Ein Mann hält einen Vortrag

Kämmerer Stefan Feige (r.) stellte der Politik die möglichen Kalkulationen für die künftigen Haushalte vor. © Eva-Maria Spiller

Gebührensenkung in Ascheberg? Neue Lösung für Streit um fiktiven Zins

rnGebühren

Der kalkulatorische Zinsen sind fiktive Einnahmen, die die Gemeinde erwirtschaften könnte. Und die Zahlen die Bürger. Nun stehen neue Lösungen für das umstrittene Thema in Aussicht.

Ascheberg

, 29.09.2022, 07:25 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Gemeinde Ascheberg generiert jedes Haushaltsjahr Einnahmen durch einen fiktiven Zins, den sie auf ihr eingesetztes Eigenkapital anwendet. In der Gemeinde Ascheberg sind das aktuell noch 4,5 Prozent. Ein Thema, das immer wieder für Streit in der Politik sorgt. Dann hatte Mitte Mai 2022 das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass die Stadt Oer-Erkenschwick zu hohe Abwassergebühren erhoben hat. Geklagt hatte 2017 ein Bürger über einen Schmutz- und Regenwassergebühren-Bescheid in Höhe von 599,85 Euro.

Bevor die Gemeinde Ascheberg irgendetwas an ihrer bisherigen Kalkulation ändern wollte, wartete sie auf den Ausgang des Rechtsstreits - und dieser ist nun da. Sofern das Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Bestand hat. Nach dem bisherigen Berechnungsmodell hat die Gemeinde Ascheberg beispielsweise im Entwässerungsbereich 293.756,90 Euro an Einnahmen durch die kalkulatorischen Zinsen (Schmutzwasser und Niederschlagswasser) generiert. Damit ist es nun aber vorbei.

Künftig muss sich die Gemeinde aller Voraussicht nach für eines von zwei Modellen zur Gebührenkalkulation entscheiden - das der „realen Kapitalerhaltung“ oder das der „reproduktiven Nettosubstanzerhaltung“. Noch komplizierter macht die Sache nun der Gesetzesentwurf, der am 28. September in den NRW-Landtag eingebracht worden ist: Denn das Land will einen maximal möglichen Nominalzinssatz aus dem Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre erlauben. Das würde für 2023 einen Zins von 3,247 bedeuten.

Land NRW erlaubt Städten und Gemeinden Zinssatz bis zu 3,54 Prozent

Würde sich die Gemeinde für die Kalkulation nach der realen Kapitalerhaltung entscheiden, würden sich die Abschreibung und die Verzinsung an dem Anschaffungs- bzw. Herstellungswert orientieren. Auf das Jahr 2022 gerechnet, bei einem Nominalzinssatz von maximal 3,54 Prozent, wären dann insgesamt 231.088,76 Euro allein im Entwässerungsbereich an kalkulatorischen Zinsen drin. Das entspräche einem Minus von 62.668,14 Euro im Vergleich zur bisher angewendeten Kalkulation. Hier hätte ein 4-Personen-Haushalt im Jahr 2022 eine Ersparnis von 8,70 Euro im Entwässerungsbereich verbucht.

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Würde sich die Gemeinde für das Modell reproduktive Nettosubstanzerhaltung entscheiden, würden sich Abschreibung und Verzinsung an dem Wiederbeschaffungszeitwert orientieren - mit einem Realzinssatz, der die vergangenen zehn Jahre im Durchschnitt berücksichtigt. Dann wären im Entwässerungsbereich allein bis zu 504.928,05 Euro an kalkulatorischen Zinsen drin. In diesem Fall würde die Gemeinde keinen Verlust machen, sondern im Vergleich zur bisherigen Berechnung ein Plus von 211.171,15 Euro bei den kalkulatorischen Zinsen in diesem Bereich. Hier hätte die Mehrbelastung für einen 4-Personen-Haushalt in 2022 bei 32,70 Euro gelegen.

Nun muss das Land NRW allerdings erst einmal klären, wie es mit den kalkulatorischen Zinsen weiter umgehen möchte und ob der Gesetzesentwurf der Landesregierung Bestand haben wird. Am Dienstagabend (27. September) im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss (HFWA) hat die Politik allerdings schon entschieden, dass sie nicht den maximalen Zinssatz anstrebt. Mehrheitlich - mit Enthaltung der SPD und einem Nein der FDP - hat die Politik entschieden, den kalkulatorischen Zins weiter anzuwenden - von künftig 2,5 Prozent. Für das kommende Jahr soll außerdem das Modell nach der reproduktiven Nettosubstanzerhaltung favorisiert werden. Bis dahin werde die Finanzabteilung der Gemeinde jedoch den Haushalt nach beiden Modellen berechnen, bis die Landesregierung das Gesetz verabschiedet hat, erklärte Kämmerer Stefan Feige.

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