
© Till Goerke
Wolf gesichtet? Ludger Schürkmann sorgt sich – schützt seine Schafe aber trotzdem nicht
Wolfssichtung
Gibt es einen Wolf in der Region? Angebliche Sichtungen legen dies nahe. Landwirt Ludger Schürkmann (53) hat zu diesem Thema eine klare Meinung, auch mit Blick auf seine 20 Mutterschafe.
Idyllisch liegt die Obstbaumwiese direkt hinter den Gebäuden und Stallungen auf dem Hof Schürkmann in der Bauerschaft Nordick. Das Gras sieht saftig aus, die Bäume spenden jede Menge Schatten und die 20 Mutterschafe mit ihren im März geborenen Lämmern grasen in aller Ruhe. Ein einfacher, nicht besonders hoher Weidezaun umschließt das Areal.
Augenscheinlich wenig Schutzmaßnahmen dafür, dass vergangene Woche angeblich ein Wolf zwischen Herbern und Werne sowie in der Nähe von Selm gesichtet worden sein soll. Denn entsprächen diese Sichtungen der Realität, dann wären die Nutztiere der Region in Gefahr.
Der Wolf sieht Nutztiere als „leichte“ Beute an
Zwar bevorzugt der Wolf Rehe, Rothirsche und Wildschweine als Nahrungsgrundlage, aber Schafe und Ziegen stellen für den Wolf eine „leichte“ Beute dar. Gelangt ein Wolf auf eine Weide mit Nutztieren, kann es sein, dass er mehr Tiere tötet, als er sofort frisst.
Das ist der sogenannte Beuteschlag-Reflex, umgangssprachlich auch als Blutrausch bezeichnet. Das „Überangebot“ an Beute und die eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten der Nutztiere können laut Naturschutzbund (Nabu) dazu führen, dass der Jagdtrieb des Wolfes immer wieder ausgelöst wird.
Bisher keine Beweise für einen Wolf in der Region
Dinge, die Ludger Schürkmann kalt lassen. Noch. „Das mit der Wolfssichtung sind bis jetzt alles nur Vermutungen.“ Beweise wie Fotos oder Videoaufnahmen gibt es nicht. Auch sind in den vergangenen Tagen offiziell keine weiteren angeblichen Sichtungen erfolgt. Doch was, wenn es den Wolf tatsächlich gibt?
„Dann sähe die Sache anders aus“, so Schürkmann. So oder so – der 53-Jährige baut auf den natürlichen Schutz, den die aktuelle Weidefläche bietet. „Diese ist nah an der Bebauung und die Gegend hier ist nicht so sehr bewaldet.“ Dinge, die einen Wolf im Fall der Fälle davon abhalten sollen, bei seiner Herde zuzuschlagen. So hofft der Landwirt.
Landwirte sehen die Sache mit dem Wolf kritisch
Immerhin bevorzugt der Wolf große Waldgebiete und meidet die Nähe des Menschen – in der Regel. „Wenn ich meine Weideflächen in der Davert oder in der Nähe eines Waldes hätte, dann würde ich mir allerdings Sorgen machen“, so Schürkmann. Zum Thema Wolf als solches hat der 53-Jährige eine klare Meinung: „Wir Landwirte sehen die Sache sehr kritisch.“
Zwar bekommen Landwirte für gerissene Tiere vom Land in der Regel Schadenersatz, jedoch deckt diese Zahlung nicht zwangsläufig den tatsächlichen Wert des Tieres ab. Man stelle sich vor, es handelt sich um ein wertvolles Zuchttier. Und auch Schutzmaßnahmen kosten die Landwirte eine Stange Geld. Ausnahme: das Gebiet, in dem der Landwirt seine Flächen hat, ist ein ausgewiesenes Wolfsgebiet oder liegt in der dazugehörigen Pufferzone.
Kostenlose Ausleihen von Herdenschutzsets sind möglich
- Beobachten Sie das Tier genau und ziehen Sie sich langsam zurück.
- Lassen Sie ihm genug Raum zum Rückzug.
- Richten Sie sich auf, falls der Wolf auf Sie zukommt. Rufen Sie laut und energisch oder klatschen Sie in die Hände, um den Wolf zu verjagen.
- Laufen oder fahren Sie dem Wolf nie hinterher.
- Locken Sie niemals einen Wolf an.
- Füttern Sie niemals einen Wolf.
- Machen Sie, wenn möglich, aus sicherer Distanz ein Foto und melden Ihre Beobachtung der zuständigen Behörde und/oder dem Wolfsberater. (Quelle: Nabu)
- Hier finden Sie den jeweils richtigen Ansprechpartner.
In solch einem Fall stellt das Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) oder der Nabu Landesverband NRW kurzfristig und kostenlos Herdenschutzsets zum Ausleihen bereit. Darin enthalten sind Elektrozaun, Weidezaungerät und Fotofalle.
Dinge, die für die Region rund um Herbern nicht zum Tragen kommen. Denn in NRW gibt es momentan nur zwei Wolfsgebiete – in Schermbeck und der Senne. „Ich müsste also alle Schutzmaßnahmen selbst bezahlen. Das ist schon ein Kostenfaktor“, so Schürkmann. Zumal er die Sache mit dem Elektrozaun ohnehin skeptisch sieht. „Ein Wolf springt doch einfach über einen Zaun mit einer Höhe von 1,20 Meter.“
Zaunkontrolle ist das A und O
Dem widerspricht Birgit Kaiser de Garcia, Lanuv-Pressesprecherin, umgehend. „Ein Wolf springt niemals freiwillig. Er sucht sich lieber ein Loch im Zaun.“ Darum sei die gründliche und regelmäßige Kontrolle des Zauns das A und O.
Wie dem auch sei – Ludger Schürkmann sieht die Gesamtentwicklung rund um den Wolf in Deutschland mit viel Skepsis. „Das macht mir als Landwirt einfach Sorgen.“ Zumal der 53-Jährige keinen speziell ausgebildeten Herdenschutz besitzt, der die Herde im Fall der Fälle verteidigen würde.
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
