Gemeindehaushalt Abscheberg 2023 verabschiedet Ein Rechentrick senkt das Minus

Gemeindehaushalt 2023 verabschiedet: Ein Rechentrick senkt das Minus
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Als es in der Oktober-Sitzung des Stadtrates um den Haushaltsplan 2023 ging, sprach Bürgermeister Thomas Stohldreier von einem „Rekordminus“ von 4,1 Millionen Euro. Nun sieht das erwartete Loch in der Bilanz nicht mehr ganz so schwarz aus. Ein kleiner Trick macht es möglich.

Doch es ist kein Rechentrick der Gemeinde. Sondern die rechnerische Verminderung des Minusbetrages um rund 1,4 Millionen Euro „ergibt sich durch eine Vorschrift des Landes NRW, die Kosten als Folge des Ukraine-Kriegs isoliert in der Bilanz zu betrachten“, sagt Kämmerer Stefan Feige auf Anfrage der Redaktion. Er selbst wollte nicht von einem Rechentrick sprechen, sondern von einer Verpflichtung durch das Land. Dafür aber Jochen Wismann von der FDP, der den „Rechentrick, um das Defizit kleinzuhalten“ verurteilte.

Gemeinde finanziell handlungsfähig

Immerhin: Die Gemeinde Ascheberg ist bei Einnahmen von 36,1 Millionen und Ausgaben von 40,1 Millionen Euro dennoch handlungsfähig. Grund: der gut gefüllte Sparstrumpf der Gemeinde, in dem mehr als 16 Millionen Euro schlummern. Und so fiel die Kritik der einzelnen Fraktionen bei der Debatte um den Haushalt auch meist moderat aus.

Nach rund einstündigem Vortrag der einzelnen Haushaltsreden stimmte eine große Mehrheit für das Zahlenwerk, das den finanziellen Rahmen der Gemeinde Ascheberg im kommenden Jahr bestimmt.

Thomas Franzke signalisierte für die Mehrheits-Fraktion CDU die Zustimmung zum Haushaltsplan 2023.
Thomas Franzke signalisierte für die Mehrheits-Fraktion CDU die Zustimmung zum Haushaltsplan 2023. © Jörg Heckenkamp

Auszüge aus den Haushaltsreden:

Thomas Franzke (CDU) führte die eingeschränkten finanziellen Spielräume an sowie die Tatsache, dass „wir in die Zukunft der Gemeinde investieren, trotz schwieriger Rahmenbedingungen. Mehr als 13,5 Mio. Investitionen sind eine Rekordsumme.“ Schwerpunkte lägen in Herbern mit dem neuen Feuerwehrgerätehaus. Man wolle den Ausbau der OGS in Herbern ins Auge fassen und die Ortskerngestaltung. Franzke: „4,3 Mio. Euro in Schul-Investitionen stehen zur Verfügung.“ Weiterhin hob er die geplanten Anbindungen der Bahnhöfe an den ÖPNV hervor.

Christian Ley (SPD) zog gegen diejenigen ins Feld, die gegen alles und jeden Widerstand leisten würden und lobt die Ascheberger als innovations-freudig: „Vor vielen Häusern finden sich Elektroautos mit Wallbox im Carport und Lastenrad in der Garage. Wir müssen uns und den Bürgern einfach mal mehr zutrauen.“ Ley weiter: „Die ständige Bedenkenträgerei, ob das Windrad den Blick auf was auch immer verstellt, können wir uns nicht leisten. Wir müssen endlich in die Umsetzung kommen.“

Die Gemeinde habe in den kommenden Jahren ein gigantisches Investitionsprogramm zu stemmen. Ley: „Wir wollen modernste Schulgebäude bauen. Da wir die großen Investitionen in die Zukunft unserer Gemeinde uneingeschränkt mittragen, werden wir dem Haushalt für das Jahr 2023 zustimmen.“

Karsten Senne von den Grünen signalisierte für seine Fraktion ebenfalls Zustimmung zum Haushalt 2023. Er warnte vor den finanziellen Belastungen: „Wir haben viel investiert in den vergangenen Jahren, davon müssen wir noch einiges bezahlen. Steigende Zinsen sind ein Risiko, die Kosten fürs Personal steigen.“ Man könne stolz sein auf die Schullandschaft in Ascheberg. Senne: „Da sind noch gewaltige Investitionen gefragt, aber die lohnen sich."

