Peter Grethen ist von Politik elektrisiert
50 Jahre UWG
Seine Familie hat Legden schon vor über 100 Jahren elektrifiziert und modernisiert - in technischer Hinsicht. Peter Grethen kann aber auch für sich in Anspruch nehmen, die Gemeinde politisch elektrisiert und modernisiert zu haben. Die von ihm mitgegründete Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) feiert am Sonntag ihr 50-jähriges Bestehen.

Peter Grethen zeigt Kandidatenfotos der UWG aus den 60er Jahren und die dazugehörigen Druck-Klischees. Sein eigenes Porträt ist in der dritten Reihe zu finden (5.v.l.).
Blitzende Augen, behände Bewegungen und lebhafte Erinnerungen - wenn Peter Grethen aus dem Jahr 1964 berichtet, mag man kaum glauben, dass er damals schon 39 Jahre alt war. Denn das bedeutet: Demnächst kann Grethen seinen 90. Geburtstag feiern. Und noch immer fühlt er sich der UWG eng verbunden.
"Am Biertisch" begann vor einem halben Jahrhundert die Geschichte der Legdener UWG. Zusammen mit Hans Timpe und dem Junglehrer der evangelischen Schule, Manfred Pollert, spann Grethen die ersten Fäden einer Idee, die im damaligen Legden fast einer Kulturrevolution glich: Die Gründung einer neuen, bürgerlichen Wählergemeinschaft in Opposition zur CDU. So etwas hatte es damals im ganzen Kreis Ahaus noch nicht gegeben. Was war der Anlass? "Stillstand und Klüngel", sagt Peter Grethen. "Die CDU hatte eine erdrückende 90-prozentige Mehrheit mit Rat. SPD und FDP waren jeweils nur mit einem Ratsherrn vertreten."
"Entwicklung gelähmt"
Aus Grethens Sicht lähmte die Übermacht die Weiterentwicklung der Gemeinde: "Legden war damals vorwiegend agrarisch geprägt. Dazu gab es die gewerbliche Monostruktur der Möbelindustrie. Und daran wollte keiner etwas ändern. Neue Industrieansiedlungen wurden sogar verhindert."
Das passte sogar nichts ins Weltbild des umtriebigen Unternehmers. Sein Vater hatte schon 1907 mit Großonkel Christoph Michely die Elektrifizierung Legdens vorangetrieben. Die erste Windkraftanlage, das erste Kino, das erste Motorrad, das erste Auto und das erste Telefon mit der Telefonnummer "1": Familie Grethen hatte sich in Legden immer an die Spitze des Fortschritts gesetzt. Und dann schockten Peter Grethen und seine Mitstreiter 1964 die Honoratioren in Legden mit ihrem politischen Paukenschlag der UWG-Gründung.
"Mut gehörte dazu"
Grethen kann heute darüber schmunzeln: "Es gehörte schon ein bisschen Verwegenheit dazu." Und wohl auch Mut. Pfarrer und Geschäftspartner rieten ihm damals dringend, es sich noch einmal anders zu überlegen. Doch das taten die Unabhängigen nicht und traten im September 1964 zur Kommunalwahl an.
Zuvor hatten sie in einem Flugblatt versichert "parteipolisch unhabhängig" zu sein und "nur mit christlichem Gedankengut zu vereinbarende Ziele" zu verfolgen.
"Korrektiv"
Die Wahl endete mit einem Erdrutsch, den niemand - auch nicht die Unabhängigen selbst - erwartet hatte. Auf Anhieb errang die UWG mehr als ein Viertel der Wählerstimmen und fünf Mandate. Grethen gewann seinen Wahlkreis sogar direkt. Bei der anschließend Bürgermeisterwahl im Rat scheiterte Grethen nur knapp gegen den damaligen Amtsinhaber Hermann Buss.
Die UWG ist seither wie in ein wichtiger Faktor in der Legdener Kommunalpolitik. Ihr Beispiel machte auch im ganzen Kreis Schule. Auch wenn es in Legden zu einer Mehrheit nie reichte, zieht Grethen ein positive Bilanz: "Wir sind ein wichtiges demokratisches Korrektiv."
Geburtstagsfeier mit Verspätung
1964 trat die UWG Legden erstmals bei einer Kommunalwahl an. Das heißt: Der 50. Geburtstag hätte schon im vergangenen Jahr gefeiert werden können. „Wir haben uns aber bewusst dagegen entschieden“, so der Vorsitzende Heinz Gausling. „Wir wollten unser Jubiläum nicht im Wahljahr feiern.“ Das soll am kommenden Sonntag mit einem Empfang für Mitglieder und geladene Gäste im Landhotel Hermannshöhe nachgeholt werden.