
© Maria Dehling
Förderprogramm rettet ZRFV Kirchhellen vor Schließung
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Über 63.000 Euro bekommt der Kirchhellener Reitverein durch ein NRW-Förderprogramm. Jetzt sind die Mitglieder gefragt, denn der komplette Stall muss modernisiert werden.
Die Freude im Stall an der Vogelsrauh 30 war bei allen 330 Mitgliedern des Reitvereins ZRFV Kirchhellen riesig. Lange hatten sie gebangt, denn die Boxengrößen der Stallanlage aus den 80er-Jahren entsprachen nicht mehr den Leitlinien zum Tierschutz im Pferdesport. Das Geld fehlte, es drohte die Schließung.
Doch jetzt könne alle Mitglieder aufatmen: Ein Zuschuss von 63.130 Euro aus dem Förderprogramm „Moderne Sportstätten 2022“ vom Land NRW ist vom Stadtsportbund Bottrop bewilligt. Der Verein erfüllt die vorgegebenen Förderbedingungen genau, zielen sie doch konkret auf die sich im Eigentum befindlichen beziehungsweise langfristig gepachteten oder gemieteten Sportstätten ab.
20 Boxen müssen erneuert werden
Trotz des Förderzuschusses ist das gesamte Projekt nur mit viel Eigenleistung und Engagement umsetzbar. 20 Boxen müssen im laufenden Betrieb erneuert werden. Die Pferde stehen währenddessen in provisorischen Boxen. Auch diese müssen in Eigenregie aufgebaut werden. Die komplette Wasserversorgung inklusive der Tränken wird zudem erneuert. Die Sattelkammer wird aus dem Stallbereich entfernt, das schafft dann Platz für die größeren, neuen Ställe. Nur die sechs Boxen der Endmaßponys (bis 148 Zentimeter Stockmaß) bleiben unberührt.

Das Führungsduo Elke Kirchfink (Geschäftsführerin) und Corinna Grove verbringt nahezu jede freie Minute im Stall. © Maria Dehling
Alle im Verein müssen also nun die Ärmel hochkrempeln und anpacken. Corinna Grove vom Vorstand freut sich sehr über das Geld, hat aber auch Sorgen: „In Mülheim mussten drei Reitbetriebe dicht machen, sie konnten die neuen Richtlinien aus Kostengründen nicht umsetzen. Wir freuen uns wahnsinnig über die Förderung, stemmen können wir das aber nur in Eigenregie. Ein Problem ist, dass der Winter vor der Tür steht. Die angedachte Pferdeunterbringung auf der Weide ist nicht möglich, daher die provisorischen Boxen. Der Betrieb muss weiter laufen. Wir sind ein Wirtschaftsbetrieb – Soll und Haben müssen stimmen. Dabei ist es mir ganz wichtig, dass das gute Miteinander erhalten bleibt.“
Mitgliederzahlen sanken rapide
Der Reitverein hat in den vergangenen Jahren Höhen und Tiefen durchlebt. Nach dem Tod des Vorsitzenden Clemens Janinhoff, der Seele des Vereins, im Jahr 2016 geriet der Verein in eine Krise. Nach mehreren kurzfristigen unterschiedlichen Besetzungen, gibt es seit dem vergangenen Jahr ein neues achtköpfiges Vorstandsteam. Die Mitgliederzahlen können sich seitdem sehen lassen: Heute sind es 330 Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Für weitere Interessierte gibt es sogar eine Warteliste. Bei Amtsantritt des neuen Vorstandsteams lag die Zahl nur noch bei 140 Mitgliedern. Doch jedem im Verein ist auch bewusst, Handanlegen und Arbeitsstunden gehören dazu, ansonsten heißt es Strafe zahlen.

Wichtige Weisheit aus der Stallgasse. Beim ZRFV Kirchhellen müssen alle mit anpacken. © Maria Dehling
Doch was macht den Kirchhellener Verein aus? Die Antwort gibt Elke Kirschfink, Vorstand und Geschäftsführerin: „Wir können Kindern noch einen Reitunterricht bieten und verfügen über eigene Schulpferde. Ob Reit-, Spring- oder Voltigierunterricht, ausgebildete Reitlehrer und Reitlehrerinnen unterrichten von der 4-Jährigen bis hin zum 70-Jährigen. Ein Angebot, was es in unserer Gegend nur noch selten gibt. Besonders stolz sind wir natürlich auf unsere Kinder- und Jugendarbeit.“
Gleich im Sommer 2019 startete das neue Team mit einem Tag der offenen Tür, den gab es vorher nicht. „Wir wollten auf unsere Situation aufmerksam machen. Wir haben viel Verständnis und Unterstützung erhalten,“ so Corinna Grove. Ein besonderes Jahreshighlight des Vereins sind die Kinderferienzeiten. In 2020 erlebten trotz Corona 24 Jungen und Mädchen gemeinsam mit 16 fleißigen Helfern und der Küchencrew spannende Reiterferien. Das traditionelle Nikolausturnier wird es aufgrund der Corona-Pandemie jedoch in diesem Jahr nicht geben.
Engagement brachte Geld in die Vereinskasse
Die 27-jährige Eva-Maria Kirchfink ist gelernte Immobilienfachfrau und mit Leib und Seele für den ZRFV unterwegs. Mit ihrem Engagement konnte sie sogar für weiteren Geldzuwachs in der Vereinskasse sorgen. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) zeichnete sie für ihre hervorragende Öffentlichkeitsarbeit aus und ehrte sie mit einem Preis, der mit 6000 Euro dotiert war.

Die 5-jährige Emily nimmt zunächst vorsichtig Tuchfühlung mit Duke auf. © Maria Dehling
Ein Blick in die Praxis: Samstagmorgen, 11 Uhr, in der Reithalle. Zehn Mädchen von vier bis 11 Jahren arbeiten am Bock, andere turnen mit einer Leichtigkeit auf dem 14-jährigen Duke, die restlichen Kinder haben Spaß beim Spiel Räuber und Gendarm. Angeleitet werden sie von drei Jugendlichen, die selbst alle einmal klein angefangen haben. „Insgesamt zählt der Trainerstab zwölf Ehrenamtliche, viele von ihnen arbeiten im Sozialbereich, andere in einer Tierarztpraxis“, so Eva-Maria Kirschfink. Sie sorgt für die Organisation des Unterrichts im Hintergrund. Um 9 Uhr gab es bereits den 1. Lehrgang.
„Wir sind ein Teil von Kirchhellen“
„Wir sind Teil von Kirchhellen, das spüren wir in vielen Situationen“, so Elke Kirschfink, Vorstandsmitglied und Geschäftsführerin. „Ob im Weidemanagement oder bei der Beschaffung von Heu und Stroh, immer wieder greifen uns unter anderem Hubertus Dieckmann oder Thomas Fockenberg kräftig unter die Arme. Auch Anna Den, eine ehemalige Schülerin und heute in der Dressur bis Klasse S unterwegs, hat uns während der Lockdownzeit mal eben Materialien für die Schulpferde zur Verfügung gestellt.“