Loblied ist "ein Trost für die Kahlen"
Helmut Kreul übersetzte
„Für die Kahlen dieser Welt ist dieses Buch ein Trost“, sagt Helmut Kreul lachend. Denn die Menschen, die nicht durch volles Haar auffallen, treten als die Besten hervor in der Medizin, der Jurisprudenz, der Literatur – sagt nicht der ehemalige Studiendirektor des Vestischen Gymnasiums, sondern der mittelalterliche Mönch Hucbald von St. Amand, dessen „Loblied auf die Kahlen“ Helmut Kreul übersetzt hat.

Helmut Kreul bewundert die Arbeit des mittelalterlichen Mönches Hucbald, dessen in 136 lateinischen Hexametern verfasstes „Loblied auf die Kahlen“ er übersetzt hat.
Durch Zufall war der 76-Jährige auf das Gedicht aus dem 9. Jahrhundert gestoßen. Ihn interessierte die Übersetzung „und im Internet findet man doch alles“, dachte er sich. Vom „Carmen de laude calvorum“ – dem Loblied auf die Kahlen – war jedoch keine neuere deutsche Übersetzung zu finden. Also machte sich der pensionierte Lateinlehrer selbst an die Arbeit, holte die alten Lexika vom Dachboden und klemmte sich ein halbes Jahr lang hinter die Übersetzung des Textes. „Manchmal musste ich knobeln“, gibt er zu.
„Sensationelle Arbeit“
Aber seine Begeisterung für das in 136 lateinischen Hexametern verfasste Loblied verlor er dabei nicht. „Es ist sensationell. Jedes Wort in dem Loblied beginnt mit C. Das ist zwar der meistgebrauchte Buchstabe im Lateinischen, aber dennoch hat Hucbald sich eine ungeheuer schwierige Aufgabe auferlegt“, sagt Kreul bewundernd.
Mönch Hucbald machte sich die Mühe wohl vor allem deswegen, weil mit diesem Buchstaben der Name Carolus Calvus (Kahl der Kahle) beginnt, der zu jener Zeit als König des westfränkischen Reiches regierte. Der Herrscher mit dem wenig schmeichelhaften Namen ist der Adressat Hucbalds, der – so berichten zeitgenössische Quellen – ebenfalls wenigstens schütteres Haar, wenn nicht gar eine ausgeprägte Glatze hatte. Der Mönch antwortet mit seinem „Loblied auf die Kahlen“ auf ein Schmähgedicht eines von Hucbald nicht namentlich genannten „Böhmermann des 9. Jahrhunderts“, sagt Helmut Kreul schmunzelnd, der die Schwäche des Königs – seine Glatze – zum Ausgangspunkt genommen hat.
Helmut Kreul liefert in seinem zweitgeteilten Buch zunächst witzige und wichtige Hintergrundinformationen zu Hucbald, Karl dem Kahlen und der Jagd nach dem Glatzen-Gen. Im zweiten Teil findet der Leser den Lateinischen Text und die Übersetzung.
Unentdeckte Texte
Eigentlich wollte Helmut Kreul die Übersetzung gar nicht veröffentlichen, aber irgendwann waren die Ergebnisse seiner Arbeit ein Ganzes und lesenswert, wie er befand. „Jetzt bin ich auf den Geschmack gekommen“, sagt der pensionierte Lehrer. „Es gibt noch so tolle Texte aus dem Mittelalter, die keiner kennt...“