In Vollschutz arbeiten Ärzte und Medizinische Fachangestellten im Corona-Behandlungszentrum im Dorf Münsterland.

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Corona-Behandlungszentrum im Dorf Münsterland schließt

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Zwei Monate war die Festscheune im Dorf Münsterland die Praxis, in der Patienten mit Corona-Verdacht behandelt wurden. Ab 29. Mai schließt das Zentrum. Viele Ärzte waren beteiligt. Eine Bilanz.

Legden

, 19.05.2020, 17:50 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ende März: Der Blick nach Italien und Spanien alarmiert. In Deutschland geht es um fehlende Schutzmasken und Ausrüstung für die Ärzte. Das war der Hintergrund, vor dem die Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) Corona-Behandlungszentren (CBZ) eröffnete. Im Kreis Borken in Legden und Bocholt. Jetzt schließen sie wieder. Der 28. Mai ist der letzte Tag im Zentrum im Dorf Münsterland, der 26. Mai in Bocholt.

Dabei kommen immer noch Patienten. 20 bis 30 sind es am Tag. Nach dem Corona-Ausbruch bei Westfleisch wurden es wieder mehr. Mit bis zu 50 Fällen hatte es das Team dann wieder täglich zu tun. Anfangs, so berichtet Martina Schrage, waren es 90 bis 140 am Tag. Manchmal musste sogar ein zweiter Arzt hinzugezogen werden. Insgesamt beteiligten sich 18 Ärzte und 20 Medizinische Fachangestellte.

In Vollschutz arbeiten Ärzte und Medizinische Fachangestellten im Corona-Behandlungszentrum im Dorf Münsterland.

In Vollschutz arbeiten Ärzte und Medizinische Fachangestellten im Corona-Behandlungszentrum im Dorf Münsterland. © privat

Martina Schrage, die als Geschäftsführerin des Gesundheitnetzwerks Gemeinsam Westmünsterland für die KVWL die Organisation übernommen hat, erinnert an den Start: „Die Hausarzt-Praxen sollten geschützt werden. Es bestand die Gefahr, dass Praxen bei einem Corona-Fall zugemacht werden mussten.“ Stattdessen gingen alle Menschen, die befürchteten, sich mit dem Covid-19-Virus infiziert zu haben, ins Dorf Münsterland.

Patienten trauten sich nicht mehr zu ihrem Hausarzt in die Praxis

Und ein weiterer Aspekt war wichtig. Bernd Ballauf, Hausarzt in Legden und ärztlicher Leiter der CBZ Legden, erläutert: „Die Angst bei allen anderen Patienten war sehr groß. Viele trauten sich nicht mehr in die Praxis. Ich habe Fälle erlebt, wo sie bis zum letzten Moment gezögert haben.“ Manchmal mit dramatischen Folgen.

So richtig er den Aufbau des Behandlungszentrums fand, so richtig findet Bernd Ballauf die Entscheidung, das Zentrum jetzt wieder zu schließen. Die Situation ist heute eine andere als vor zwei Monaten, als in den Praxen die Schutzausrüstungen fehlten. Auch im CBZ gab es anfangs nicht immer ausreichend Material für Testungen. Heute ist das kein Problem. Und die Ängste in der Bevölkerung sind gesunken.

„Die Arztpraxen hatten diese acht Wochen Zeit, sich organisatorisch und in Bezug auf den Infektionsschutz gut aufzustellen“, sagt Ballauf. In seiner Legdener Hausarzt-Praxis Legden zum Beispiel wird jetzt ein zweiter Ausgang geschaffen. Patienten mit Covid-19-Verdacht werden sofort in ein Behandlungszimmer gebracht, in dem Arzt und Helferinnen in voller Schutzkleidung sind.

In den ersten Tagen war der Zulauf rasant

Zurück ins Behandlungszentrum. Bis zum 29. Mai stehen in der Festscheune, dort wo sonst Partys gefeiert werden, die Behandlungsliegen. Hier werden die Symptome abgeklärt, Krankschreibungen und Rezepte verteilt oder Abstriche gemacht, um den Virus nachweisen zu können. Patienten kommen mit Überweisung oder auch von sich aus. „Das hat sich schnell herumgesprochen“, so Martina Schrage.

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Von einem rasanten Zulauf nach dem Start spricht auch Bernd Ballauf. Ein Arzt und zwei Medizinische Fachangestellten sind in der Regel vor Ort. Sieben Tage die Woche. Anfangs vormittags und nachmittags, jetzt vier Stunden täglich. Vier Stunden unter Vollschutz und Maske – das ist sehr anstrengend, so Ballauf.

80 bis 90 Prozent der Patienten, so der Mediziner, hatten leichtere Infektionsanzeichen. Rund 10 Prozent sind noch ein zweites Mal gekommen. Nur ganz wenige Fälle mussten direkt vom Behandlungszentrum ins Krankenhaus gebracht werden – und das auch nicht immer wegen Covid-19, sondern auch wegen anderer Erkrankungen.

Deutsche Rote Kreuz hilft bei der Logistik

„Es wurden die richtigen Patienten geschickt“, lobt Bernd Ballauf die Kollegen in den Praxen der Region. Ein Beweis: An manchen Tagen lag die Abstrichquote bei überdurchschnittlichen 15 Prozent mit positivem Befund.

Der Parkplatz wurde zum Wartezimmer.

Der Parkplatz wurde zum Wartezimmer. © privat

Draußen vor der Tür half das Deutsche Rote Kreuz. „Vor allem am Anfang hätten wir es sonst nicht geschafft“, sagt Martina Schrage. Da standen viele Fahrzeuge auf dem Parkplatz, der damit zum riesigen Wartesaal wurde. Die DRK-Mitarbeiter leiteten dann die Patienten ins Behandlungszentrum.

Mithilfe gab es auch aus Legden. Jeden Tag brachten Legdener Kuchen- oder Schnittchen-Spenden für die Teams im CBZ und die DRK-Helfer, erzählt Martina Schrage hörbar begeistert. „Die Solidarität für unseren Einsatz aus der Bevölkerung war riesig in Form von Mails, SMS und Dankesworten.“

Hausarzt sollte weiter erst telefonisch kontaktiert werden

Eine positive Bilanz zieht auch Dr. Amin Osman, Leiter der KVWL-Bezirksstelle Borken. „Durch die Einrichtung der Corona-Behandlungszentren ist es uns gelungen, die ambulante ärztliche Versorgung für alle Patienten in der Region auch in den besonders herausfordernden ersten Wochen der Corona-Pandemie zu gewährleisten.“ Jetzt sei es an der Zeit, unter Berücksichtigung der angezeigten Hygienevorschriften, zum neuen, regulären Praxisalltag zurückzukehren.

Für Patienten, die Symptome einer Coronavirus-Infektion (wie beispielsweise Atemwegsbeschwerden oder Fieber) aufweisen, gilt weiterhin: „Kontaktieren Sie Ihren Hausarzt zunächst telefonisch und suchen Sie nicht unmittelbar die Praxis auf. Ihr Arzt wird das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen“, erklärt Dr. Osman.