
© Johannes Kratz
Trotz Trainingsverbot: In Reitvereinen muss auch nun Betrieb herrschen
Corona-Krise
Sportvereine stehen in der Corona-Krise vor großen Herausforderungen – insbesondere Reitvereine. Dort steht der Tierschutz im Mittelpunkt. Besondere Maßnahmen müssen aktuell beachtet werden.
Frühzeitige Absagen von Reitveranstaltungen jeglicher Art, ausfallende Generalversammlungen und Arbeitseinsätze, die komplette Einstellung des Trainingsbetriebs: Auch die Reitvereine in der Region sind von der Corona-Krise betroffen. Und diese treffen die Maßnahmen gar noch mehr. Reitvereine müssen sowohl das Wohl des Tieres als auch das des Menschen im Blick behalten.
Denn die Reiter können die Halle nicht einfach abschließen und warten, bis das Kontaktverbot wieder aufgehoben ist, sie müssen sich weiter um ihre Vierbeiner kümmern. Auch wenn das Training ausgesetzt ist, so gilt kein generelles Reitverbot.
Das Tierschutzgesetz muss eingehalten werden
Geltendes Recht für alle Tierbesitzer ist das Tierschutzgesetz. Und somit ist man zur Pflege verpflichtet und berechtigt. Und dabei gilt es nun, besondere Vorschriften einzuhalten.
Auch beim ZRFV St. Martin Stadtlohn steht (fast) alles auf null. Auf seiner Facebookseite schreibt der Verein treffend: „Die aktuelle Situation erfordert konsequentes Handeln.“ Der Schulbetrieb mit den Schulpferden ist ausgesetzt – ebenso wie das Springtraining. Der Vorstand weist ausdrücklich darauf hin, dass die Anlage nur von Vereinsmitgliedern zur Versorgung der Pferde zu betreten ist.
Mitglieder wurden früh sensibilisiert
Ähnlich geht der RFV Südlohn-Oeding vor. Auch dort dürfen aktuell nur die Pferdebesitzer zum Bewegen ihrer Pferde die Anlage betreten, bei Kindern mit maximal einer Aufsichtsperson. Den Mitgliedern wurden die Empfehlungen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) ausgehändigt, die Empfehlungen des Landes wurden ausgehängt.
„Wir haben mit dem Aussetzen des kompletten Trainingsbetriebes schon in der KW 11 dafür gesorgt, dass unsere Mitglieder früh sensibilisiert wurden“, so der Vorsitzende Jürgen Petershagen. Mit seinen Vorstandsmitgliedern schaut er nun häufiger an der Anlage vorbei – und „es klappt“: „Alle haben sich mit der Lage arrangiert.“ Dass die Kontakte erheblich reduziert werden können, dabei komme den Mitgliedern auch die weitläufige Anlage zugute.
Der RZFV Ahaus hat seine Reitsportveranstaltungen im März bereits absagen müssen. Auch dort ruht der Betrieb, „bis eine offizielle Freigabe der Stadt und des Kreises vorliegt“, heißt es auf der Homepage. Auf der Reitanlage gelten bis zur Freigabe durch die Behörden alle vorgeschriebenen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus. Reiter und Pferdebesitzer mögen sich auf der Anlage ausschließlich zur Versorgung und Bewegung ihrer Pferde aufhalten.
Maßnahmenkatalog der Reiterlichen Vereinigung
Regelungen zur Gefahrenabwehr hat auch der Vorstand des ZRFV Legden aufgestellt. Die wichtigste Grundregel: Abstand zu anderen Personen halten. „Nach den vorliegenden Erkenntnissen sehen wir auf unseren Reitanlagen kein zusätzliches Infektionsrisiko, wenn wir uns alle verantwortungsbewusst verhalten“, teilt der Verein auf seiner Homepage mit. Auch andere Mitglieder seien darauf hinzuweisen, wenn Verstöße gegen diese Regel beobachtet werden.
Wer mögliche Symptome einer Infektion bei sich oder Personen im direkten Umfeld bemerkt, ist von der Nutzung des Vereinsgeländes ausgeschlossen – bis zum Abklingen der Erkrankung. Die Anzahl der Pferde, die sich gleichzeitig in der Halle oder auf dem Platz befinden, ist zu begrenzen. Falls sich vereinsfremde Personen in den Reithallen aufhalten, sei jedes Mitglied berechtigt, „in freundlichem Ton auf die Sperre hinzuweisen und das Hausrecht geltend zu machen“.
Auch der ZRFV verweist auf den Maßnahmenkatalog der FN vom 17. März, in dem die tägliche Tierkontrolle und täglich mehrstündige Bewegung vorgeschrieben sind. Die FN erklärt, dass Reitanlagen in Abstimmung mit Aufsichtsbehörden als „Landwirtschaft“ beurteilt werden und nicht unter die einschränkenden Regelungen für Sportvereine fallen. Das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hält dabei einige Punkte als essentiell für physisches und psychisches Wohlbefinden von Pferden.
Turniere wohl erst wieder nach den Sommerferien
Und wie sieht es bei den Sportlern aus? „Wir haben strenge Regeln zu beachten, müssen die Pferde natürlich bewegen“, berichtet Reto Weishaupt (RV Ahaus-Ammeln). Wann er endlich wieder ins echte Training einsteigen kann, das vermag er noch nicht zu sagen. „Wir hoffen, dass wir uns ab August wieder auf Wettbewerbe vorbereiten dürfen. Das ist aber alles Spekulation“, erklärt der Schweizer, der zuletzt Weihnachten in der Heimat zu Besuch war. Aktuell ziehe er es vor, im „zweiten Zuhause“ zu bleiben.
Wenn es denn unvermeidbar zu Kontakten auf der Anlage – vor allem in den Ställen – kommt, dann gelten in allen Vereinen wichtige Schutzmaßnahmen: keine Begrüßungsrituale, Handhygiene oder das Tragen von Handschuhen – und natürlich Abstand halten. „Und wer sein Pferd versorgt hat, der macht sich wieder auf den Weg nach Hause.“ In diesen Tagen klingt der Rat des Reitvereins St. Martin Stadtlohn vernünftiger denn je. Bis das Vereinsleben wieder anlaufen darf…