Hildegard Wörmer hat die Zeit angehalten: In ihrem Geschäft für Uhren, Schmuck und Optik ist sie auch im gereiften Alter weiter im Einsatz.

Hildegard Wörmer hat die Zeit angehalten: In ihrem Geschäft für Uhren, Schmuck und Optik ist sie auch im gereiften Alter weiter im Einsatz. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Hildgard Wörmer ist auch mit 85 Jahren weiter als Uhrmacherin aktiv

rnFamilientradition

Ein Besuch in der Hauptstraße 16 ist eine Zeitreise: zurück in die 1970/80-er Jahre. Auch Geschäftsinhaberin Hildegard Wörmer hat offenbar die Zeit angehalten, ist mit fast 85 weiter aktiv.

Legden

, 03.06.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

In diesem Geschäft „H. Wörmer, Uhren, Schmuck und Optik“ ist alles retro. Das ist aber keinesfalls eine clevere Marketing-Idee wie in einem angesagten Szene-Viertel, sondern dem Festhalten von Ladeninhaberin Hildegard Wörmer an der Familientradition geschuldet. Ja, alles sieht noch genauso aus wie zu der Zeit, als Vater Josef die Geschäfte seiner Tochter übergeben hatte. Das war 1981.

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Die Regale, in denen auf der einen Seite Schmuck -Ketten, Ohrringe, Armbänder und mehr, auf der anderen Seite Uhren aller Formate und Qualitäten sowie Brillen angeboten werden, werden vermutlich schon damals genauso ausgesehen haben.

Das alles ist die Visitenkarte, zeigt, wofür bis heute das Geschäft an der Legdener Hauptstraße steht: für den Verkauf von Schmuck, Uhren und Brillen und vor allem für kompetente Beratung. Und das seit 1933. Bereits 1929 hatte sich Josef Wörmer aus Coesfeld nach seiner Lehre und Meisterausbildung bei Abeler in Münster, um eine Zulassung in Legden bemüht und war erstmal gescheitert. „Wir haben schon einen Uhrmacher und brauchen keine zweiten“, hieß es.

Josef aber gab nicht auf, kaufte das Haus an der Hauptstraße 16. Seine Frau Maria, die er 1933 geheiratet hatte und ausgebildete Modefachfrau und Modistin war, hatte ebenfalls an der Hauptstraße ein Geschäft.

Mit Beharrlichkeit zur Geschäftseröffnung

Und Josef Wörmers Beharrlichkeit hatte Erfolg, vom damaligen Bürgermeister bekam er die Zusage für die Eröffnung eines Uhrengeschäftes. Der Zweite Weltkrieg stoppt allerdings zuerst die geschäftliche Weiterentwicklung. „Die Fachkenntnis meines Vaters wurde in einer Flugzeugproduktion in Schwelm gebraucht und meine Mutter musste sich da um zwei Geschäfte kümmern“, beschreibt Hildegard Wörmer diese schwere Zeit. Unterstützung bekommt Maria Wörmer von ihrer Schwester.

Bereits 1936 wird die erste Tochter geboren, es folgen Hildegard 1937 und eine weitere Tochter 1941.

Das Geschäft an der Hauptstraße 16 sieht auch anno 2022 so aus wie 1978, als es komplett modernisiert wurde.

Das Geschäft an der Hauptstraße 16 sieht auch anno 2022 so aus wie 1978, als es komplett modernisiert wurde. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Nach dem Krieg gehören an der Hauptstraße 16 bereits Uhren und Schmuck zum Geschäftsfeld, Optik kommt später dazu. Außerdem verlegt Maria Wörmer ihr Modegeschäft hierher. Hildegard Wörmer: „Vater und Mutter haben sich das aufgeteilt.“ Noch immer hört sie ihren Vater sagen: „Eine Tochter bekommt das Geschäft.“

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Dass sie das sein sollte, daran denkt sie zuerst nicht, lässt sich aber auch durch Zureden des Vaters darauf ein, eine Lehre als Uhrmacherin im Familienbetrieb zu beginnen und auch die Optiker-Lehre in Münster anzuschließen. Zu der Zeit eine seltene Berufswahl für eine Frau. Im Meister-Lehrgang ist sie sogar alleine unter Männern.

Seit 1981 trägt Hildegard Wörmer die Verantwortung

1978 wird das Fachgeschäft Wörmer modernisiert, bekommt eine komplett neue Einrichtung, die bis heute so geblieben ist. Und Hildegard Wörmer ist mittendrin. Immer wieder ist es Vater Josef, der gut zuredet und sagt: „Du schaffst das“. Auch, als er nach dem Tod der Mutter seiner Tochter Hildegard 1981 die alleinige Verantwortung übergibt. Die lässt sich auf den Versuch ein und sagt heute: „Aus dem Versuch sind mittlerweile über 40 Jahre geworden.“

40 Jahre, in denen sie, wie sie feststellt, eigentlich nur gearbeitet habe. Auch Heiraten ist für sie kein Thema: „Ich war mit dem Geschäft verheiratet, und es macht mir einfach immer noch Spaß.“ Wer die Energie, den Enthusiasmus erlebt, mit der sie von ihrem Arbeitsleben erzählt, glaubt das sofort. Nur zwischendrin kommt ihr mal der Gedanke ans Aufhören, hat aber gleich das passende Gegenargument: „Ich habe doch immer nur gearbeitet, und richtig gerne, was sollte ich denn plötzlich mit soviel Freizeit anfangen?“

Die Kunden, die ihr zum Teil schon ganz lange die Treue halten, wissen das zu schätzen. Also macht sie erst einmal weiter, auch wenn sie in diesem Jahr ihren 85. Geburtstag feiert. Ihrem Vater könnte sie aber schon längst sagen, dass er Recht hatte: Sie hat es wirklich geschafft.