Ein Bild, das für Franz-Josef Becking mit einem großen Erfolg verbunden ist: 2016 bejubelte er zunächst die Meisterschaft mit dem SuS Stadtlohn II, später gelang im Entscheidungsspiel auch der Aufstieg.

© Sascha Keirat

Doc Becking hört auf: „Habe noch nie so viele Tränen vergossen“

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Im Fußballkreis ist er bekannt wie ein bunter Hund. Schließlich wirkte Franz-Josef „Doc“ Becking 56 Jahre lang auf den Plätzen der Region. Nun ist für ihn Schluss – und er blickt mit uns zurück.

Stadtlohn

, 17.06.2020, 17:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Sein Karriereende hatte sich Franz-Josef „Doc“ Becking anders vorgestellt, als vom Coronavirus in den vorzeitigen Fußball-Ruhestand geschickt zu werden. Doch auch so blickt der Stadtlohner zufrieden auf seine lange Zeit als Spieler und Coach zurück.

Seit Mitte März hat der Amateurfußball fast drei Monate lang geruht. Wie haben Sie den Abbruch erlebt?
Dass das Ende so abrupt kam, war natürlich überraschend und nicht schön. Aber die Gesundheit steht über allem, da war mein Abschied wirklich nicht so wichtig.

56 Jahre waren Sie im Geschäft. Wann und warum haben Sie entschieden, dass jetzt Schluss sein soll?
Das war letztes Jahr, also nach der Saison 2018/19. Das war eine der schlechtesten Saisons, die wir jemals gespielt haben. Da habe ich mir gesagt: Jetzt wird‘s Zeit für mich, da müssen neue Leute ran. So kann ich erhobenen Hauptes gehen, ohne dass ich vom Platz getragen werden muss. Ich denke auch, dass der Verein mit Martin Arends einen passenden Nachfolger gefunden hat, er wird seine Sache gut machen.

Ihr Heimatverein SuS konnte Sie wegen der Coronakrise nicht so verabschieden wie geplant. Wie ist das vonstatten gegangen?
Richtig, die persönliche Verabschiedung ist nicht zustande gekommen. Aber was Rudi Schipper, Andreas Disseler und Jürgen van Almsick sich stattdessen ausgedacht haben, war unglaublich. Und zwar haben Sie eine Hommage an mich als Video erstellt. 76 ehemalige Weggefährten, also Spieler und Trainer, haben Videobotschaften für mich aufgenommen. Der ganze Film mit vielen Fotos aus alten Zeiten hat 1:50 Stunden gedauert. So konnte ich die ganzen Jahre noch mal Revue passieren lassen – und ich habe – so glaube ich – noch nie so viele Tränen vergossen, weil es einfach so emotional war. Mit so einem Geschenk hatte ich wirklich nicht gerechnet, das ist eine bleibende Erinnerung.

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In Ihren 30 Trainerjahren haben Sie viel erlebt, etliche Erfolge gefeiert. Welcher war für Sie der größte?

Da muss ich mal überlegen, denn 30 Jahre sind wirklich eine lange Zeit. Ich bin fünfmal Meister geworden, damit kann ich sehr zufrieden sein. Über dem reinen sportlichen Erfolg stand für mich aber immer der Zusammenhalt einer Mannschaft. Die Charaktere, das Verhältnis untereinander, die Mentalität – diese Dinge waren mir sehr wichtig und letztlich auch der Schlüssel zum Erfolg. Denn ich bin auch mit Mannschaften Meister geworden, die nicht unbedingt die besten in der Liga waren. Ich glaube, dass ich als Trainer ein Menschenfänger war und Leute von einer Sache überzeugen konnte. Vielleicht war das der größte Erfolg.

Welche war denn die stärkste Mannschaft, die sie je trainiert haben?
Also da fallen mir als erstes die „Millennium-Meister“ ein, also die zweite Mannschaft in Stadtlohn, die 2000 in die Bezirksliga aufgestiegen ist. Aber auch das SuS-Team, das 2016 aufgestiegen ist, war klasse. Da hatte uns keiner auf dem Zettel und der Aufstieg ist dann auch spektakulär mit Entscheidungsspiel und Elfmeterschießen zustande gekommen. Auch an die Mannschaft von Adler Weseke, wo ich meine erste Trainerstation hatte und wir sofort aufgestiegen sind, habe ich gute Erinnerungen. Beim FC Vreden hatte ich eine sehr gute Truppe, aber da hat man immer gesagt: Mit der Mannschaft wäre auch der Platzwart aufgestiegen.

