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Das BVB-Jugendhaus ist leergefegt - nur ein Spieler durfte nicht nach Hause
Juniorenfußball
Die Coronakrise betrifft auch den Juniorenfußball des BVB. Die Saison ist ausgesetzt, alle Spieler des Jugendhauses durften nach Hause zu den Eltern. Nur einer nicht.
Bilder der großen BVB-Stars hängen an den Wänden des Jugendhauses. Da streckt zum Beispiel Michael Zorc den DFB-Pokal in die Luft. Ein Foto, das 1989 entstand, nach dem 4:1-Erfolg im Finale gegen Werder Bremen. Natürlich darf der aktuelle Kapitän Marco Reus an der Wand nicht fehlen, wie er dynamisch über den Rasen des Signal Iduna Parks sprintet.
Viele Legenden des BVB verzieren die Gemäuer. Spieler, die es geschafft haben. Profis geworden sind. Die hochbegabten Nachwuchsspieler, die im Jugendhaus des BVB wohnen, eifern Tag für Tag ihren Idolen nach und hoffen, irgendwann selbst an dieser Wand zu hängen. Im BVB Trikot. Als Vorbilder für spätere Generationen.
22 Talente wohnen hier. Sie müssen nur die Tür öffnen, schon stehen sie auf dem Trainingsplatz. Bessere Voraussetzungen können ambitionierte Talente kaum haben. „Es ist ein gehöriger Aufwand, den die Jungs betreiben müssen. Im Prinzip haben sie zwei Jobs: Fußball und Schule. Sie stehen oft um 6 Uhr auf und haben um 20.30 Uhr Feierabend – in der Regel fünfmal pro Woche. Das ist kein Spaß“, erklärt Nachwuchskoordinator Lars Ricken auf der BVB-Nachwuchsseite im Internet.
Knieoperation stoppt Kamal Bafounta
Aktuell ist das Jugendhaus des BVB aber wie leergefegt. Der normale Alltag ist verschwunden. Der Klub hatte gleich zu Beginn der Coronakrise seine Talente nach Hause geschickt. Nur ein Spieler harrt hier weiter der Dinge. Ganz alleine. Ein bisschen erinnert die Szenerie an den Filmklassiker Kevin allein zu Haus.

Kamal Bafounta musste wegen seiner Verletzung im BVB-Jugendhaus bleiben. © Groeger
Nur Kevin heißt jetzt Kamal. Und Kamal wurde nicht von seinen Eltern vergessen, sondern hatte das Pech, in München am Knie operiert worden zu sein und so deshalb nicht nach Hause fahren zu können. Reha steht auf dem Programm. Und Kamal heißt mit komplettem Namen Kamal Bafounta.
Der 18-jährige Franzose kam 2018 zum BVB. Zuvor hatte er als 15-Jähriger schon für die U19 des FC Nantes gespielt. Die Borussia gliederte den 1,93 Meter großen defensiven Mittelfeldspieler aber erstmal in die U17 ein. Seit dieser Spielzeit steht er im U19-Kader von Trainer Michael Skibbe.
Youssoufa Moukoko ist zuhause bei seinen Eltern
Er kommt in dieser Saison aber noch nicht auf eine Spielminute. Anfang 2019 hatte er sich nämlich schwer verletzt. Sein letztes Spiel im schwarzgelben Trikot datiert vom 24. Februar 2019. Damals gewann Bafounta mit der U17 des BVB gegen den SC Paderborn mit 2:0. Der Franzose stand die kompletten 80 Minuten auf dem Feld.
Dann kam die schwere Knieverletzung, unter anderem war der Meniskus beschädigt, und die lange Leidenszeit begann. Zuletzt gab es dann die OP in München. Und wieder begann die Reha. Und zeitgleich begann die Coronakrise. Während alle das Jugendhaus verließen, musste er bleiben. Als einziger. Ein BVB-Talent reiste nach Hause in die Schweiz, ein anderer in die Niederlande. Der Rest, wie Toptalent Youssoufa Moukoko, fuhr zu seinen Eltern innerhalb Deutschlands. Nur Bafounta durfte nicht zu seinen Eltern nach Nantes. Die Gesundheit ging vor.

Kamal Bafounta, hier im Jahr 2018, möchte wieder auf dem Feld angreifen. © Peter Ludewig
„Ich war ein bisschen traurig, weil das bedeutete, dass ich meine Familie nicht sehen werde. Für eine längere Zeit“, sagt Bafounta. Aufgrund des Coronavirus dürfen natürlich seine Eltern auch nicht zu ihm kommen. „Wir kommunizieren aber über Facetime“, so Bafounta.
BVB-U19-Spieler geht immer noch an Krücken
Er steht aktuell gegen 10 Uhr auf, frühstückt dann mit Musik. Um 13 Uhr kommt der Physiotherapeut. „Sein Knie gewinnt zunehmend an Mobilität und auch die Belastung können wir nach den Vorgaben des Nachbehandlungsplans langsam hochfahren. Kamal ist ein sehr gewissenhafter und zuverlässiger Spieler, der sich in der gesamten Zeit seiner Reha äußerst professionell verhält“, erklärt Sebastian Märker, leitender Physiotherapeut im Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ) des BVB.
Märker hat wahrgenommen, dass Bafounta die Therapiestunden als willkommene Abwechslungen in seinem Alltag sieht. „Des Weiteren versuchen wir ihm dadurch natürlich eine gewisse Tagesstruktur zu geben“, sagt Märker. Bafounta versucht, auch sich selbst eine Tagestruktur zu geben. Klar, er ist auch regelmäßig bei Netflix oder Youtube unterwegs. „Ich lerne kochen oder lese auch“, sagt er. Das macht er zusammen mit der Hausmeisterin, die täglich da ist. Mit der unterhält er sich gern.
Auch wenn er die Ruhe mag, gibt es immer wieder Phasen, in den er sich langweilt. Er vermisst einfach seine Kollegen und den Fußball. „Das Leben ist nicht das gleiche ohne Fußball“, sagt er. Er geht noch immer an Krücken. Aber die Aussagen des Physiotherapeuten machen Hoffnung, dass sich das bald ändert.
Und der BVB setzt weiter auf den ehemaligen französischen Junioren-Nationalspieler. Trotz der über einjährigen verletzungsbedingten Pause, hält der Klub an ihm fest. Auch in der kommenden Saison gehört er zur U19 des BVB und wohnt weiter im Jugendhaus. Wieder mit seinen Teamkameraden und nicht mehr alleine. Und immer noch lebt der Traum, dass irgendwann auch ein Bild von ihm an der Wand des Jugendhauses hängt.