So sieht ein glückliches Ehepaar nach 65 Jahren aus: Agnes und Leo Berning.

So sieht ein glückliches Ehepaar nach 65 Jahren aus: Agnes und Leo Berning. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Ein Fall von Liebe: Agnes und Leo Berning und ihr Leben im „Himmel“

rnEiserne Hochzeit

Wer im „Himmel“ wohnt, darf vielleicht damit rechnen, im Leben Glück zu haben. Bei Agnes und Leo Berning trifft das sogar doppelt zu – seit 65 Jahren sind sie als Ehepaar glücklich.

Legden

, 20.05.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Legden, Isingort 34, eine Adresse, die zum „Himmel“ gehört, wie dieser Teil der Bauerschaft genannt wird. Die ehemalige Hofstelle Borgert. Hier wohnen Agnes und Leo Berning und auch Sohn Wilhelm (Willi) und Ehefrau Iris. Für Agnes Berning geb. Borgert (Jg. 1931) ist der elterliche Hof schon ein Leben lang ihr Zuhause, für Ehemann Leo (Jg. 1930) erst seit ihrer Heirat im Jahr 1957. Der Junge aus der Nachbarschaft (Isingort 26) hatte schon ganz früh ein Auge auf das Mädchen von nebenan geworfen und später „eingeheiratet“.

Im Dorf erzählt man sich, dass die beiden schon von klein auf füreinander bestimmt waren. In den gemeinsamen Jahren habe es natürlich viele gute, aber auch schlechte Zeiten gegeben, betont Agnes Berning. Ehemann Leo ergänzt: „Wir haben das aber hinbekommen.“

Seit 65 Jahren bekommen sie es gemeinsam sogar sehr gut hin. Insofern ist die Eiserne Hochzeit am 22. Mai auch Anlass für ein Freudenfest. Und für die beiden Grund genug, um dankbar zu sein. Dankbar vor allem für die gemeinsame Zeit und den großen Zusammenhalt der Familie mit drei Töchtern und drei Söhnen, für 11 Enkel und drei Urenkel.

Arbeitseinsatz auf dem elterlichen Hof

Zurück aber auf Start dieser einzigartigen Verbindung, zurück zu den Kindertagen! In dunkle Zeit von Willkürherrschaft und Krieg. Agnes ist die jüngste von ursprünglich drei Borgert-Kindern. Der Bruder stirbt im Alter von 12 Jahren an Diphtherie, die ältere Schwester hat wenig Ambitionen, den Hof zu übernehmen, heiratet auf einen Nachbarhof. Daher ist schon früh klar, dass Agnes‘ Arbeitskraft auf dem Hof gebraucht wird. Zwar würde sie gerne Näherin werden, besucht dann aber doch die Landwirtschaftsschule, Hauswirtschaft inklusive.

Zuhause muss sie richtig mit anpacken, wird auf dem Hof mit Kühen, Schweinen, Hühnern überall eingesetzt. Aber da ist ja auch noch Leo, ebenfalls der Jüngste unter insgesamt sechs Kindern, der gerne zum Spielen zu ihr kommt. „Was Spielen damals bedeutete, kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen“, erinnern sie sich und erzählen. Von Knickern aus Glas, von selbst gebauten „Schlittschuhen“ oder von ersten Rauch-Versuchen mit tönernen Stutenkerl-Pfeifen. Früher habe man sich eben schon über die einfachsten Dinge gefreut.

Erinnerung an die alten Zeiten

Auch über das „Weihnachtsgeschenk“ von Berning senior zum Beispiel. „Vater hat Wasser auf ein Pättken gekippt, und für uns wurde das dann zur Schlittschuhbahn“, erinnert sich Leo Berning an echte Winter und wird von seiner Frau darin bestärkt: „Es lag regelmäßig so hoch Schnee, dass die Wege mit Pferd und Pflug freigelegt werden mussten.“

Mit der Zeit und nach gemeinsamen Volksschuljahren trennen sich die Wege der Nachbarskinder. Leo trifft sich inzwischen auch gerne mit Jungs aus der Nachbarschaft. Runden auf dem Motorrad sind für sie beliebter Freizeitspaß. Außerdem beginnt er eine Lehre in der Holzschuhfabrikation Droppelmann, wo er insgesamt 40 Jahre bleibt.

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Ganz aus den Augen verlieren sich die beiden aber nicht. Leo ist auch bei den recht strengen Borgert-Eltern ein gern gesehener Besucher. Wie aus den alten Freunden dann aber ein Paar wird, selbst wie und wann es zum ersten Kuss kommt, wissen beide nicht mehr oder wollen es lieber für sich behalten: „Vielleicht war es beim Schützen- oder Erntedankfest“ – selbst Sohn und Schwiegertochter kennen die Details von damals nicht.

Fest steht aber, dass 1956 Verlobung und 1957 Hochzeit gefeiert wurde. Auch wenn Agnes Berning versichert, dass das deswegen wichtig war, weil die Arbeitskraft des Verlobten dringend erforderlich war – es muss auch Liebe im Spiel gewesen sein.

Für das Ehepaar kein Zuckerschlecken

Von rosaroten Ehejahren nach heutigem Verständnis kann allerdings nicht die Rede sein. Für beide beginnt mit der Heirat auch eine Doppelbelastung. Die Ehefrau schmeißt nicht nur nach wie vor zusammen mit den Eltern den Hof, sondern wird auch Mutter von sechs Kindern und übernimmt den Hauptteil der Erziehung: „Als 1963 die Zwillinge geboren wurden, hatte ich fünf Kinder unter sechs Jahren.“

Eine Herkules-Aufgabe. Selbst, als sie mit den Zwillingssöhnen hochschwanger ist, arbeitet sie bis zum Schluss mit. Einzige Erleichterung bei der Gartenarbeit in der Hocke: ein Stuhl am Rand, der ihr das Aufstehen erleichtert.

Ehemann Leo ist nicht nur Holzschuhmacher, sondern auch nebenbei Landwirt, packt überall mit an. Heißt: Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker, dann werden die Tiere gefüttert, bevor er zum Arbeitsplatz fährt. Und für besondere Einsätze wie die Heuernte gewährt ihm der Chef dann Urlaub.

Alles in allem wahrlich keine Zuckerschlecker-Zeit. „Weiß selber nicht, wie wir das alles geschafft haben“, sagt der Jubel-Bräutigam. Offenbar weiß aber Agnes, die seit 65 Jahren den Namen Berning trägt, mehr: „Wir haben uns immer geliebt.“

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