Und wer war der beste Fußballer, den Sie je trainiert haben?
Da könnte ich viele Namen nennen und würde sicher nicht allen gerecht werden. Aber ein Christian Lansing steht da sicher ganz weit oben. Oder auch Birger Puszcz und in der jüngeren Vergangenheit Kevin Bockhorn.

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Ein Blick auf Ihre Zeit als Spieler: Sie haben in Schöppingen und Rhede in der Oberliga gekickt, dazu in Weseke, Vreden, Oeding, Wüllen und natürlich in Stadtlohn bei DJK und SuS. Waren Sie mit Ihrer Laufbahn zufrieden, so wie sie verlaufen ist?

Absolut. Ich habe mehr erreicht als ich für möglich gehalten hätte. Ich hätte sogar die Chance gehabt, in den Bundesligabereich zu kommen. Zu meiner Zeit in Rhede hat sich der MSV Duisburg für mich interessiert. Die waren damals in der Bundesliga mit Bernhard Dietz und anderen. Ich war 23 und habe dann zwei Tage unter Trainer Kuno Klötzer mittrainiert und in einem Testspiel zwei Tore geschossen. Da wollte der Trainer mich dazu nehmen. Der Vertrag liegt heute noch in meinem Keller, die Duisburger haben ihn unterschrieben, aber ich nicht. Ich habe mich damals für meinen Beruf bei der Bank entschieden und diese Entscheidung bis heute nicht bereut. So habe ich im ambitionierten Amateurbereich weitergespielt und habe eine tolle Zeit gehabt. Sonst hätte ich ja auch nicht erst mit 46 Jahren aufgehört.

Doc Becking im Dialog mit Schiedsrichter Daniel Fischer.

Doc Becking im Dialog mit Schiedsrichter Daniel Fischer. © Sascha Keirat

Gibt es denn eine Erfahrung, also einen Verein oder eine Saison, die Sie gern aus Ihrer Erinnerung streichen würden?

Nein, ich bin eigentlich bei allen Vereinen glücklich geworden. Na klar gibt‘s überall auch mal Leute, die einem nicht so sympathisch sind. Aber grundsätzlich war ich immer ein offener Typ, bin auf Menschen zugegangen, was vieles einfacher gemacht hat. Auch heute treffe ich auf fast jedem Fußballplatz Leute, mit denen ich mich an eine schöne gemeinsame Zeit erinnern kann.

Über welche Situation können Sie heute noch schmunzeln?
Ach, da gibt es etliche. Die Geschichte mit Thorsten Legat habe ich schon öfter erzählt. Bei einem Spiel mit der Traditionself des VfL Bochum, wo ich dank Rob Reekers auf der Bank saß und Thorsten Legat dachte, ich sei wirklich Arzt, weil mich ja alle Doc nennen. Er legte sich auf den Boden und zeigte mir seine Wade, die ihm wehtat. Ich habe ihm dann gesagt, dass er auf keinen Fall weiterspielen kann, weil ich ja unbedingt spielen wollte. Das war sicher ein Highlight.

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Als Trainer an der Seitenlinie haben Sie meist „Vollgas“ gegeben. Wo lassen Sie diese Energie jetzt ohne Fußball?
Als Rentner habe ich mir da schon vorher zwei Projekte gesucht. Zum einen arbeite ich ehrenamtlich beim Johannes-Förderwerk in Stadtlohn, zum anderen als Lesepate an der Hordtschule. Beides macht mir viel Spaß und ich kann etwas zurückgeben für all das, was ich im Leben bekommen habe.

Wird man Sie denn auch regelmäßig als Zuschauer an den Fußballplätzen der Region treffen?
Erst mal will ich schon ein bisschen Abstand vom Fußball gewinnen. Aber so ganz ohne wird‘s auf Dauer natürlich nicht gehen. Ich freue mich schon darauf, mir zum Beispiel mal ein Bezirksligaderby in Gescher, Ramsdorf oder wo auch immer anzuschauen. Auch in Vreden gibt es sicher das ein oder andere interessante Oberligaspiel.