Der BVB spielt in der Familie offensichtlich auch heute noch eine Rolle: Ex-Fußballer Uwe Seggewiß mit seiner Frau Mona und den beiden Söhnen.

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Anekdoten mit Brinkmann, Sammer und Co.: Uwe Seggewiß blickt auf seine Laufbahn zurück

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Er stand mit Stars auf dem Platz, blieb aber immer bodenständig. Zehn Jahre nach dem Laufbahnende blickt Uwe Seggewiß zurück auf seine Zeit beim BVB, beim SC Preußen – und einen verpassten Anruf von Matthias Sammer.

Stadtlohn

, 25.04.2021, 15:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Heute lebt Uwe Seggewiß in der Idylle des Münsterlands. In einem Holzhäuschen in Hausdülmen, nicht weit entfernt vom Silbersee. Die turbulenten Zeiten als Halb-Profi und Untermieter einer Dortmunder Kneipe hat der Stadtlohner längst hinter sich gelassen. Auf seine Laufbahn blickt er knapp zehn Jahre nach dem letzten Punktspiel gern noch mal zurück und erzählt Anekdoten mit Ansgar Brinkmann, Matthias Sammer und anderen.

„Man kann ja immer sagen, dass man vielleicht mehr hätte erreichen können. Aber im Rückblick bin ich einfach sehr zufrieden, wie es für mich gelaufen ist. Dafür, dass ich aus dem kleinen Stadtlohn komme, habe ich einen guten Weg gemacht“, fasst Uwe Seggewiß zusammen. „Und vor allem bin ich froh, dass ich kaum verletzt war und meine Knochen nicht bis zum Letzten hingehalten habe. So kann ich heute noch meine Joggingrunden drehen.“

Familienplanung hatte Vorrang

Er war erst 31, als er sich entschloss, das Kicken sein zu lassen. Zum einen wegen des gesundheitlichen Aspekts, zum anderen, weil die Familienplanung zu der Zeit im Vordergrund stand. Der damalige Oberligist Sportfreunde Lotte, die letzte Station des Stadtlohners im gehobenen Amateurbereich, hätte den Vertrag mit Seggewiß gern noch verlängert, wie er sagt.

Aber er ließ sich nicht mehr umstimmen, seine Laufbahn stattdessen noch ein Jahr lang bei der TSG Dülmen in der Landesliga ausklingen. „Ich habe damals, ohne lange nachzudenken, als Spielertrainer zugesagt. Doch ich musste ziemlich schnell feststellen, dass das Trainerdasein nicht so mein Ding ist.“ So war die Saison 2010/11 beider TSG seine letzte.

Begonnen mit dem Fußball der heute 41-Jährige bei der DJK Stadtlohn. „Obwohl wir am Alten Dyk gewohnt haben und der SuS eigentlich näher dran war, bin ich mit einem Kumpel immer durch die halbe Stadt zur DJK gefahren. Das war ein toller, familiärer Verein, ich hatte dort viel Spaß und habe in einem sehr erfolgreichen Jahrgang gespielt“, erinnert sich Seggewiß. Doch irgendwann rückten doch die sportlichen Ambitionen in den Vordergrund. „So bin ich dann in der B-Jugend gemeinsam mit meinem Kumpel Sebastian Wessels zum SuS gewechselt.“

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Dort gelang dem Blondschopf dann auch der Sprung in den Oberliga-Kader unter Trainer Wolfgang Ahlefelder. Allerdings nicht auf Anhieb. „Im ersten Jahr habe ich noch viel in der Zweiten gespielt, mit der ich dann auch Kreisliga-Meister geworden bin.“ Doch nach dem Trainerwechsel beim Oberligateam – Manfred Ostendorf übernahm – setzte sich auch Seggewiß durch. „Er hat mich vom linken Mittelfeldspieler zum Innenverteidiger umgeschult. So habe ich dann mit Stephan Börsting und Jörg Thor die Dreierkette gebildet.“

Doch in einem Spiel, das seine Laufbahn entscheidend verändern sollte, ließ Ostendorf Seggewiß als Sechser auflaufen. In dieser Begegnung mit den Amateuren des FC Schalke schaute Hörst Köppel zu, damals Coach bei Borussia Dortmund II. „Ich habe ein richtig gutes Spiel gemacht und kaum einen Zweikampf verloren“, weiß der Stadtlohner noch gut.

Autogrammstunde: Beim BVB II zählte Uwe Seggewiß zu den Leistungsträgern.

Autogrammstunde: Beim BVB II zählte Uwe Seggewiß zu den Leistungsträgern. © Archiv

Kurz darauf hatte Ostendorf, gleichzeitig Mitarbeiter von Seggewiß bei Hülsta, wo dieser gerade seine Ausbildung zum Industriekaufmann absolvierte, eine freudige Nachricht für seinen Schützling. „Er kam an meinen Schreibtisch und hat mir erklärt, dass der BVB Interesse an mir hat.“ Diese Gelegenheit wollte der damals 22-Jährige sich keinesfalls entgehen lassen: Neue Stadt, erste eigene Wohnung über der Kneipe Barrock, kurz vor dem BVB-Stadion, wo er auch das erste Date mit seiner heutige Ehefrau Mona hatte. Dazu die sportliche Herausforderung in der Regionalliga, damals dritthöchste Spielklasse.

