BSV Schürens Ex-Trainer Kalpakidis im Interview "Ich kann nichts beweisen"

BSV Schürens Ex-Trainer Kalpakidis: "Ich kann nichts beweisen"
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Dimitrios Kalpakidis (43) ist unbestritten der Typ, der polarisiert. Wenn sein Name fällt, dann gibt es Gesprächsstoff. Kalpakidis steuert das auch manchmal ganz bewusst. Seine Entlassung am Sonntagabend unmittelbar nach dem Spiel des BSV Schüren gegen den SC Neheim (0:3) verlief dann aber alles andere als nach Plan des jetzt Ex-Trainers. Einen Tag danach haben wir mit der Dortmunder Fußball-Persönlichkeit gesprochen.

Dimitrios Kalpakidis, Sie sind schon wieder im beruflichen Alltag. Haben Sie den gestrigen Nachmittag und Abend gut verarbeitet?

Gestern hatte ich da schon sehr dran zu knacken. Ich bin doch kein Roboter. Mir ging so viel durch den Kopf. Warum die Entscheidung? Vor ein paar Monaten war doch alles gut. Was habe ich falsch gemacht? Was nicht erkannt? Was steckte dahinter, dass wir auf einem Abstiegsplatz stehen? Dieser Aspekt übrigens macht die Entscheidung des Vereins nachvollziehbar. Ich muss das als Trainer schlucken.

Wir kennen uns gut genug, um zu wissen, dass jetzt ein ganz großes Aber kommt…

Erst einmal hätte ich mir ein anderes Ambiente gewünscht als das Gespräch auf dem Platz, ein Sterne-Restaurant zum Beispiel. Spaß beiseite: Natürlich war ich enttäuscht, wobei ich so etwas schon geahnt hatte. Auf der andern Seite möchte ich gleich schon zu bedenken geben, dass wir auch in dieser Verfassung ohne Bedenken sechs Punkte mehr auf dem Konto haben könnten. Und dann hätten wir heute andere Themen.

Die von Ihnen öffentlich gewünschten Verstärkungen vielleicht?

Ganz ehrlich! Was ist denn daran schlimm, vier, fünf Verstärkungen zu wünschen? Welcher Trainer möchte die denn nicht haben? Gerade wenn wie bei uns immer wieder Spieler fehlten. Und dass mal zwei, drei Spieler gehen müssen, sollte in dieser Liga auch zu erwarten sein. Das ist immerhin Westfalenliga, in der alle gewisse Ansprüche haben.

Und Wertschätzung?

Jeder weiß, worauf er sich einlässt. Vielleicht kommt ein Spieler eben auch bei einem Trainer besser an als bei einem anderen. Das ist auch nicht neu. Ja, ich schimpfe auch mal mit meinen Spielern, nenne aber keine Namen öffentlich. Das möchte ich nicht. Ich erkenne aber auch immer ihre Fortschritte an. Ich mag auch einige von den Jungs persönlich sehr, die mit Sicherheit eine andere Auffassung vom Fußball und vom Einsatz auf dem Platz haben als ich. Umgekehrt freut es mich jetzt auch sehr, dass mich viele Leute anrufen und fragen, wie es mir geht, die mit mir nicht immer auf einer Wellenlänge lagen.

Liegt es an den Ausfallzeiten der Spieler, dass Sie in diesem Kader Verbesserungsbedarf sahen? Oder haben Verein und Sie damals bei der Kaderzusammenstellung zu naiv gedacht?

Ganz so einfach, alle Wunschspieler zu bekommen, war es nicht, da erst Ende April mein Wechsel nach Schüren in trockenen Tüchern war. Wir hatten im Sommer bewusst bestimmte Spieler verpflichtet. Und ich bleibe ja auch dabei: Dieser Kader hat die Qualität für einen guten Platz in der Westfalenliga. Ich denke nur immer einen Schritt weiter. Ich wollte mit dem BSV langfristig ambitionierter sein. Wo ist denn da das Problem, da dann nachzujustieren?

Liegt es vielleicht darin, dass ein Nachjustieren überhaupt notwendig ist?

Für Verletzungen oder berufliche Dinge können wir nun wirklich nichts. Aber wir hatten uns ja einiges dabei gedacht. Arif Et ist die erhoffte Verstärkung, Lukas Homann als Mensch, Typ und Fußballer eine echte Bereicherung. Seine Wickeder waren abgestiegen. Da haben wir geguckt, wer uns helfen könnte. Mohamed El-Moudni ist wertvoll für die Stimmung. Ein gesunder Anil Konya hätte enorm viel Willen reingebracht. Marlon Mönig braucht nach seiner langen Verletzung noch Zeit. Da spielen viele Dinge mit rein. Die bereits im Kader stehenden jungen Leute sind einfach noch nicht so konstant. Ich meine bestimmt nicht alle, aber einige müssen sich auch mal hinterfragen – wie auch ich mich.

