20.000 Mark, Lachs, S04 - Dortmunder Turnier der 90er-Jahre sorgte für großes Aufsehen

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20.000 Mark, Lachs, S04 - Dortmunder Turnier der 90er-Jahre sorgte für großes Aufsehen

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Der Hecker-Cup oder den Kronen-Kreidekarren-Cup kennt jeder in Dortmund. Aber in den 1990er-jahren gab es ein Turnier, das überstrahlte alle. Selbst Sänger Bata Illic wurde engagiert.

Dortmund

, 16.06.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Der ASC 09 Dortmund tituliert seinen auch sportlich top besetzten Hecker-Cup gerne mit dem Prädikat „Gourmet-Cup“. Ohne den Aplerbeckern zu nahe treten zu wollen - was ein anderer Sportverein vor 30 Jahren auf die Beine stellte, hatte zu dieser Zeit einen noch größeren Besonderheitswert.

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Rekordpreisgelder für die Teams, Amateurmannschaften von Bundesligisten im Teilnehmerfeld, eine Autoshow, ein Ford Fiesta als Hauptgewinn. Lachs, anderer Edelfisch, Garnelen- und Filetspieße sowie Rumpsteaks für die Feinschmecker. Ein Dorf feierte sich und lud sich gerne Gäste ein.

Schirmherr OB Günter Samtlebe

Das Stadion an der Hövel war und ist immer noch einer der Plätze, wo sich Fußballer aber auch Freunde des gesellschaftlichen Lebens wohlfühlen. Was sich der damalige Vorsitzende des TuS Eichlinghofen Hansi Josephs mit seinen Mitstreitern, darunter Turnierleiter Reiner Burscheid, ausdachte und auch in die Tat umsetzte, war aber Stadtgespräch. Honorationen aus der Politik, wie Schirmherr OB Günter Samtlebe, und aus dem Sport ließen sich blicken und blieben gerne länger. „Für diese Zeit waren wir mit unserem Turnier in Dortmund und Umgebung etwas einzigartiges“, sagt Josephs, der 31 Jahre lang den Verein führte.

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1990 wurde der TuS 100 Jahre alt. „Da sollte es richtig krachen, hatten wir uns gedacht.“ Vom 19. bis 29. Juli lief das große Turnier. Vom 3. bis 5. August ging es auch noch beim Zeltfest richtig ab. Als Bata Illic auftrat, regnete es Rosen der entzückten Damenwelt.

Kern der Geschichte aber war das Sportliche. Ehe es überhaupt eine Genehmigung gab, musste der TuS die Modalitäten ändern. Zwei Spiele à 90 Minuten hintereinander wären nicht regelkonform gewesen. „Also ließen wir nicht zweimal 45 Minuten, sondern zweimal 40 Minuten spielen. Damit hatten wir die Genehmigung,“

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Borussia Dortmund, FC Schalke und VfL Bochum legten auf Grund des enormen Preisgeldes von 20.000 Mark ihre Bedenken wegen des Ascheplatzes ab. Ein Neffe des VfL-Granden Ottokar Wüst mit dem selben Namen interessierte sich eher für die Gourmtecke, nachdem ihm der Anblick des Platzbelages nicht so gut geschmeckt hatte. „Er wollte zum zweiten Spiel der Bochumer für 100 Leute reservieren. Das haben wir nicht gemacht.“

Schalke 04 gibt die 500 Mark nicht zurück

Die Schalker schickten ihre Legende Willi Koslowski. „Er wollte 500 Mark als Sicherheit vorab haben. Das sollten wir später mit dem Preisgeld verrechnen.“ Schalke schied aus. „Die 500 Mark haben wir nie mehr gesehen“, erzählt Josephs. Auch der BVB habe sich sehr gerne im Gourmetbereich sehen gelassen. Übrigens auch die Schiedsrichter, die immer großen Appetit mitbrachten. Sie hatten wir bei einem Frühschoppen auf das Turnier vorbereitet.“ Längst lacht er über solche Anekdoten.

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Auf dieses Gespräch hatte sich Josephs dennoch akribisch vorbereitet: „Wenn ich etwas erzähle, soll es auch Hand und Fuß haben“, schiebt er ein. Also das Teilnehmerfeld: „Wir waren das erste Turnier mit zwölf Mannschaften. Die attraktivste Veranstaltung dieser Zeit in Kirchderne bot acht Teams auf. Darunter allerdings 1990 noch die Dortmunder Aushängeschilder VfR Sölde und Hombrucher SV.“

Sie hielten ihre Zusage ein. Rainer Röhr, der VfR-Vorsitzende habe ihm dann angeboten, bei einer zweiten Auflage zu kommen. Und durch die Aufstockung des Preisgeldes auf 25.000 sollte sich die Teilnahme auch richtig lohnen. Auch das gelang den Eichlinghofern.

