
Rodeo-Organisator Alex Schwers freut sich auf etwa 8.000 Punk-Fans beim Ruhrpott-Rodeo am Wochenende neben dem Flugplatz Schwarze Heide. Es könnten aber durchaus ein paar mehr sein, findet er. © Stefan Diebäcker
„Das ist surreal!“ Ruhrpott Rodeo kehrt zurück auf die „Wiese“
Punk-Festival Ruhrpott Rodeo
Nach langer Coronapause kehrt das Ruhrpott Rodeo zurück auf die „Wiese“ neben dem Flugplatz Schwarze Heide. Organisator Alex Schwers findet’s „surreal“, macht sich bei aller Vorfreude aber Sorgen.
Die „Wiese“, wie sie gerne genannt wird, hat sich mal wieder verändert. Das hat Alex Schwers sofort gemerkt, als er nach fast drei Jahren wieder auf dem Festivalgelände war. Das karge Areal neben dem Flugplatz Schwarze Heide, auf dem seit 2008 das Ruhrpott Rodeo stattfindet, liegt in einem Bergbaugebiet. Da sind ständige Bodensenkungen natürlich normal.
Aber auch sonst ist - durch die Corona-Pandemie - vieles anders als 2019, als das letzte Punk-Festival über die Bühne ging. Ab Freitagmittag ist es wieder soweit.
Alex, ist da gerade mehr Vorfreude oder Nervosität?
Alles irgendwie, es ist gerade ein bisschen surreal, nach drei Jahren wieder hier zu sein. Es hat sich ganz komisch angefühlt. Wenn am Donnerstagabend die ersten Camper kommen, wird auch das ungewohnt sein. Es ist toll, dass es wieder losgeht, aber wir haben auch gemerkt, dass sich ganz viel verändert hat.
Was genau, außer dem Gelände?
Hier laufen zum Beispiel ganz andere Leute rum, die Hälfte der Crew ist neu. Vorher hatten wir zehn Jahre fast die gleiche Mannschaft. Wir mussten diesmal sogar einen Aufruf machen, um Helfer zu finden, und einige sind zwischenzeitlich wieder abgesprungen, dann mussten wir wieder suchen. Die Moral hat sich verändert, dabei zahlen wir eigentlich sehr gut.
Stichwort Geld: Alles ist teurer geworden, richtig?
Ja, leider! Wir brauchten neue Toilettenwagen, neue Duschwagen, weil wir die alten nicht mehr bekommen haben. Die Firmen gibt es teilweise nicht mehr. Es ist wirklich alles sauteuer geworden.
In einem Podcast hat du berichtet, wie du Klopapier kalkulierst. Was viele Fans mindestens genauso interessiert: Was kostet das Bier?
Etwas mehr als früher. Wir nehmen jetzt 3,60 Euro für einen 0,4-Liter-Becher. Das ist immer noch deutlich preisweiter als auf den meisten anderen Konzerten und Festivals.

Mit etwa 8.000 Fans rechnen die Rodeo-Macher von Freitag bis Sonntag. Das ist angesichts des wohl besten Line-Ups eine kleine Enttäuschung. © Ralf Pieper (Archiv)
Ihr habt das wohl beste Line-Up aller Zeiten. Wie lief der Vorverkauf?
Naja, es werden wohl etwa 8.000 Fans kommen, das entspricht den Vorjahren. Es wird voll, aber ich hatte schon mit mehr Leuten gerechnet, mit 10.000 vielleicht. Die wären im Normalfall auch gekommen, glaube ich.
Aber...?
Corona spielt sicherlich noch eine Rolle, viele sind krank oder haben Angst, sich anzustecken. Dann ist ja wirklich fast alles teurer geworden. Viele Leute sparen ein bisschen und verzichten eben auf ein Festival-Ticket. Und es gibt gerade viel zu viele Veranstaltungen, weil alles nachgeholt wird - Konzerte, aber auch Familienfeste. Das ist insgesamt etwas ernüchternd, weil natürlich nach zwei verpassten Festivals alle gedacht haben, es knallt. Aber wir kommen durch.
Du bist auch Schlagzeuger bei „Slime“ und am Freitagabend auf der Bühne. Wie geht das zusammen?
Gut, weil ich die Orga ja nicht alleine mache, auch wenn es meine Firma ist. Ich freue mich sehr auf den Auftritt, weil wir eine neue Platte und einen neuen Sänger haben. Von daher bin ich gerade etwas euphorisch. Ich sehe das Festival, an dem ich seit Monaten arbeite, von einer ganz anderen Seite, da freue ich mich richtig drauf.

Die US-amerikanische Folk-Punk-Band „Dropkick Murphys“ ist Headliner am letzten Festival-Tag. Seit Donnerstag ist klar: Unmittelbar davor spielen die Broilers. © picture alliance/dpa
Das Rodeo gilt als Punk-Festival. Vor drei Jahren war Blümchen da, diesmal kommt die Trash-Metal-Band Kreator...
Das Rodeo war ja nie ein hartes Festival, sondern immer schon ein wenig trashig-lustig. Na gut, Kreator ist sehr hart, und es ist ein Bruch, dass sie auf so einem Festival spielen. Genauso schwebt mir das aber vor: Grenzen überschreiten, über den Tellerrand schauen. Ich mag das. (Anmerkung der Redaktion: Am Tag vor dem Festival wurde bekannt, dass die Broilers am Sonntagabend als „Surprise Act“ auftreten).
Sind wirklich bekannte Bands in Zukunft noch finanzierbar?
Man muss sehen, wie sich das entwickelt. Wenn wir das Line-Up runterfahren oder die Eintrittspreise deutlich erhöhen, kommen auch weniger Leute. Es wird sich alles sortieren, auch Bands müssen ihre Gagen überdenken.
Denkt ihr über einen neuen Standort nach? Es gibt auf der „Wiese“ keine Infrastruktur. Ihr müsst wirklich alles, von Abwassertanks bis Stromgeneratoren, anliefern lassen.
Ja, das ist so und kostet viel Geld, aber es hat sich etabliert. Wir kennen hier alles, man ist umgeben von Leuten, die uns wohlgesonnen sind. Ich verteile Bänder an die Nachbarn, die sind dann alle happy. Die „Wiese“ ist super, macht den Charakter des Rodeos aus. Eine Alternative sehe ich nicht.
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
