Hört sich gerne die Meinung der Fans an: der Castrop-Rauxeler Hans-Peter Villis, der Vorstandsvorsitzende des VfL Bochum ist. © Jens Lukas (Archiv)
Fußball-Bundesliga
Präsident aus Castrop-Rauxel: Wir begreifen Fußball als Volkssport, jenseits des Entertainments
Der VfL Bochum feiert am Samstag, 14. August, sein Comeback in der 1. Bundesliga - nach elf Jahren und 98 Tagen. Im VfL steckt aktuell eine gute Portion Castrop-Rauxel drin.
Endlich wieder 1. Liga! Das werden sich die Fans des VfL Bochum sagen, wenn am Samstag, 14. August, das Duell ihres Teams beim VfL Wolfsburg angepfiffen wird. Eine Reihe von Castrop-Rauxelern ist daran beteiligt, dass auf dem Platz, hinter den Kulissen und im Talentwerk erstklassige Arbeit geleistet wird.
Der Rauxeler Keeper Michael Esser ist nach einigen Stationen wieder beim VfL gelandet, der ihn zum Profi machte. Marc Kruska (vormals Spieler beim BVB) ist Co-Trainer der U19-Junioren in der Bundesliga. In ihrer Arbeit als Sportpsychologin im Nachwuchsleistungszentrum die aus Henrichenburg stammende Annika Hof zum Berge täglich die Chance, Nachwuchsfußballer und Trainer auf ihrem Weg ins Profigeschäft zu begleiten.
Und was vielleicht nicht viele wissen: Ein Frohlinder ist sogar der Erste Mann beim VfL: Hans-Peter Villis wurde 2012 Aufsichtsratsvorsitzender des Vereins. Nach der Ausgliederung ist er Vorstandsvorsitzender der VfL Bochum 1848 Fußballgemeinschaft. Philipp Rentsch sprach mit ihm u.a. über sein bisheriges Wirken und wagt einen Ausblick.
Hans-Peter Villis bei der Jahreshauptversammlung des VfL Bochum im Jahr 2010 - im Ruhr Congress. © Jens Lukas (Archiv)
Richtig. Waren Sie seinerzeit im Stadion? Ich war damals noch nicht in verantwortlicher Position beim VfL tätig, hatte also berufliche Verpflichtungen beim Energiekonzern EnBW. Aber ich bin seit meiner Kindheit Bochumer, auch wenn ich in Castrop-Rauxel lebe. Der Abstieg ging mir natürlich nahe.
Hätten Sie damals gedacht, dass Sie elf Jahre auf das nächste Bundesliga-Spiel warten müssen? Überhaupt nicht. Ich war der festen Überzeugung, dass wir direkt wieder aufsteigen würden – wie es der VfL eigentlich immer geschafft hat. Das war geübte Praxis, fast eine Selbstverständlichkeit.
Welcher Moment war der schwierigste in all den Jahren? Ich bin im Herbst 2010 in den Aufsichtsrat gekommen, 2012 wurde ich zum Vorsitzenden gewählt. Das waren die schwierigsten Jahre. Wir hatten finanziell keinen Spielraum und konnten die Mannschaft nicht so verstärken, um oben anzugreifen. Das war eine harte Zeit. Zum Glück haben wir uns konsolidieren können und neue Möglichkeiten geschaffen.
Gab es mal Überlegungen, Ihr Amt niederzulegen? Zu keinem Zeitpunkt. Es gab Enttäuschungen, klar. Aber wer Verantwortung übernimmt, steht dann auch in der Pflicht.
Bilden Thomas Reis, Sebastian Schindzielorz und Ilja Kaenzig das beste Führungstrio, das Sie in all den Jahren hatten? Wir hatten viele gute Führungskräfte, aber dieses Trio ist das erfolgreichste. Die Kombination passt. Wir haben mit Thomas Reis und Sebastian Schindzielorz zwei, die den Verein schon bestens kannten, als sie hier Verantwortung übernommen haben. Und wir haben mit Ilja Kaenzig jemanden dazugeholt, der Einflüsse von außen und viel Erfahrung mitgebracht hat.
Alle beim VfL ahnen, dass es eine schwierige Saison werden dürfte. Können Sie versprechen, dass Sie auch in einer Krisensituation an Thomas Reis festhalten werden? Sonst würden wir mit ihm doch gar nicht erst in die Saison gehen. Wenn wir ihm nicht zutrauen würden, auch schwierige Situationen zu meistern. Schließlich ist Thomas Reis auch in einer schwierigen Situation damals zu uns zurückgekommen.
Was ist aus Ihrer Sicht eigentlich schwieriger: aufzusteigen oder drinzubleiben? Fragen Sie mich das besser nach der Saison (schmunzelt). Ich glaube, es ist in etwa gleich schwer. Wir haben uns auf jeden Fall gut verstärkt und die Qualität, den Klassenerhalt zu schaffen. Davon bin ich überzeugt.
Vor elf Jahren war RB Leipzig noch kein Thema in der Bundesliga. Auch Augsburg war noch nicht dabei, Hoffenheim nicht lange. Kann sich Bochum bei so vielen Mitbewerbern überhaupt wieder in der Bundesliga etablieren? Wir haben jetzt die Möglichkeit dazu. Klubs wie Freiburg, Mainz und Augsburg, mit denen wir gerne verglichen werden, habe uns natürlich etwas voraus. Sie haben nun jahrelang in der Bundesliga gespielt und sich wirtschaftlich einen Vorsprung erarbeitet. Aber der VfL hat Potenzial, da wieder heranzukommen. Wir sehen es ja bei uns im Umfeld: Die Fans und Partner sind geradezu euphorisch. Wir wachsen auf allen Ebenen.
Kann der VfL sogar die neue Nummer Zwei im Revier werden? Wir sind zurück in der Bundesliga, das ist entscheidend. Das Revierderby heißt in der kommenden Saison VfL gegen BVB. Wir begreifen Fußball als Volkssport, jenseits des Entertainments. Wir stehen als Traditionsverein für Nähe, Offenheit und werden als familiär wahrgenommen. Dafür sind wir bekannt, auch über die Grenzen von Bochum hinaus.
Gibt es eigentlich Fortschritte bei der Investorensuche? Wir sind in Gesprächen, aber der strategische Partner, den wir suchen, muss zu uns passen. Wir hätten schon längst jemanden präsentieren können, aber es geht uns nicht um Schnelligkeit, sondern um Sorgfalt. Konkret sprechen wir gerade auch mit Interessenten aus den USA. Das kann man so offen sagen. Was dabei herauskommt, natürlich noch nicht.
Die Ungeduld einiger Fans hat möglicherweise einen Grund. Sie haben 2019 in einem Interview mit unserer Zeitung gesagt, „in diesem Jahr“ könnte der Einstieg erfolgen. War das zu forsch? Keineswegs. Damals haben wir konkrete Verhandlungen geführt, aber es hat dann doch nicht gepasst. Der Preis muss stimmen, aber auch die Wertvorstellungen. Wir nehmen uns Zeit, haben keinen Druck.
Abschlussfrage: In einem Jahr stehen Wahlen an. Werden Sie wieder antreten und als Vorsitzender des Präsidiums kandidieren? Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht. Aber wenn, würden wir wieder als Team antreten.
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