
© Nils Foltynowicz
Gefährliche Lethargie bei Westfalia Wickede: Amateurfußball-Urgestein spricht von „Tiefpunkt“
Fußball-Westfalenliga
Westfalia Wickede hat am Sonntag gegen den Tabellenletzten FSV Gerlingen eine schmerzhafte Niederlage kassiert. Ein Dortmunder Amateurfußball-Urgestein findet nun klare Worte.
Westfalia Wickede, das unbekannte Wesen! Selbst die eigenen Leute fragen sich Woche für Woche: „Was war das denn schon wieder?“ Genauso unerklärlich wie einige Ausreißer nach oben sind desolate Vorstellungen wie die am Sonntag gegen den FSV Gerlingen. Was bleibt, ist der Eindruck, dass die Westfalia, die zwei Jahre lang von Corona-Saisonverkürzungen profitierte und so nicht absteigen musste, in solch einer Verfassung wie jetzt beim 1:2 in diesem Jahr fällig ist.
Das Ganze erinnert ein wenig, da die Westfalia mit dem DSC Wanne-Eickel Platzhirsch in der Westfalenliga ist, an den Bundesliga-Dino Hamburger SV, der nach mehreren Jahren ganz knapp über dem Strich dann doch runtermusste. „Sie sollen sich da unten mal wieder sortieren und dann neu angreifen.“ Das gelingt eher nicht: Der HSV hängt in der 2. Liga fest.
Die Wickeder können beides noch immer vermeiden: den Abstieg und dann einen Dauerplatz in der tieferen Landesliga. „Es ist noch nicht zu spät“, sagt auch der routinierte Außenverteidiger Mohamed El-Moudni (37). „Das ist Abstiegskampf. Das war jetzt ein echter Tiefschlag, ein Tiefpunkt. Aber Abstiegskampf geht zum Glück nicht nur über eine Woche.“
Aber auch der Mann, der in seiner langen Laufbahn so viele schöne Jahre hatte, hätte sich im Spätherbst seiner Karriere solch eine Saison gerne erspart. Und besonders solch ein Spiel wie am Sonntag. Diejenigen, die das weiße Trikot trugen, waren von El-Moudnis besten Jahren genauso weit weg wie von den fast magischen Zeiten im damals neuen Pappelstadion. Selbst wenn fußballerisch nicht alles schön war, kompensierte die Westfalia von vor mehr als zehn Jahren alles mit einer Wucht an Willen.
Gegen Schüren und Wanne-Eickel zeigt Wickede den Willen
In Schüren, als die Wickeder 1:0 gewannen, oder beim beachtlichen 0:0 gegen Topteam Wanne-Eickel war wenigstens der Wille da, phasenweise auch der Fußball. Die Wickeder hatten auch den Konkurrenten Hohenlimburg besiegt und eindrucksvoll dargelegt, dass sie diesmal ohne Rechenspiele aus eigener Kraft in der Liga bleiben wollen. So schien es.
Dann das Debakel gegen Gerlingen! Dass Marko Schott, der in seinem Fußballer- und Trainerleben noch mehr erlebt hat als El-Moudni, fassungslos mit in den Händen vergrabenem Kopf auf dem Platz stand, ist ein Novum.
El-Moudni suchte auch im Namen der Mannschaft überhaupt keine Entschuldigungen: „Gerlingen hat als Letzter jetzt gerade mal 16 Punkte, aber sechs gegen uns geholt. Das sagt doch schon viel. Klar, wir hatten Ausfälle, aber jeder, der auf dem Platz steht, möchte Westfalenliga spielen. Und das war bei uns nicht zu sehen. Es trifft auf alle Mannschaftsteile zu.“
El-Moudni prangerte zudem - für jeden Außenstehenden absolut nachvollziehbar – „eine gefährliche Lethargie“ an. Es gelte, und da bezieht er sich ein, jetzt den Abstiegskampf sofort wieder zu leben. Denn noch steht die Westfalia sogar über dem Strich, wobei sowohl FC Lennestadt als auch SV Hohenlimburg, gewinnen sie ihre Nachholspiele, an ihr vorbeiziehen können. „Wenn wir uns aber auf unsere Tugenden besinnen, bleiben wir drin“, legt sich El-Moudni doch noch fest.
Er weiß, dass in der Mannschaft auch Positives steckt. Selbst wenn sich der angenehm ehrliche Routinier auch über den plötzlichen Leistungseinbruch gewundert hatte, ist das Wesen seiner Westfalia für ihn nicht komplett unbekannt. „Wir müssen die richtigen Schlüsse daraus ziehen, dürfen aber auch nicht aufgeben.“ Die treuen Zuschauer und Helfer, die dem Westfalenliga-Dino auch in schwierigen Zeiten immer die Treue hielten, hätten es verdient.
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
