
© Nils Dietrich
Den Heiligen Abend verbringen sie bei ihrer zweiten Familie
Weihnachten
Heiligabend verbringen die meisten Menschen mit ihren Liebsten. Das ist auch im Altenwohnhaus St. Josef der Fall. Hier leben die Senioren in Hausgemeinschaften – für sie sind ihre Mitbewohner Familie.
Ursula Hagedorn begeht in diesem Jahr ein rundes Jubiläum, wenn man das so sagen kann. Sie feiert bereits zum zehnten Mal Weihnachten in der Hausgemeinschaft 1 des Altenwohnhaus St. Josef.
Und sie freut sich auch in diesem Jahr wieder auf den Heiligen Abend, der für sie – wie für ihre anderen elf Mitbewohner – immer wieder etwas Besonderes ist: „Das ist richtig schön, man fühlt die innerliche Wärme“, erzählt sie. „Man hat das Gefühl, alle fühlen sich richtig wohl.“
In der Hausgemeinschaft leben stärkere und schwächere, mobile und bettlägerige Senioren zusammen. Im großen Gemeinschaftsraum mit der offenen Küche, der inzwischen weihnachtlich geschmückt ist, halten sich die Bewohner die meiste Zeit des Tages auf. Hier werden sie auch Weihnachten feiern, erklärt Präsenzkraft Sabine Roters: „Am liebsten sind die Bewohner Heiligabend hier, wir sind auch so etwas wie ein Familienersatz.“
Das Zusammenleben steht im Mittelpunkt
„Wichtig ist die Gemeinschaft“, stimmt ihr Hedwig Niehoff zu. Und sie weiß, was Gemeinschaft bedeutet, ist sie doch als drittältestes von 13 Kindern in der Bauernschaft vor den Toren von Legden aufgewachsen.
Lange ist das her, aber die Erinnerungen an diese Zeit sind sehr lebendig. „Weihnachten früher, da haben wir erst zusammen gebetet und gesungen, später am Herdfeuer gesessen und Gedichte aufgesagt“, blickt die 94-Jährige zurück. Geschenke gab es selbstverständlich auch.
„Weihnachten ist hier sehr feierlich“, erzählt sie. In der Hausgemeinschaft beginnt das Programm bereits am Nachmittag mit einem späten Kaffee. Dann kommt ein Chor, der für die Senioren singt, es wird noch Musik gespielt, alte Weihnachtslieder gesungen. Auch Glühwein gibt es, bevor die Bescherung auf dem Programm steht, das eigentliche Highlight. „Ich lasse mich überraschen, die haben immer was besonderes für uns“, sagt Hedwig Niehoff.
Vorfreude auf das Weihnachtsessen
Keine Überraschung wird das Essen, das ist mit den Bewohnern abgestimmt. In diesem Jahr gibt es eine Hähnchen-Zwiebel-Pfanne mit Röstis. Zum Nachtisch wird dann eine Rotwein-Spekulatius-Creme aufgetischt.
Das ist ganz nach dem Geschmack von Norbert Wensing, der sich „ein schönes Weihnachtsessen“ wünscht. Wobei er als Liebhaber von Wildbret besonders am ersten Weihnachtstag auf seine Kosten kommen dürfte. Dann steht Wildgulasch mit Rotkohl und Knödeln auf dem Speiseplan. Sabine Roters organisiert das Fleisch extra über ihren Sohn.
„Eine große Familie“
„Mir gefällt es hier gut, das wird hier gut gemacht zu Weihnachten“, berichtet der 67-Jährige. Letztes Jahr lag für ihn ein Pullover unter dem Weihnachtsbaum. „Jeder Bewohner erhält ein individuelles Geschenk“, erläutert Sabine Roters. „Es ist schön zu sehen, wieviel Freude die Bewohner daran haben.“
Das Zusammenleben und damit verbunden auch die gemeinsame Weihnachtsfeier hat auch für Ursula Hagedorn eine große Bedeutung, wie sie sagt: „Ich sehe uns alle hier als eine große Familie. Wir wissen alle, dass wir auf dem letzten Weg sind und dass wir den gemeinsam gehen.“
Ein wenig wie früher
Ihr Weg nach Legden war lang und mit vielen Umwegen, eigentlich kommt sie aus Kirchhellen. Mit ihrem Mann, der an Asthma litt, zog sie nach Salzuflen, der besseren Luft wegen, als die Kinder aus dem Haus waren. Und nachdem ihr Partner verstorben ist, zog es sie in die Nähe eines ihrer sechs Kinder – nach Legden.
„So ist es gekommen, dass das hier jetzt mein Zuhause ist“, schließt sie die Erzählung. Und nun feiert sie hier bereits zum zehnten Mal Weihnachten und möchte den heiligen Abend mit ihren Mitbewohnern nicht missen.
Früher seien sie zu Hause auch neun Personen am Tisch gewesen zu Weihnachten, ihr Mann, die Großmutter und die sechs Kinder: „Hier lebt das so ein bisschen weiter.“ Und der Geist der Weihnacht, der lebt in der Hausgemeinschaft 1 sowieso.