Unter vielen schwarz-gelben Talenten zählte der Stadtlohner zu den erfahreneren Akteuren. Unter Trainern wie Horst Köppel, Uwe Neuhaus oder Theo Schneider entwickelte er sich zum Führungsspieler. Und er hätte eventuell sogar eine Chance bei den Profis erhalten. Während Seggewiß bei seinen Eltern in Stadtlohn war, versuchte Matthias Sammer, ihn zu erreichen und für ein Spiel mit in den Profikader zu nehmen. „Ich war damals, genau wie heute, aber nicht so Handy-affin. Das lag meist auf lautlos gestellt in der Schublade.“

BVB lässt Uwe Seggewiß nicht ziehen

So nahm Matthias Sammer einen anderen Amateur mit. „Das wäre vielleicht mal eine Chance gewesen, oben anzuklopfen. Aber vielleicht hätte es auch nicht geklappt – wer weiß“, nimmt Seggewiß die verpasste Gelegenheit nicht allzu tragisch. So blieb er eben bei der Reserve.

Obwohl er mit dieser in der Saison 2004/05 aus der Regionalliga Nord (damals mit Fortuna Düsseldorf, dem FC St. Pauli oder dem VfL Osnabrück) absteigen musste, bezeichnet Seggewiß diese Spielzeit als seine stärkste beim BVB. „Danach hatte ich auch Angebote aus der zweiten Liga, aber die Dortmunder haben mich nicht gehen lassen.

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Nach erfülltem Vertrag ging es ein Jahr später zum SC Preußen Münster, der gerade in die Oberliga abgestiegen war. Erste Mannschaft, Traditionsverein, deutlich gesteigertes Interesse von Medien und Fans – hier erlebte Seggewiß noch mal eine andere Facette. Münster wurde 2008 unter dem später sehr erfolgreichen Coach Roger Schmidt (heute PSV Eindhoven) Oberliga-Meister. Aufgrund der damaligen Ligenreform (Einführung der 3. Liga) blieb den Preußen aber der Aufstieg verwehrt.

In Münster lernte Seggewiß einen der imposantesten Mitspieler seiner Laufbahn kennen: den „Weißen Brasilianer“, Ansgar Brinkmann. „Ich durfte ihn in seiner letzten Saison begleiten, war sogar sein Banknachbar in der Kabine. Meinen Namen kannte er aber auch am Ende der Saison noch nicht. Er hat mich wegen meiner langen, blonden Haare immer nur ‚Surfer‘ genannt.“ Im Urlaub auf Juist habe er Brinkmann später zufällig wieder getroffen und sich super mit ihm verstanden. „Er wollte ich mich immer noch mal in Hausdülmen besuchen, das hat bisher aber wegen Corona noch nicht geklappt.“

Uwe Seggewiß im Trikot des SC Preußen, hier im Duell mit dem SuS Stadtlohn und Marcel Terhaar.

Uwe Seggewiß im Trikot des SC Preußen, hier im Duell mit dem SuS Stadtlohn und Marcel Terhaar. © Bernhard Mathmann

Ein Aufstieg mit den Münsteranern war Seggeweiß zwar nicht vergönnt, doch immerhin gewann er mit den Preußen zweimal den Westfalenpokal, ehe er zur Saison 2009/10 zu den Sportfreunden Lotte weiterzog. Obwohl Seggewiß unter dem dortigen Trainer Maik Walpurgis „so fit wie nie zuvor war“ und mit den Sportfreunden Vizemeister wurde, steuerte seine Laufbahn nun aufs Ende zu.

Eine Laufbahn, in der der einstige DJK- und SuS-Kicker mit Stars wie Sebastian Kehl, David Odonkor (als Mitspieler) oder auch Lukas Podolski (als Gegenspieler) und anderen auf dem Rasen stand, und doch immer bodenständig geblieben ist. „Es war mir immer wichtig, andere Dinge neben dem Fußball zu haben.“ So absolvierte Seggewiß während seiner Fußball-Zeit gleich drei Ausbildungen (Industriekaufmann, Tischler und Elektroniker) und arbeitete hinterher auch auf dem Bau.

„Der perfekte Job“: Heute Justizwachtmeister

Heute verdient der zweifache Familienvater sein Geld als Justizwachtmeister beim Amtsgericht. „Ich kann mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren und von den Aufgaben her bin ich eine Art Hausmeister. Auch wenn ich damit nicht reich werde, ist das der perfekte Job für mich.“ Den Kontakt zu seiner Familie in Stadtlohn pflegt er weiterhin genauso wie die Verbindung zu seinen Ex-Klubs.

Und obwohl er eine Trainerlaufbahn früh ausgeschlossen hat, wirkte er bis zur vergangenen Saison als F-Junioren-Coach in Hausdülmen, wo seine beiden Söhne die Schuhe schnüren. Wer weiß, vielleicht wächst dort die nächste talentierte Generation heran.