Frank Holtrup, Freie Wähler, sprach einige positive Aspekte an, wie den Fahrradweg nach Mersch, die Dorfentwicklung in Ascheberg sowie das grüne Licht für das neue Feuerwehrgerätehaus in Herbern. Er mahnte aber auch: „Die lang-angekündigten Probleme, marode Infrastruktur, Artensterben, Abhängigkeit von fossilen Energien. müssen wir angehen.“

Holtrup will jeden geplanten Neubau auf den Prüfstand stellen: „Neues nur bei unbedingtem Bedarf bauen, vorher genau überlegen, was man sanieren kann.“ Die Freien Wähler fordern eine Priorisierung aller großen Investitionen und die radikale energetische Sanierung aller Bestandsgebäude. Holtrup: „Wir errechnen ein Gesamtdefizit von mehr als 13 Mio. Euro, und deswegen lehnen wir den Haushalt ab.“

Volker Müller-Middendorf von der UWG wertet den Haushaltsentwurf 2023 als einen Etat, „geprägt durch eine gesellschaftliche Krisensituation, Ascheberg ist aber bei weitem, auch unter Betrachtung des Defizits, keine Gemeinde in der Krise. Noch nicht.“ Man bliebe aufgrund starker wirtschaftlicher Zahlen und insbesondere der zurückliegenden starken Haushaltsabschlüsse handlungsfähig.

Müller-Middendorf: „Die wirtschaftliche Zukunft für die Gemeinde Ascheberg wird schwieriger und steht in Abhängigkeit zu den vorherrschenden Krisen. Werden diese bewältigt, erwarten wir auch für die Gemeinde bessere Aussichten.“

Peter Leyers und Jochen Wismann (v. vorne), beide FDP, lehnten den Haushalt 2023 ab.
Peter Leyers und Jochen Wismann (v. vorne), beide FDP, lehnten den Haushalt 2023 ab. © Jörg Heckenkamp

Jochen Wismann (FDP) erging sich zunächst in allgemeinen, politischen Betrachtungen, etwa zur Atomenergie. So verurteilte er die Abschaltung von Reaktoren in Deutschland bei gleichzeitigem Zukauf von Atomstrom „aus nicht so sicheren Reaktoren aus dem Ausland“. In Sachen Haushalt 2023 sprach er von einem „Rechentrick, um das Defizit kleinzuhalten“. Stattdessen forderte er „stärkere Haushaltsdisziplin statt Steuererhöhungen.“

So hält die FDP steuerliche Förderungen für Photovoltaik-Anlagen für überflüssig, weil die Bürger das sowies und mit eigenen Mitteln machen würden. Wismann: „Viele Ratsmitglieder haben den Bezug zum Geldausgeben verloren. Wir lehnen deshalb den Haushalt ab.“

Der parteilose Hubertus Beckmann hob in seiner kurzen Haushaltsrede auf die beiden Themen Artenvielfalt und Klimawandel ab. In der Landwirtschaft sei nicht viel geschehen, es sei eine „100-prozentig konventionelle Landwirtschaft und die Artenvielfalt ist eher zurückgegangen im vergangenen Jahr.“ Beckmanns Position bei der Abstimmung: „Ich enthalte mich.“

Die Haushaltssatzung 2023 wurde schließlich mit 23 Ja- bei vier Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Freude bei Bürgermeister Thomas Stohldreier: „Damit sind wir handlungsfähig.“

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