Gisela Sendfeld lädt alle einsamen und finanziell gebeutelten Menschen Heiligabend zu einer offenen Weihnacht in die Mutmachwerkstatt ein.

© Till Goerke

Offene Weihnacht: Traurige Schicksale für ein paar Stunden vergessen

rnHeiligabend 2021

Auch wenn es kaum vorstellbar ist: Auch in Heek gibt es Menschen, die Heiligabend alleine sind. Die Schicksale dahinter sind traurig. Doch die offene Weihnacht schenkt ein wenig Hoffnung.

Heek

, 23.12.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Weihnachten ist das Fest der Liebe. Die Familie kommt zusammen. Der Tannenbaum leuchtet. Es duftet nach köstlichem Essen und Geschenke warten darauf, ausgepackt zu werden.

Doch mitten unter uns gibt es Menschen, für die all das nur ein Traum ist. Auch in der Dinkelgemeinde.

Einsamkeit und/oder wenig Geld im Portemonnaie berauben diese Menschen um die wohl besinnlichsten Tage im Jahr. Während alle feiern, können sie nur zuschauen. Ein Umstand, den Gisela Sendfeld ändern will.

Offene Weihnacht für Jedermann

Sie lädt alle Betroffenen am Heiligabend in ihre Mutmachwerkstatt zu einer offenen Weihnacht ein. Auch Kurzentschlossene. Jeder, der diese Zeilen liest und am 24. Dezember nicht allein sein möchte, kann sich noch bei Giesela Sendfeld telefonisch (02568/9357580) melden.

„Es wird auch für mich ein erstes, spezielles Weihnachten“, sagt die gelernte Sozialpädagogin, die auch schon seit vielen Jahren als Trauerrednerin aktiv ist, als wir sie kurz vor Weihnachten in ihrer Mutmachwerkstatt besuchen. Einer gemeinnützigen Einrichtung.

In der Mutmachwerkstatt sollen die Menschen in der Gesellschaft wieder das Lächeln lernen, ungeachtet ihrer Schicksale. Auch bei der offenen Weihnacht.

In der Mutmachwerkstatt sollen die Menschen in der Gesellschaft wieder das Lächeln lernen, ungeachtet ihrer Schicksale. Auch bei der offenen Weihnacht. © Till Goerke

Der Weihnachtsbaum leuchtet, der Tisch ist auch schon weihnachtlich gedeckt. „Hier“, sagt Gisela Sendfeld und deutet in dem großen Raum auf die Küchenzeile, „werde ich für alle Gäste ein Überraschungsessen zaubern.“ Etwas Leckeres aus dem Ofen soll es werden. Mit Weihnachtsduft.

Und weil es eine gemeinnützige Einrichtung ist, muss auch niemand etwas bezahlen. Essen, Getränke und Geschenke sind umsonst. Ein Klavier steht auch bereit. Schließlich sollen auch Weihnachtslieder gesungen und entsprechend musikalisch begleitet werden.

Alterspanne der Gäste ist groß

Wenn man Gisela Sendfeld zuhört, wie sie über den Heiligen Abend und die offene Weihnacht spricht, wird schnell klar: Sie möchte es schaffen, dass die Gäste wenigstens für ein paar Stunden die für sie traurige Realität vergessen.

Und wer denkt, die bisher 15 angemeldeten Personen seien alterstechnisch jenseits der 70 Jahren, der irrt sich gewaltig. Die Alterspanne reicht von Mitte 20 bis über 80. Ebenso vielfältig sind die Gründe, warum diese Menschen die offene Weihnacht besuchen möchten.

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Bei dem einen, so Gisela Sendfeld, sei es die Einsamkeit, bei dem anderen finanzielle Engpässe. Und was sie dann über eine junge, dreifache Mutter erzählt, ist an Traurigkeit kaum zu überbieten.

Getrennt von ihrem Mann lebend habe sie einfach nicht genügend Geld, um den Kindern Geschenke und ein Weihnachtsessen bieten zu können. Aus Scham habe sie entschieden, die Kinder zum Vater zu schicken. Zum Wohle der Kinder.

Ein trauriges Schicksal

Um die Stunden am Heiligabend Zuhause nicht alleine verbringen zu müssen, fernab der Liebsten, habe sie sich kurzerhand dazu entschlossen, die offene Weihnacht in der Mutmachwerkstatt besuchen zu wollen.

„Ist das nicht einfach traurig?“ fragt Gisela Sendfeld, als sie die Geschichte der jungen Mama zu Ende erzählt hat. „Ich finde das ganz schrecklich. Solchen armen Menschen muss man doch einfach helfen, gerade an Weihnachten.“

Die Mutmachwerkstatt ist schon Tage vor Heiligabend weihnachtlich in Szene gesetzt.

Die Mutmachwerkstatt ist schon Tage vor Heiligabend weihnachtlich in Szene gesetzt. © Till Goerke

Dass Gisela Sendfeld, fünffache Mama und Oma, ihre Familie so selbst nicht sehen wird, ist kein Problem für sie. Im Gegenteil. „Als klar war, dass wir uns alle am ersten Weihnachtstag sehen, stand für mich fest, diese offene Weihnacht anzubieten.“ Mitte November fiel dieser Entschluss.

„Ich möchte einfach ein wenig Liebe, Nähe und Geborgenheit an diesem besonderen Tag jenen Menschen schenken, die es sonst so nicht erleben würden“, unterstreicht die Organisatorin der offenen Weihnacht in Heek.

Um 16 Uhr startet die offene Weihnacht

Um 16 Uhr startet das besondere Weihnachtsfest unter der 2G-Plus-Regel. Die Bürgerstiftung Heek-Nienborg unterstützt das Ganze mit einer großzügigen Spende und bietet sogar einen Fahrservice an. Auch weitere Gönner aus der Gemeinde unterstützen das Fest in der Mutmachwerkstatt finanziell.

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Unterstützung am Abend selbst hat Sendfeld nicht. Es ist praktisch eine One-Women-Show. „Vielleicht bin ich die Mut-Macherin für die Menschen, weil ich mir damit selber Mut mache.“

Und der Lohn? „Ein Lächeln“, lautet die Antwort. Das Traurige: Noch ist bei all der gelebten Nächstenliebe nicht klar, wie es mit der Mutmachwerkstatt im kommenden Jahr weitergehen wird.

Finanzielle Engpässe

„Ich stehe mit dem Rücken zu Wand“, räumt Sendfeld offen ein. Finanziell sehe es ganz düster aus. So traurig das auch sei, am 24. Dezember werde das keine Rolle spielen. Es gelte, gemeinsam den Moment zu genießen.

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„Wenn meine Gäste am Ende mit einem Lächeln nach Hause gehen, gibt das auch mir Kraft und Zuversicht.“ Wann das sein wird, ist offen. Ein fixes Ende ist nicht geplant. Lediglich 22 Uhr anvisiert.

„Wir schauen einfach, wie sich der Abend entwickelt“, blickt Gisela Sendfeld voller Vorfreude auf diesen speziellen Weihnachtsabend.