Die Nachricht überraschte viele in Fußball-Dortmund: Türkspor Dortmund, Landesliga-Meister und aktueller Tabellenzweiter der Westfalenliga, entlässt seinen Trainer Orhan Özkara. „Es gab ein paar Dinge, die uns nicht gefallen haben. Wir waren nicht zu 100 Prozent zufrieden“, hatte Team-Manager Mesut Aksoy noch am selben Abend erklärt.
Im ausführlichen Interview schildert Orhan Özkara sein Unverständnis hinsichtlich seiner Entlassung.
Hallo Orhan, wie geht es Dir nach Deinem für viele überraschenden Rauswurf bei Türkspor Dortmund?
Die Entscheidung kam für mich natürlich auch überraschend, weil wir in der Zeit, seitdem wir da sind, sehr gute Arbeit leisten und vieles geschafft haben, was wir vorher so vereinbart hatten. Wir haben den Aufstieg souverän geschafft. Und dann kam eine Westfalenliga-Saison, in der wir gucken wollten, wo wir im Winter stehen. Das haben wir auch souverän gemeistert mit nur einer Niederlage bisher. Mit der Entscheidung habe ich überhaupt nicht gerechnet. Es gibt dann Entwicklungen, die man akzeptieren muss, auch wenn ich das nicht nachvollziehen kann.
Also hast Du in keiner Art und Wiese damit gerechnet, dass es so kommen könnte?
Es gab überhaupt kein Kritikgespräch, was angedeutet hätte, dass der Verein mit unserer Leistung unzufrieden gewesen wäre. Es gab überhaupt keinen Anlass, sportlich gesehen. Und auch menschlich haben wir uns tadellos verhalten. Mit dem offensiven Fußball, den wir gespielt haben, haben wir viele begeistert. Wir haben überhaupt nicht daran gedacht, dass da was Kritisches im Busch sein könnte.
Hättest Du Dir vorher ein Gespräch gewünscht, in dem man Punkte anspricht, mit denen man nicht zufrieden ist, anstatt Dich vor vollendete Tatsachen zu stellen?
Also aus meiner Sicht gibt es überhaupt keinen Grund, auch menschlich nicht. Wir hatten eine top Trainingsbeteiligung. Klar hatten wir einen großen Kader. Dass es da mal Unzufriedenheit gibt, ist schon vorprogrammiert. Das ist in jeder Mannschaft so. Ich habe natürlich versucht, jeden gleich fair zu behandeln. Deswegen haben wir auch viel rotiert. Klar hat der eine oder andere nicht so viel gespielt, aber das gehört zum Mannschaftssport. Und selbst eine Niederlage gehört mal dazu. Wenn man nach elf Monaten mal verliert, sollte die Welt nicht untergehen.
Wirst Du die Gründe noch in einem persönlichen Gespräch mit dem Vorstand erfahren? Es sollte ja noch ein Gespräch geben.
Ich wünsche mir auf jeden Fall eine Begründung, eine Erklärung, was der Grund ist, warum der Verein unzufrieden ist mit meiner Leistung. Ich denke sportlicher Erfolg, die sportliche Leitung sollte immer die Priorität in einem Verein sein. Und wenn wir das erfüllen und wir uns menschlich nichts vorwerfen lassen können, dann erwarte ich eine Erklärung.
Und es soll nochmal ein Gespräch stattfinden?
Es soll ein Gespräch stattfinden, wahrscheinlich in der nächsten Woche.
Beschreibe doch nochmal Deine aktuelle Gefühlslage - mit dem Wissen, dass Du Dir nichts vorwerfen lassen kannst.
Ich habe immer mit vollem Engagement und mit 100 Prozent jedes Training aktiv gestaltet. Ich habe alles, was ich habe in den Erfolg, in den Dienst des Erfolges der Mannschaft gesteckt. Und das können wir auch so belegen, das war auch erfolgreich. Wir haben Topleistungen abgeliefert. Durchschnittlich haben wir vier Tore pro Spiel erzielt, ein Topwert. Wir haben einen Punkteschnitt von 2,53. Ich habe zurückgeschaut: Wo hätte ich Fehler machen können? Aber ich kann mir nichts vorwerfen. Der sportliche Erfolg gibt uns klar recht. Ich frage mich einfach nur warum? Es war ja unnötig. Wir haben ja gleiche Ziele verfolgt. Und wenn es möglich ist, diese zu erreichen, warum macht man da einen Cut?
Im September gab es ein öffentliches Statement vom Teammanager Mesut Aksoy, in dem er das Trainerteam kritisiert hatte. Da ging es um die eine oder andere Entscheidung bezüglich der ersten Elf. War das ein erstes Zeichen, dass ihm oder dem Verein etwas nicht passt?
Das war ein Unentschieden gegen Meinerzhagen und das ist keine Curry-Truppe. Und wenn man auswärts einen Punkt holt, dann ist das nichts Verkehrtes. Da hat sich ja auch jeder gewundert, warum diese Kritik stattgefunden hat. Da haben wir uns auch gefragt: warum? Das war nicht verhältnismäßig. Aber letztendlich hatten wir nie zwei Spiele hintereinander, in denen wir Punkte haben liegen lassen. Wir haben dann immer eine Reaktion gezeigt.
Stand nach dieser öffentlichen Kritik etwas zwischen Euch oder hat man das ganze dann aufgearbeitet und es war vom Tisch?