Dimitrios Kalpakidis, ganz ehrlich, wir beide sind einfach durch unser Alter vom Denken der ganz jungen Spieler entfernter als noch vor zehn Jahren. Sie sind 43, ich bin 50. Wir stellen fest, dass die 20-Jährigen schon ganz anders reden, andere Schwerpunkte setzen, auch auf dem Fußballplatz. Heißt das für Sie als Trainer nicht irgendwann doch, dass Sie auf diese Generation zugehen müssen, denn Ihre Freunde sind auf dem Feld ja nun mal nicht mehr vorhanden?

Ich weiß, worauf sie hinauswollen. Aber ich glaube schon, dass ich mich als Trainer auch dahingehend weiterentwickelt habe, dass ich das Denken der Jungen verstehe und damit gut arbeite. Aber letztendlich reduziere ich es dann doch auf die Frage: Ist jemand gut oder schlecht? Und eben nicht: Ist jemand jung oder alt? Wenn ich dann feststelle, dass früher, auch zu meiner ersten Schürener Zeit, dann die Älteren besser für die Mannschaft waren oder sind, dann ist es für mich eben so.

An wen denken Sie?

Eben nicht nur an die großen prominente Namen meiner Evinger Zeit. Sebastian Senger oder Matthias Bergner waren solche Typen, auf die ich mich immer verlassen konnte. Auch Mehmet Aslan, der mich gestern entlassen hat, war immer voll dabei. Vor meiner Rückkehr nach Schüren dachte ich, Verein und ich wären einen Schritt weiter, bereit den vielen jungen Leuten eine Chance zu geben. Dass es so keinen Erfolg brachte, sollte Verein, Spieler, aber auch mich ans Hinterfragen bringen.

Dass Sie auch öffentlich hinterfragt haben, nötigte erwähntem Sportlichen Leiter Mehmet Aslan einen öffentlichen verbalen Konter ab. Hätte das Hinterfragen nicht vielleicht intern schon längst beginnen können. Wäre dann Ihr Aus sogar vermeidbar gewesen?

Wir waren ständig im Austausch. Nochmal: Ich denke, Verstärkungen zu fordern und ja, damit anzudeuten, dass der Kader noch nicht perfekt ist, bedeutet keinen Tabubruch. Nichtsdestotrotz ist es schade, denn ich hatte in Schüren etwas vor.

Dimitrios Kalpakidis erklärt im Video, warum es beim BSV Schüren nicht geklappt hat.
Dimitrios Kalpakidis erklärt im Video, warum es beim BSV Schüren nicht geklappt hat. © Foltynowicz

Was nehmen Sie für sich gedanklich mit?

Ich möchte demnächst bei kommenden Stationen mir vorher ein Bild machen, welche Spieler schon einen hohen Stellenwert haben, auf wen die anderen Jungs hören. Und wer vielleicht auch einen guten Draht zum Vorstand hat.

Gerade Letzeres sagt ein Dimitrios Kalpakidis nie ohne Hintergedanken. Haben einzelne Spieler in Schüren Sie beim Vorstand angezählt?

Ich kann nichts beweisen. Es ist aber auch normal, dass unzufriedene Nicht-Stammspieler ihre Meinung irgendwo kundtun. Oft sind dann Trainer, Taktik oder schlechtes Training schuld. Das ist mir zu einfach. Die Jungs sollten sich fragen, was sie besser machen können. Ich mache das übrigens auch. Aber ich möchte zum Abschluss unbedingt klarstellen, dass ich Verein und Mannschaft nur das Beste wünsche. Die schaffen das.

Sie stehen zum Glück mitten im Leben. Was haben Sie in naher Zukunft vor?

Heute Abend haben wir hier in meiner Kneipe Perpendikel Halloween-Party.

Also reagieren Sie auf den gestrigen Schreck mit Erschrecken?

So ungefähr. Ein paar Gläser gönnen wir uns dabei auch. Dann aber geht es normal weiter. Die kommenden Tage möchte ich dafür nutzen, mit meiner Familie Zeit zu verbringen. Wegen Fußball überstürze ich erst einmal nichts, aber ich lasse mich auf diversen Fußballplätzen sehen, nicht um mich anzubieten, sondern weil ich den Fußball so sehr liebe.

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