ASC 09 überragt, starker Aufsteiger auch mal wechselhaft Die Bilanz der Dortmunder Oberligisten

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Das Beste kommt zum Schluss. Nach Westfalenliga, Landesliga und Bezirksligen folgt jetzt unsere Bilanz des Prunkstücks des Dortmunder Amateurfußballs: die Oberliga. Vier Dortmunder Teams waren noch am Sonntag im Einsatz, mit Ausnahme des TuS Bövinghausen nehmen wir alle unter die Lupe. Den Auftakt macht

ASC 09 Dortmund (2. Platz 26:10 Tore, 37 Punkte): Der kleine Dämpfer am Ende des Jahres in Vreden macht den ausgesprochen positiven Gesamteindruck nicht kaputt. Die Aplerbecker haben in diesem Halbjahr fast alles richtig gemacht. Das liegt erstens am seriösen Vorstand und dem gepflegten Umfeld.

Das liegt zweitens am Trainerteam. Mit Ex-Premier-League-Profi Marco Stiepermann gelang dem ASC ein echter Coup. Er ist bestimmt kein Lautsprecher, sein Temperament lebt er höchstens als Spieler auf dem Platz aus, aber seine Erfahrung, sein Wissen, seine Ausstrahlung und seine sehr bewusst gesetzten Worte verschaffen ihm Respekt.

Clever, seinen Bruder Marcel dazu zu nehmen. Er bedient schon eher die Temperamentsschiene. Zudem kennt der ältere Bruder sich bestens im hiesigen Amateurfußball aus, da er in Dortmund und Nachbarschaft spielte. Der ehemalige Hombrucher Nachwuchstrainer Justin Martin bringt die taktische Expertise mit.

Der Erfolg liegt aber natürlich besonders an der Mannschaft. Da lohnt sich eine kleine Reise von hinten nach vorne. Natürlich ist es nicht schön für einen aufstrebenden begabten Torwart Joel Nickel, einen ehemaligen Regionalliga-Torhüter vor die Nase gesetzt zu bekommen. Aber Joshua Mroß ist eben der Mann, der noch mehr den Unterschied macht, der Garant dafür ist, dass der ASC ein Aufstiegsaspirant ist.

Die Abwehr ist das Prunkstück des ASC 09

Die Abwehr: Nur zehn Gegentore sind absoluter Spitzenwert, natürlich dank der Mroß-Paraden, aber auch dank der variablen Abwehr. Jan Friedrich ist Turm in sämtlichen Schlachten, seine Nebenleute innen und außen leisten ebenfalls ausgezeichnete Arbeit. Unterstützung bekommen die Verteidiger durch ein sehr gut funktionierendes Mittelfeld. Hier sei der Name Jannik Urban stellvertretend für seine Kollegen genannt. Auffällig, dass das viel beschworene „Als-Mannschaft-Verteidigen“ beim ASC besonders gut funktioniert.

Joshua Mroß hält einen Ball.
Joshua Mroß und der ASC 09 kassierten nur zehn Gegentore. © Foltynowicz

Nach vorne spielen die Aplerbecker nicht nur Hurra-Fußball. In mehreren Partien begeisterten sie, wenn das Team um Stiepermann wirbelte, in anderen Partien beschränkten sie sich auch auf effiziente Minimalistensiege. Über Torjäger Maximilian Podehl vorne ist wohl alles gesagt. So lange er weiter liefert, wird der ASC auch viele Spiele gewinnen.

Ausblick: Der ASC steigt auf, weil er seriös fußballerisch und infrastrukturell die Voraussetzungen für die Regionalliga schafft. Dass ein Durchmarsch kein Automatismus auch für eine so hervorragend funktionierende Mannschaft ist, zeigte das Vreden-Spiel. Dieser ASC ist so stark, dass der auch Dämpfer einzuordnen weiß und die richtigen Schlüsse daraus zieht.

Türkspor Dortmund (4. Platz, 32:20 Tore, 29 Punkte): Selbst, wenn es im extrem fordernden TSD-Umfeld nicht jeder wahrhaben möchte: Der Aufsteiger spielt eine starke Saison. Fünf Niederlagen müssen nun wirklich nicht sein, wird der eine oder andere Kritiker sagen. Mag ja sein, aber gut für das Team, dass sich rund um den Fredenbaum nach fünf Aufstiegen in Serie mittlerweile die Erkenntnis durchsetzt, dass irgendwann auch Türkspor mal auf extrem starke Gegner trifft.

Natürlich überrascht es, dass eine Mannschaft, die den Topfavoriten Sportfreunde Lotte außergewöhnlich deutlich 3:0 besiegt, zum Beispiel daheim gegen Ennepetal verliert. Dann ist es eben auch so, dass – Achtung Floskel – Gegner in der Oberliga Fehler schneller bestrafen. Diese Konstanz fehlt der Mannschaft noch, um ganz weit oben mitzumischen.

Türkspor mit schwankenden Leistungen

Auch hier lohnt ein Blick auf den Trainer: Sebastian Tyrala ist ein Fachmann. Das zeigt sich erstens daran, dass sich Team und Spieler selbst erkennbar weiterentwickeln. Zweitens imponiert, wie er die Mannschaft trotz der großen Konkurrenz im Kader positiv hält. Einen Mentalitätspunkt verdiente sich Türkspor zuletzt wieder mit dem 3:2 über Erkenschwick nach einwöchiger Wetterpause.