Wir haben darüber gesprochen und dann entschieden, dass wir solche Dinge intern besprechen, so wie es dann auch in der Zeitung stand. Und seitdem war auch alles gut. Ich habe da nichts gespürt.
Du bist ein sachlicher, etwas ruhigerer Typ in der Wahrnehmung. Würdest Du sagen, dass Du für den Verein Türkspor Dortmund zu sachlich warst?
Also sachlich muss man arbeiten als Trainer. Sachlich zu arbeiten, sehe ich eher als Kompliment und nicht als Kritikpunkt. Jeder Trainer sollte sachlich bleiben. Natürlich gibt es Spiele, in denen man Emotionalität zeigt, das habe ich auch, ich bin ja kein Roboter. Ich würde sagen, wenn es läuft, wenn die Jungs dem folgen, was ich spielen möchte, bleibt wenig Raum für negative Emotionalität. Wir hatten insgesamt nur zwei Niederlagen mit dem Team. Die Emotionen entstehen aus dem, was ich am Spielfeldrand aus dem Spiel lese. Und wir haben es gut gemacht. Alle Entscheidungen auch während des Spiels waren goldrichtig. Auch mit eingewechselten Spielern, die dann getroffen haben. Was das angeht, haben wir das ganz ordentlich gemacht.
Wir hatten eine klare Vereinbarung mit dem Präsidenten, dass ich kurzfristig den Aufstieg schaffe, den wir souverän erreicht haben. Und dass ich innerhalb der zwei Jahre Vertrag, die ich dann noch hatte, den Oberliga-Aufstieg schaffe. Dann haben wir gesagt, in der Winterpause schauen wir, ob wir den Oberliga-Aufstieg noch vorziehen können. Und daran haben wir gearbeitet. Und ich bin der Meinung, dass wir aufgestiegen wären, wenn ich noch weiter geblieben wäre. Und ich glaube, man sollte jedem Trainer seine eigene Art lassen, wie er eine Mannschaft führt. Der Erfolg sollte tonbestimmend sein.
Bis auf ein „Wir waren nicht zu 100 Prozent zufrieden“ von Teammanager Mesut Aksoy sind bisher noch keine Gründe über Deine Entlassung bekannt. Siehst Du Deinen Ruf durch diese Entlassung beschädigt?
Ich persönlich kann mir nichts vorwerfen. Der Erfolg zeigt doch, dass wir alles vernünftig gestaltet haben. Was soll ich da denken? Wenn wir eine Niederlagenserie gehabt hätten, dann hätte ich mir Gedanken über Aufstellungen oder sonstiges gemacht. Ich weiß, was ich investiert habe mit meinem Trainerteam.
Hat es für Dich einen faden Beigeschmack, dass Deine Entlassung genau dann stattgefunden hat, als Sebastian Tyrala wieder auf dem Markt war?
Ich weiß ja wirklich von nichts. Ob da parallel gesprochen wurde oder nicht.
Aber man bringt es natürlich unweigerlich in Verbindung….
Natürlich. Aber ich habe nur meine Arbeit gemacht. Ich kann nur das beeinflussen, was ich beeinflussen kann. Alles andere, was hinter meinem Rücken gemacht wurde oder nicht, weiß ich nicht. Da will ich auch nicht spekulieren.
Wäre es für Dich jemals in Frage gekommen, selbst zurückzutreten?
Auf keinen Fall. Überhaupt nicht. Ich habe meine Mannschaft geliebt. Ich habe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, dass ich die Mannschaft nicht erreiche.
Und das Vertrauen des Vereins hast Du auch gespürt?
Für mich ist die Arbeit und das, was ich beeinflussen kann, der Fokus meiner Arbeit. Alles andere kann ich nicht beeinflussen. Und dass da irgendwas Negatives in der Luft lag.. Klar war der Erfolgsdruck in der Landesliga-Saison enorm hoch. Aber wir sind jetzt in die Westfalenliga-Saison gegangen mit dem klaren Ziel, dass wir in der Winterpause gucken, ob wir angreifen können oder nicht. Klar hatten viele die Vorstellungen, dass wir durchmarschieren müssen, aber wir sind nicht alleine. Brünninghausen und Meinerzhagen machen auch einen Top-Job. Man kann nicht in der Winterpause schon aufgestiegen sein. Wir haben uns eine gute Basis erarbeitet und es hätte auch geklappt. Ich kann jetzt nicht in deren Köpfe gucken und sagen, was der ausschlaggebende Grund war.
Wie haben die Spieler reagiert und hattest Du schon die Möglichkeit, Dich zu verabschieden?
Wir wollten Mittwoch eigentlich trainieren und die Winter-Vorbereitung besprechen. Ich habe mich telefonisch und in der Gruppe von der Mannschaft verabschiedet. Und ich habe viele Anrufe bekommen und werde mich sicherlich auch nochmal mit dem einen oder anderen treffen. Einige haben sich natürlich auch gefragt: warum? Ich bekomme den ganzen Tag schon Nachrichten mit: Was ist da los? Warum? Warum? Ich werde mich auch sicherlich mit dem ganzen Staff nochmal auf einen Kaffee treffen.
Wie sind Deine Pläne für die Zukunft? Wärst Du bereit, direkt einen neuen Trainerjob anzunehmen?
Ich werde mich nächste Woche wahrscheinlich erstmal ein bisschen erholen, Urlaub machen mit der Familie. Und dann bin ich natürlich für alle Optionen offen, klar.
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