Morgens in Maulbronn (Baden-Württemberg) im Klosterhof werden Marktstände aufgebaut. Nur ein paar Meter weiter, in Räumen des Weltkulturerbes Kloster Maulbronn, arbeitet Mirijam Contzen mit jungen Nachwuchs-Musikern. Eine Woche lang leitet sie einen hochkarätigen Meisterkurs, freut sich auf das Abschluss-Konzert der Meisterschüler und probt außerdem für ihr eigenes Konzert im Laienrefektorium des Klosters, das sie mit ihrem Kollegen Bernd Glemser geben wird.
Zuhause kümmert sich Ehemann und Musikerkollege Giovanni Guzzo um die drei Kinder. Zuhause - das ist für das erfolgreiche Geiger-Paar Ascheberg. Vor zwei Jahren ist die Familie ins Münsterland gezogen. Aus familiären Gründen. Für Mirijam Contzen, die in Münster geboren wurde, ist es eine Rückkehr in die alte Heimat. „Ich bin in Ascheberg aufgewachsen und auch in Lünen,“ erzählt sie in einem kleinen Café, bevor der Meisterkurs an diesem Tag beginnt. Ihre Eltern leben in der Nähe der musikalischen Familie. Gut zehn Jahre haben Mirijam Contzen, Giovanni Guzzo und die Kinder außerhalb von Berlin gelebt. Dort, wo die weltweit bekannte Geigerin 2016 Professorin für Violine an der Universität der Künste wurde.
Weiter Professorin in Berlin
Diese Aufgabe nimmt sie auch weiter wahr, auch nach dem Umzug ins Münsterland. „Ich bin unheimlich gerne dort an der Universität der Künste geblieben, denn ich mag das Hochschul-Geschehen.“ Für ihre Tätigkeit steigt die dreifache Mutter meistens in den Zug, in der Hoffnung, „irgendwann anzukommen“. Wenn es irgendwie geht, reist die Familie mit öffentlichen Verkehrsmitteln. „Nach Berlin geht es ja - wenn alles klappt - viel schneller als mit dem Auto und man kann die Zeit im Zug auch gut nutzen.“ Mit der Bahn ist sie auch nach Maulbronn gereist. Dort, wie auch an der Spree ist es ihr eine Herzens-Angelegenheit, hochtalentierten Geigen-Nachwuchs zu fördern und mit jungen Leuten zu arbeiten, die sich für „ihr“ Instrument entschieden haben.
So wie sie selbst es schon als Kind getan hat. Ihre erste Lehrerin war ihre Mutter, selbst eine hervorragende Geigerin, die aus Japan stammt. Dann folgte Unterricht an der Lüner Musikschule, an der ihre Mutter auch unterrichtete. „Die Verbindung zur Musikschule Lünen, die damals entstanden ist, strahlt noch heute aus“, sagt die Künstlerin. Als sie 2005 den damals erstmal verliehenen Kulturpreis der Stadt Lünen erhielt, war ihr klar, dass sie etwas zurückgeben wollte von dieser Wertschätzung. Ihre Wahl fiel auf die Musikschule Lünen. Schülerinnen und Schüler erlebten Proben für die Premiere des von Mirijam Contzen mit initiierten Musikfestivals Schloss Cappenberg vor 18 Jahren.

Ihre Verbundenheit zu ihrer Heimatregion ist deutlich zu spüren. Auch wenn sie sich freut, ihren Musiker-Kolleginnen und -Kollegen, die Mitte September bei den Musiktagen im Schlosstheater Cappenberg gastieren, ihre Heimat zeigen zu können. „Es ist fantastisch, in der Umgebung zu arbeiten, in der ich zuhause bin.“ Die Verbindung zwischen dem Münsterland, ihrer Heimat, und der Arbeit als künstlerische Leiterin zunächst des Musikfestivals und jetzt der Musiktage Schloss Cappenberg hat Mirijam Contzen immer gepflegt. Ganz bewusst hat sie ihren Kolleginnen und Kollegen, die aus den verschiedensten Teilen Deutschlands und Europas anreisen, die Umgebung des Schlosses gezeigt.
Immer ging es schon bei den Proben für die Konzerte familiär zu. Und so waren auch Mirijam Contzens Zwillinge schon als kleine Kinder mit beim Festival dabei. Inzwischen sind Tochter und Sohn 15 Jahre alt, besuchen ein Gymnasium in Münster. Ihr Jüngster ist acht Jahre alt: „Wir haben uns bewusst entschieden, vor zwei Jahren von Berlin nach Ascheberg zu ziehen, so konnte unser Sohn dann auch direkt in Ascheberg eingeschult werden.“ Seine älteren Geschwister mussten einen Schulwechsel in Kauf nehmen, fühlen sich aber mittlerweile auch wohl im neuen Zuhause.

Ob alle drei Kinder irgendwann in die beruflichen Fußstapfen ihrer Eltern treten werden, steht noch längst nicht fest. Das musikalische Talent scheinen sie aber geerbt zu haben und wohl auch die Begeisterung fürs Spielen eines Instrumentes. Wobei sich (noch) weder ihre Tochter noch die beiden Söhne für die Violine entschieden haben. „Meine Tochter und der Kleine spielen Klavier, mein älterer Sohn hat sich für Gitarre entschieden, sie sollten sich auch ganz bewusst selbst das Instrument aussuchen, das sie spielen wollen.“
Die Kinder sind es auch gewohnt, dass Mirijam Contzen und Giovanni Guzzo für ein paar Tage aus beruflichen Gründen unterwegs sind. Während die Geigerin in der wunderschönen Umgebung des Maulbronner Klosters mit jungem Musikernachwuchs arbeitet, kümmert sich ihr Mann, der in Venezuela geboren ist und neben venezolanischen auch italienische Wurzeln hat, um die Kinder. Da wechseln sich die beiden Partner ab. Im November ist Mirijam Contzen wieder im Ländle unterwegs. Die Bundesakademie für musikalische Jugendbildung in Trossingen hat die Geigerin gebeten, einen Kurs zu geben. „Gleichzeitig werde ich in dieser Zeit auch Konzerte mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen geben, ich freue mich, das Violinkonzert Nr. 2 von Bela Bartok dort zu spielen.“ Aber vorher geht es natürlich zurück nach Ascheberg, zu Mann, Kindern und Eltern, die sich freuen, ihre berühmte Tochter, Schwiegersohn und Enkel wieder näher bei sich zu haben.
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