Brutaler Faustschlag im Skala Aussagen-Komplott für einen Grillabend?

Brutaler Niederschlag im Skala: Aussagen-Komplott für einen Grillabend?
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Im Skala Musikpark (Dorf Münsterland) herrscht ausgelassene Stimmung. Es wird gefeiert und getrunken. Es ist der 3. Oktober 2021. Irgendwann zwischen 1 und 2 Uhr bildet sich draußen im Raucherbereich eine Menschentraube. Es wird unübersichtlich und hektisch.

Plötzlich liegt ein heute 32-jähriger Ahauser niedergestreckt von einem Faustschlag am Boden. Bis heute leidet er unter den Folgen, hat zwei Operationen hinter sich und Geschmacks- sowie Geruchssinn sind beeinträchtig. Das belegen ärztliche Schreiben und Atteste.

Urteil in erster Instanz

Der vermeintliche Schläger, ein heute 22-jähriger Legdener, „überführt“ durch die Aussagen eines angeblichen Zeugens, wurde im Mai 2022 vom Amtsgericht Ahaus wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Zahlung von 1800 Euro an den Geschädigten verurteilt. Zahlbar in Raten.

Dies aber sah der Legdener nicht ein und legte über seinen Anwalt Berufung ein. Klares Ziel: Freispruch vor dem Landgericht Münster. Und da wurde es mit Blick auf den einzigen Belastungszeugen hanebüchend. Die Staatsanwaltschaft denkt über ein Verfahren wegen vorsätzlicher Falschaussage nach.

Nur ein Belastungszeuge

Doch der Reihe nach. Der Ahauser selbst kann sich nicht daran erinnern, wer ihn niedergeschlagen hat. „Ich hatte einen Blackout, bin erst im Krankenhaus wieder zu mir gekommen“, führte der 32-Jährige aus.

Ein Bekannter habe nach dem Schlag nach Zeugen vor Ort gesucht. Daraufhin habe sich ein heute 32-jähriger Asbecker gemeldet, der den Schlag des angeklagten Legdeners gesehen haben will. Dieser wurde so zum einzigen Belastungszeugen.

Freispruch vor dem Landgericht Münster: Der in erster Instanz vom AMtsgericht Ahaus verurteilte Legdener (22) war mit seiner Berufung erfolgreich.
Freispruch vor dem Landgericht Münster: Der in erster Instanz vom AMtsgericht Ahaus verurteilte Legdener (22) war mit seiner Berufung erfolgreich. © Till Goerke

Den (telefonischen) Kontakt zum geschädigten Ahauser stellte jener Mann her, der sich auf Zeugensuche begeben hatte. Was dann folgte, ließ Verteidigung, Richter und Staatsanwaltschaft in der Verhandlung misstrauisch werden.

So soll der Ahauser noch aus dem Krankenhaus – dort war er zwei Tage stationär nach dem Schlag aufgenommen – telefonisch Kontakt zum Asbecker aufgenommen haben. Zum einen, um zu hören, was dieser gesehen habe und um ihm ein „Versprechen“ zu machen.

Grillabend zugesichert

Der Ahauser sicherte dem Asbecker zu, einen „Grillabend zu schmeißen“, wenn die Sache vor Gericht für ihn gut ausgehe. Stichwort Schmerzensgeld. Auf kritische Nachfrage des Richters, bestätigte der Ahauser das „Angebot“.

Er habe zweimal mit dem Asbecker telefoniert und sich nach dem Urteil am Amtsgericht auch „auf einen Kaffee“ mit ihm getroffen. Jetzt hatte der Verteidiger genug gehört.

Er witterte einen Komplott gegen seinen Mandanten. Stichwort Absprache inklusive falscher Anschuldigung. „Wenn sie kurz nach der Tat im Krankenhaus an ein Grillfest denken, halte ich das für bedenklich.“

Doch groß nachhaken musste der Verteidiger nicht. Denn das „Schauspiel“ wurde im Anschluss durch die Aussage des Asbeckers, also den einzigen Belastungszeugen, noch fragwürdiger. Aus gleich mehreren Gründen.

Gegenüber dem Richter sagte der Asbecker, er habe den Schlag durch den Legdener gesehen. Vor dem Saal – so die Ausführungen weiterer Zeugen – soll er sich gänzlich anders geäußert haben. Nach dem Motto: So genau habe er das auch alles nicht gesehen. Er sei ja stark angetrunken gewesen.

Viele Widersprüche

Und noch mehr. Entgegen der Ausführungen des geschädigten Ahausers sprach der Asbecker bei der Kontaktaufnahme von zwei persönlichen, zufälligen Treffen in Ahaus und Coesfeld. Telefonate habe es keine gegeben. Das Kaffeetrinken nach dem Termin im Amtsgericht räumte er aber ein.

Diese vielen Widersprüche, das „zweifelhafte Grill-Angebot“ sowie drei Zeugen, die den in erster Instanz verurteilten Legdener entlasteten, ließen am Ende weder Staatsanwalt noch Richter eine Wahl.

Das Urteil vom Amtsgericht wurde aufgehoben, der Legdener freigesprochen. „Wir konnten Ihnen die Tat hier in der Beweisaufnahme nicht nachweisen“, führte der Richter in der Urteilsbegründung aus. Es bleibt also unklar, wer den brutalen Schlag ausgeführt hat.

Zugleich kritisierte der Richter das Verhalten des vermeintlichen Belastungszeugen deutlich: „Was ihn da geritten hat, ist die große Frage.“ Und die Staatsanwältin machte deutlich, dass auf den Asbecker jetzt wohl ein Verfahren wegen vorsätzlicher Falschaussage zukommen werde.

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