Tyrala hat seinen Stamm um die Bänke Muhammed Acil, Sezer Toy und, wenn fit, Ömer Akman. Dazu zählen auch die Talente Mehmet Kaya und Kerem Sengün, die 15 von 16 Spielen mitmischten. Und dann greift das Leistungsprinzip: Tyrala hält die Mannschaft auf einigen Position für Jungs, die sich anbieten, offen. Das schafft Motivation.

Sebastian Tyrala steht am Fußballfeld.
Sebastian Tyrala und Türkspor Dortmund spielen als Aufsteiger eine starke Saison. © Folty

Hinten steht Türkspor richtig gut, was fehlt, sind vorne die vielen Tore aus der vergangenen Saison durch die abgewanderten Mateus Ayala Cardoniz und Santiliano Braja. Klar: Die Gegner sind andere, aber die 32 Treffer sind dennoch kein Vergleich zu den 109 in der Westfalenliga. Dass sich die Tore auf viele Spieler verteilen, muss kein Nachteil sein, doch es gab durchaus Spiele, in denen der Knipser fehlte.

Das ist auch kein Drama, weil ein vierter Rang aller Ehren wert ist. Zum ASC sind es acht Punkte, zu Tabellenführer Sportfreunde Lotte zehn. Da ist theoretisch sogar noch alles drin. Nach unten dürfte zumindest der zwölfte Platz so gut wie sicher sein. Der 13., Sportfreunde Siegen, hat schon 13 Punkte weniger. Selbst ein solider Mittelfeldplatz wäre beileibe keine Schande.

Ausblick: Türkspor wird weiterhin mit einigen Highlight-Spielen für Furore sorgen, dennoch mit den wenigen unbequemen Gegnern Probleme bekommen. Das alles sorgt dafür, dass TSD das Feld nach der absoluten Spitzengruppe anführen wird.

FC Brünninghausen (16. Platz, 21:37 Tore, 11 Punkte): Die Einordnung ins Soll und nicht zu den Verlierern erfolgte nur dank des aktuellen Nichtabstiegsplatzes, der auch das Ziel des Aufsteigers ist, und dank einiger guter Eindrücke anfangs und mitten in der Saison. Aber nicht nur Spielertrainer Florian Gondrum hält die elf Punkte für zu wenig: „Wir waren nicht naiv, aber wir hätten uns schon mehr Punkte erhofft“, sagte er nach dem denkbar unglücklichen 1:2 in Finnentrop/Bamenohl.

FC Brünninghausen im Abstiegskampf

Dieses Spiel zeigte, wie andere Partien auch: Die Mannschaft ist oberligatauglich, aber eben nicht immer 90 Minuten lang während der Spiele. Das liegt auch nicht am Kader. Die Idee, begabte Dortmunder Spieler wie Hayrullah Alici, Fabien Garrando, Armen Maksutoski oder Maciej Bokemueller aus der Umgebung zu holen und damit transfertechnisch auf dem Teppich zu bleiben, mag ja wirtschaftlich hochgradig vernünftig sein.

Aber dem FCB fehlt nach dem so schwerwiegenden Verlust des Klasse-Spielers Kevin Brümmer neben dem starken Evergreen Gondrum ein weiterer Mann, der den Unterschied macht, der die vielen knappen Spiele eben für den FCB ausgehen lässt.

Florian Gondrum schaut nach rechts.
Der FC Brünninghausen bräuchte mehr Spieler wie Florian Gondrum. © Nils Foltynowicz

Positiv: Neben Leon Broda hat Brünninghausen in Tom Alter einen weiteren starken Torwart. Davor sind Sebastian Kruse und Anis El Hamassi feste Größen. Negativ: Die Blau-Weißen kassieren zu viele vermeidbare Tore. Im Mittelfeld muss der FCB noch eine Formation finden, die sowohl Stabilität nach hinten, aber auch Schwung nach vorne bringt. Bemüht ist diese Mannschaft immer, aber wer weiß, was bemüht im Arbeitszeugnis bedeutet, erkennt, dass es so nicht reicht, um ins gesicherte Mittelfeld zu kommen.

Ja, und Brünninghausen schießt dann auch zu wenige Tore, um die 37 Gegentreffer zu kompensieren. Dass Trainer Rafik Halim seinen Abschied zum Saisonende ankündigte, wird der Klub erst im Sommer kompensieren müssen. Am Gespann mit Gondrum gibt es bis dahin keine Zweifel. Abschließend noch ein Positivfaktor: Die Mannschaft hört auf ihre Trainer, was noch sehr wichtig werden kann.

Ausblick: Der FC Brünninghausen wird sich retten, weil er wieder lernt, wie sich Erfolgserlebnisse anfühlen. Im Aufstiegsjahr zelebrierte der FCB sogar Fußball. In dieser Oberliga-Saison ist er gut beraten, gerne auch dreckige Siege einzufahren.

Sicherer wäre, wenn die Brünninghauser noch einen Transfercoup landen. Sie werden Kevin Brümmer schlecht klonen können. Aber das Brünninghauser Spiel verträgt noch mehr Impulse, um somit für Entlastung der Hintermannschaft zu sorgen.

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