt. Dort ist er unter anderem dafür verantwortlich, dass die Zuschauer im Signal Iduna Park mit Getränken versorgt werden. Als Stellvertreter von Ex-Boss Andreas Heiermann hat er nun also für den zurückgetretenen Abteilungsleiter übergangsweise die Verantwortung bei den BVB-Handballerinnen übernommen.
Eine große Aufgabe, weil Thiele aufgrund der schwierigen Situation gar nicht eingearbeitet werden konnte von Vorgänger Heiermann. „Mit seinem Rücktritt war seine Arbeit sofort beendet“, bestätigt er. Dass derjenige, der über Jahre erfolgreich die Fäden gezogen hat, von einem auf den anderen Moment weg ist – für den Nachfolger keine unüberwindbare Hürde.
„Es ist ja nicht so, dass ich „fadenlos“ durch die Gegend laufe. Ich habe schon ein paar Fäden aufgenommen. Das ist wie das klassische „ins kalte Wasser geschmissen werden.“ Entweder du säufst ab oder du schwimmst. Ich kann ganz gut schwimmen und habe auch ein sehr gutes Team um mich herum. Im Moment funktioniert das gut“, betont Thiele.
Und dennoch: Die Ereignisse der vergangenen Monate sind auch an ihm nicht spurlos vorbeigezogen. „Es ist wie ein Tsunami über uns eingeprasselt. Man glaubt es uns ja übertrieben gesagt auch gar nicht, dass wir davon vieles nicht mitbekommen haben. Aber es war nun mal so. Auch was man aus den einschlägigen Medien erfahren hat, war ein Schock.“
Die Verantwortung, kurzfristig von sich zu weisen, sei trotz der unfassbar schwierigen Situation aber keine Option gewesen. „Die Mädels sind mir ans Herz gewachsen, genauso wie das Team drumherum. Da wollte ich niemanden im Stich lassen. Natürlich haben wir strukturelle Probleme, deswegen habe ich auch von vorneherein gesagt, dass, wenn wir einen neuen Vorsitzenden wählen, ich das nur mache, wenn wir etwas daran ändern“, so der Familienvater.
Besondere Situation
Der Interims-Leiter war 2021 als Stellvertreter bis 2024 gewählt worden. Mit der Abteilung hat er nun Großes vor. „Auf der Mitgliederversammlung ist das unter anderem durch Dr. Reinhard Rauball zum Ausdruck gebracht worden. Vieles bei uns funktioniert durch das Ehrenamt. Bis zu einem gewissen Maße geht das sehr gut. Aber wir sind keine Kreisliga-Mannschaft, sondern spielen Champions League und 1. Bundesliga. Da gibt es Aufgaben, die kannst du nicht mal eben so machen. Da müssen Strukturen geschaffen werden, um Leute zu entlasten“, erklärt Thiele, der seinen BVB-Posten ebenfalls neben seinem Beruf ehrenamtlich bekleidet.
Auf der letzten Mitgliederversammlung musste auch er direkt die volle Verantwortung übernehmen und legte den Anwesenden einen Bericht über die Handball-Abteilung vor. „Das war schon eine besondere Situation, vor über 1000 Menschen auf der BVB-Mitgliederversammlung zu sprechen. Da macht man sich schon vorher viele Gedanken. Bis ich meine Rede zusammen hatte, gab es schon ein paar schlaflose Nächte. Es war nicht einfach. Aber die Resonanz danach hat gezeigt, dass es okay war“, sagt Thiele.
Strukturen sollen sich ändern
Ganz konkret plant Rupert Thiele nun nichts anderes, als die Professionalisierung auch bei den Handballerinnen des BVB voranzutreiben. So will er mehrere Hauptamtliche-Posten schaffen. Ein Idealzustand wäre es, in den kommenden Monaten die Abteilung in Profi-, Amateur- und Jugendbereich aufzuteilen – geleitet von jeweils einer hauptamtlichen Person.
Das damit auch viel Druck auf dem neuen Präsidenten Dr. Reinhold Lunow laste, ist Rupert Thiele bewusst. „Auf der Mitgliederversammlung hat er gesagt, dass alle Abteilungen in der BVB-Familie ein wichtiger Faktor sind. Dass nicht nur Fußball beim BVB zählt. Auf ihn wird viel einprasseln. Er kennt den Handball noch nicht so wie Dr. Reinhard Rauball. Es sind eben viele Baustellen, die neu sind. Deswegen ist wichtig: Ein paar Wochen werden uns nicht reichen“, betont er.
Sollten seine Forderungen an die BVB-Führung, neue Festangestellte zu installieren, allerdings nicht umgesetzt werden, kündigt er schon Konsequenzen an: „Da sind jetzt eben verschiedene Zahnräder, die ineinandergreifen müssen. Im Worstcase bekommen wir keine Festangestellten, dann werde ich zu meinem Wort stehen und kann es eben nicht weiter machen“, sagt Rupert Thiele.
Nun ist aber erst mal etwas Zeit, um Ruhe in die zuletzt aufgebrachte Situation der BVB-Handball-Abteilung zu bringen. Das sich etwas grundlegend ändern musste, war nach den Ereignissen der letzten Monate vorauszusehen. Die ambitionierten Struktur-Pläne von Rupert Thiele könnten da – wenn sie denn von der BVB-Führung unterstützt werden – ein erster Schritt in eine neue Richtung sein.
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