Angeblich Wolf zwischen Herbern und Werne gesichtet: Panikmache oder tatsächliche Rückkehr?

© Thomas Bonometti (unsplash.com)

Angeblich Wolf zwischen Herbern und Werne gesichtet: Panikmache oder tatsächliche Rückkehr?

rnWolfssichtung

Zwei Augenzeugen wollen in den vergangenen Tagen in der Nähe von Herbern und Selm einen Wolf gesehen haben. Doch kann das sein? Wir haben mit einem Experten vom Hegering Herbern gesprochen.

Herbern, Werne

, 09.05.2019, 16:45 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ist der Wolf zurück in der Davert und in Herbern? Schenkt man den angeblichen Sichtungen in den vergangenen Tagen Glauben, dann ist dem so. Doch das Ganze sei, bis es stichfeste Beweise gebe, mit äußerster Vorsicht zu genießen. Das sagt Joachim Westhues vom Hegering Herbern auf Nachfrage.

Konkret geht es um zwei Fälle aus den vergangenen Tagen. So will eine Augenzeugin in Herbern „ein wolfsähnliches Tier“ gesehen haben. Und eine Selmerin schildert gegenüber dem Lokalkompass, dass sie in den frühen Morgenstunden, rund 500 Meter hinter der Kreuzung am Cappenberger Damm, einen Wolf gesehen habe. „Das Tier lief sehr langsam über die Fahrbahn, ich konnte es im Scheinwerferlicht gut sehen, und das war auf keinen Fall ein Hund.“

Die Davert ist ein gutes Wolfshabitat

„Wo soll das Tier denn hergekommen sein?“
Joachim Westhues

Doch kann das wirklich sein? „Um den Wolf wird viel Aufsehen gemacht, aber natürlich ist der Raum um Herbern, Selm, Werne und die Davert ein Gebiet, in dem ein Wolf oder auch ein Rudel gut überleben könnte“, sagt Joachim Westhues. Er schränkt zugleich ein: „Wo soll das Tier denn hergekommen sein?“

Eine Anspielung auf die Tatsache, dass das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) jüngst einen Wolfsriss in Westerkappeln (Gemeinde im Tecklenburger Land, westlich von Osnabrück) anhand einer Speichelanalyse bestätigt hat.

Die Frage, woher der Wolf kommen soll

Denn zwischen Westerkappeln und Herbern liegen gut 70 Kilometer. „An sich keine Distanz, die ein Wolf nicht schafft, aber: Wieso hat niemand das Tier auf dem Weg gesehen?“, so Westhues. Es könne natürlich auch sein, dass der angeblich gesichtete Wolf aus einer anderen Region komme. Aber auch da würde sich dann die Frage stellen, warum die Tiere immer nur punktuell gesichtet würden. „Vielleicht fahren die Tiere ja auch Taxi.“

Die Davert ist laut Experte durchaus ein Habitat, indem ein Wolf oder auch ein Wolfsrudel leben könnte. Derzeit gibt es aber keine Beweise für eine örtliche Wolfssichtung.

Die Davert ist laut Experte durchaus ein Habitat, indem ein Wolf oder auch ein Wolfsrudel leben könnte. Derzeit gibt es aber keine Beweise für eine örtliche Wolfssichtung. © Archiv

Letztlich sei es müßig, darüber zu spekulieren, stellt Westhues klar. „Solange Beweise fehlen, darf man auf angebliche Sichtungen nicht viel geben.“ Es gebe schlicht zu viele Verwechslungsmöglichkeiten. Auf größere Distanz sei es möglich, dass auch freilaufende Hunde, etwa ein Husky, für einen Wolf gehalten werden können. So wie im Herberner Fall? Denn in diesem ist ja von „wolfsähnlich“ die Rede.

Beweise für die Sichtung gibt es nicht

Da in beiden angeblichen Sichtungsfällen Bilder oder Videos fehlen, ist die Sache derzeit nicht aufzuklären. Sollte allerdings in den kommenden Tagen ein Riss, etwa eines Schafes oder Lammes, erfolgen, dann ist es möglich, eine Speichelanalyse durchzuführen. So wie im jüngsten Fall in Westerkappeln.

„Es bringt nichts, Panik zu verbreiten. Das ist unangebracht.“
Joachim Westhues

Dazu wird dem Kadaver eine Gewebeprobe entnommen und diese Gewebeprobe auf Wolfsspeichel untersucht. „Der Nachweis ist dann relativ schnell erbracht“, sagt Birgit Kaiser de Garcia, Pressesprecherin des Lanuv auf Nachfrage.

Doch was, wenn die Sichtungen stimmen und Menschen dem Tier in der Davert begegnen würden? „Das ist spekulativ“, so Westhues und legt nach: „Es bringt nichts, Panik zu verbreiten. Das ist unangebracht.“ Mit Blick auf die Zahlen ist Panik in der Tat unangebracht. Seit 2000 gibt es in Deutschland wieder Wölfe und bis jetzt sind keine Zwischenfälle mit dem Menschen bekannt.

Auch Wölfe mit Tollwut, die als besonders aggressiv gelten, soll es in Deutschland nicht geben. „Das kann ich ausdrücklich in beiden Fällen bestätigen“, sagt Birgit Kaiser de Garcia. Aber wie kann man das mit der Tollwut überhaupt wissen?

Der Wolf ist am Tag und in der Nacht aktiv. In Deutschland dürfen die Tiere unter normalen Umständen nicht geschossen werden.

Der Wolf ist am Tag und in der Nacht aktiv. In Deutschland dürfen die Tiere unter normalen Umständen nicht geschossen werden. © Ray Hennessy (unsplash.com)

„Wenn Wölfe im Straßenverkehr ums Leben kommen, untersuchen Experten die Tiere“, berichtet die Lanuv-Pressesprecherin. Anhand dieser Untersuchungen seien Rückschlüsse auf das gesamt Rudel möglich. So wie bei zwei Wölfen, die jüngst in der Nähe von Gütersloh überfahren wurden. „Bei den Tieren wurde nichts auffälliges festgestellt“, so Kaiser de Garcia.

Begegnungen mit einem Wolf sind sehr unwahrscheinlich

Sorgen, einem Wolf in der freien Wildbahn zu begegnen, müsse sich zudem niemand machen. „Die Tiere mögen den Menschen nicht und gehen ihm aus dem Weg.“ Das gelte selbst für ausgewiesene Wolfsgebiete. Joachim Westhues ergänzt diesbezüglich: „Gänzlich ausschließen, dass doch mal etwas passiert, kann man natürlich nie.“

Und wenn es dazu käme, dann sei es sehr wahrscheinlich, dass in der Folge auch der Gesetzgeber aktiv werde, so Westhues. „Im Moment ist die Gesetzeslage ganz klar pro Wolf.“ Denn die Wölfe in Deutschland sind streng geschützt, dürfen unter normalen Umständen nicht geschossen werden. „Die Tiere werden also ganzjährig geschont.“ Lediglich der Straßenverkehr dämmt momentan die Ausbreitung ein.

Wölfe sind lernfähig zum eigenen Schutz

Das sei auch ein Grund dafür, warum der Wolf in Deutschland überwiegend tagaktiv sei. „Die Tiere würden, wenn sie bejagt werden dürften, lernen, wann sie in Gefahr sind“, erklärt Westhues. Heißt: Der Wolf würde seine Aktivität dann vornehmlich in die Nachtstunden verlagern, da in diesen die Gefahr einer Bejagung geringer wäre.

Schlagworte: