Mit Fotos und Video „Irgendwann in der Bundesliga“ - 15-Jähriger startet Schiedsrichter-Karriere

Mit vielen Fotos und im Video: 15-jähriger Schiedsrichter ist auf Erkundungstour
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Es gibt jemanden im Fußball, der ebenso wichtig ist wie die 22 Spieler auf dem Platz: der Schiedsrichter. Ohne ihn würde es kein Spiel geben. Das sollten die ewigen Meckerer am Rande nie vergessen. Wie auch Spieler und Verantwortliche, die durch Anfeindungen oder gar körperliche Attacken gegenüber den Unparteiischen jeglichen Respekt vermissen lassen.

Umso erstaunlicher und schöner ist es, wenn sich trotz dieser Negativschlagzeilen junge Menschen dafür entscheiden, in den Job des Schiedsrichters hineinzuschnuppern - und auch dabei zu bleiben. Im Fußballkreis Herne/Castrop-Rauxel waren es beim Herbst-Lehrgang überragende 26 Leute, die sich die Grundkenntnisse erarbeiteten, um Fußballspiele pfeifen zu dürfen.

Zweiter Schiedsrichter-Einsatz

Positiv war: Alle haben diesen Lehrgang bestanden. Einer von ihnen kommt von Arminia Ickern, ist 15 Jahre alt und heißt Gianluca Mücke. Torwart ist der Realschüler in Arminias B-Junioren-Team. Am Samstag vor dem 2. Advent hatte Gianluca Mücke seinen zweiten Schiedsrichter-Einsatz auf dem Sportplatz an der Bahnhofstraße. „Schon ein kleines bisschen“, antwortete er auf Frage, ob er nervös sei.

Es ist mittags gegen zwölf Uhr. Die E-Junioren der SG Castrop und von Wacker Obercastrop kicken ab 12.15 Uhr gegeneinander. Es ist kalt, gerade mal zwei Grad Celsius. Der Wind bläst und sorgt für eine gefühlte Minus-Temperatur. Ein paar fröstelnde Eltern schauen zu. Wichtig für einen Schiedsrichter: Vor dem Spiel sind die Tornetze zu überprüfen. Es soll schließlich kein Ball durch irgendein Loch flutschen.

Gianluca Mücke tastet die Netze beider Tore ab - alles okay. Auch die Platzwahl mit den Kapitänen meistert er souverän. Es kann losgehen - Anpfiff. Die Gelbe und Rote Karte stecken in der Hosentasche: Gianluca braucht zum Glück beide nicht. Es ist ein faires Fußballspiel. E-Junioren-Fußball ist meistens leicht zu händeln für Schiedsrichter. Überhaupt muss Gianluca die Pfeife nur sehr selten benutzen.

Am häufigsten pfeift er, wenn ein Tor gefallen ist - was neunmal passiert. Wacker Obercastrop siegt 9:0. Jeden Treffer notiert Schiedsrichter Mücke sofort auf seiner Spielkarte. Sehr genau sogar. „Welche Nummer hast Du?“, fragte der 15-Jährige beim 2:0 nach. Der Torschütze: „Die Nummer Sechs.“ Die Buchführung muss stimmen - sonst wird später der elektronische Spielbericht nicht korrekt sein.

Ein Pate begleitet das Spiel

Neue Schiedsrichter werden bei ihren Einsätzen nicht allein gelassen. Sie bekommen einen Spielbeobachter, auch Pate genannt, an die Seite gestellt. Bei Gianluca Mücke ist das beim zweiten Einatz Berat Ucar. Er selbst ist erst 18 Jahre alt, verfügt aber schon über Erfahrung als Schiedsrichter. Und weiß, wo er helfend eingreifen muss. „In der Kabine haben wir letzte Details besprochen“, so Berat Ucar.

Auch beim Anlegen des Spielberichts am Computer im Internet-Portal „fussball.de“ ist der Pate dabei - wie auch später beim Ausfüllen des Spielberichts. Zudem schaut sich der Berat Ucar das Spiel genau an, um den Schiedsrichter-Frischling später darauf hinzuweisen, was er hätte besser machen können. „Es gab ein paar Kleinigkeiten, die ich ansprechen werde“, so der Beobachter.

Was waren das für Kleinigkeiten? „Bei Eckbällen stand Gianluca etwas zu weit weg - da muss er näher ran. An seiner Körperhaltung und deutlicheren Handzeichen muss er auch noch etwas arbeiten. Ansonsten hat er tadellos gepfiffen“, sagt Berat Ucar. Das hat wohl auch ein Trainer so gesehen, der Gianluca Mücke herzlich umarmt nach dem Spiel. Und das sagt der Schiedsrichter selbst zu seiner Leitung: „Ich bin zufrieden - es hat Spaß gemacht.“

Für weitere Fragen wollte Gianluca Mücke schnell ins warme Klubheim flüchten: „Es ist echt kalt heute.“ Der elektronische Spielbericht musste ausgefüllt werden. Für einen 15-Jährigen ist der Computer kein Brief mit sieben Siegeln. Ratzfatz hatte Gianluca im engen Castroper Kämmerlein alles erledigt, ohne dass Berat Ucar eingreifen musste. Nur soviel: „Es gab nichts zu beanstanden.“

Bleibt noch die Frage: Wie kommt ein 15-Jähriger überhaupt auf die Idee, Schiedsrichter zu werden? „Ich hatte gelesen, dass viele ältere Schiedsrichter aufhören wollen. Als mein Verein Arminia Ickern intern nach Jungs für den Herbst-Lehrgang gesucht hat, habe ich mich angemeldet.“ Als Einziger im Klub. Seine Eltern hätten von Anfang an dahintergestanden, sagt Gianluca Mücke.

Das „Tschüss“ zum Abschied, mit der Anmerkung: „Vielleicht sehen wir dich ja irgendwann im Fernsehen als Bundesliga-Schiedsrichter“, konterte Gianluca sofort mit: „Das wäre schön. Vielleicht war das heute ja der Anfang dazu.“ Das klingt wie eine große Portion Selbstbewusstsein - oder sogar wie eine Vision. Doch: Wenn ein Junge von 15 Jahren keine Träume mehr hat - wann dann?

Tag als Duo noch nicht zu Ende

Gianluca Mückes und Berat Ucars Tag als Duo war mit dem Schlusspfiff im E-Junioren-Spiel nicht zu Ende. Weiter ging es zur Glückauf-Kampfbahn. Ucar war dort ab 15 Uhr Schiedsrichter beim C-Junioren-Spiel des SC Arminia Ickern gegen SV Wanne 11 (0:8). „Gianluca kann mir dabei zuschauen, wie gut oder schlecht ich ein Fußballspiel pfeife“, lacht Ucar.

Um 16.30 Uhr kickte Gianluca Mücke selbst für Arminia gegen den VfB Habinghorst (1:1). Es war ein langer Fußballtag für den 15-Jährigen und seinen Paten. Beide waren übrigens am 3. Dezember bereits das zweite Mal gemeinsam unterwegs. „Das C-Jugend-Spiel zwischen Westfalia Herne gegen TuS Haltern hatte Gianluca auch schon gut gepfiffen“, so der Pate. Vielleicht geht es nach der Winterpause im Duo weiter: Gianluca und Berat sind ja ein eingespieltes Team.

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