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Zurück zum ersten Jahr: BVB, Hörder SC, SuS Oespel-Kley bildeten die erste Gruppe, TuS Heven, VfL Witten und FC Merkur die zweite. „Dass sich so viele Wittener für ihr Derby interessierten, da der TuS in der Liga immer höher spielte als der VfL, überrollte uns fast. da waren plötzlich 800 Leute am Platz“, erinnert sich Josephs. Der FC Schalke 04, RW Barop und Westfalia Wickede spielten gegeneinander. Der gastgebende TuS, damals A-Kreisligist, bildete mit VfL Bochum und FC Brünninghausen eine Gruppe.

Professionelle Pressetribüne

Alle Spiele liefen unter den Augen der auf einer für damalige Verhältnisse sehr professionellen Pressetribüne sitzenden Reporter. „Wir hatten zig Meter Kabel zur Waldseite gelegt, wir wollten unbedingt, dass alles am kommenden Morgen aktuell in den Blättern stand. Die Zusammenarbeit mit Ihren Vorgängern war super“, lobt Josephs die damalige schreibende Zunft.

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Der VfL gewann unter vielen geschulten Augen jedenfalls das Turnier mit einem 2:1 nach Verlängerung im Finale, 12.500 Euro nahmen die Bochumer mit. Da schmeckten die Garnelenspieße im VIP-Bereich noch besser. Kein Neid kam beim Fußballer-Volk auf, das sich eher am Grillstand von Gerd Neubert eindeckte. „Gerd war mit seinen Spezialitäten ein Unikat. Er hatte Unmengen verschiedener Fleischarten auf den Grill gelegt. Wir fragen ihn öfter, wer das alles essen soll. Aber nach kurzer Zeit hatte er alles verkauft.“ Dass es nebenan eine Konkurrenz gab, nahm er locker. „Die machen ja noch mehr Umsatz als ich“, habe er staunend gesagt. Ja, es war etwas Besonderes. 7000 Leute sahen die Spiele, ein Traumwert. Auch Fritz Raskop war begeistert. Der Bierumsatz überwältigte den Mann der Stifts-Brauerei und motivierte ihn, das Preisgeld im zweiten Jahr aufzustocken.

Trinkfeste Eichlinghofer

Trinkfest waren sie schon damals in Eichlinghofen. Josephs aber legt für alle Menschen damals die Hände ins Feuer: „Und alle haben sich gut benommen. Es gab nicht einmal Stress.“ Zweimal noch lud der TuS zum großen Turnier. Die dritte Auflage fiel sprichwörtlich an einigen Tagen ins Wasser. „Das Risiko, solch einen Aufwand zu betreiben, war uns dann zu groß. Und wir wollten nicht ein einfaches oder besseres Bratwurstturnier. Daher gab es keine weitere Auflage.“

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Dafür bleiben die leuchtenden Augen der Besucher in Erinnerung. Die sportliche Qualität, das besondere Essen, das Partyzelt – das war so geballt einfach neu. Und besonders glücklich war der Gewinner des Ford Fiesta. Selbst wenn Jopsephs nahezu alle Unterlagen herausgesucht hatte, dessen Namen fand er nicht. „Ich weiß nur, dass dieser für ein damaliges Turnier einzigartige Gewinn alle neugierig auf die Verlosung machte.“

Wer erahnen möchte, wie das damals so alles war, dem sei ein Besuch des TuS-Platzes an Vatertag zu empfehlen. Auch diese Festtradition („damals ging es schon um 10 Uhr morgens los“) entstand in der Ära Josephs. Dass die Ära nicht konkreter Hansi Josephs heißt, hat einen einfachen, aber umso schöneren Grund: Der Name lautet Iris. Die Gattin des langjährigen Vorsitzenden habe vieles erst ermöglicht: „Iris war überall dabei. Ohne sie wäre vieles gar nicht gegangen.“

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Noch heute nimmt er die Qualitäten „meiner Organisationschefin“ gerne in Anspruch. Während des Gespräches souffliert sie ihrem Gatten, was es damals noch so alles zu essen gab. Fast hätten wir sie auch sonst hier vergessen: die großen frischen Shrimps. Ja, es war etwas Besonderes, das große Eichlinghofer Turnier vor 30 Jahren.

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