Eine Woche Verzicht: Kein Müll, keine Medien – und Profilschüler, die richtig mit anpacken

Herausforderungswoche

Wir haben die Schüler der Profilschule während ihrer Projektwoche besucht – im verwilderten Garten, in der Küche, beim Müllsammeln am Bahnhofsweg. Die Erkenntnisse einer spannenden Woche.

Ascheberg

, 18.05.2019, 09:00 Uhr / Lesedauer: 4 min
Theresa Lütkenhaus, Greta Offermann und Nina Dabbelt bewiesen in dieser Woche, dass Einkaufen funktionieren kann, ohne unnötig Müll zu produzieren.

Theresa Lütkenhaus, Greta Offermann und Nina Dabbelt bewiesen in dieser Woche, dass Einkaufen funktionieren kann, ohne unnötig Müll zu produzieren. © Claudia Hurek

Fünf Tage voller Herausforderungen liegen hinter den rund 90 Schülern des achten Jahrgangs der Profilschule Ascheberg. Fünf Tage – vollgepackt mit neuen Erlebnissen und der Erkenntnis, dass es am Ende ein großartiges Gefühl ist, die selbstauferlegte Herausforderung erfolgreich geschafft zu haben.

„Meine Eltern haben gesagt, wir können sehr stolz auf das sein, was wir in der vergangenen Woche geschafft haben“, sagt Nico Putzier (14). Gemeinsam mit seinen Schulfreunden Noel Sondermann (14), Henrik Büscher (14) und Fabian Hanke (14) brachte er in dieser Woche rund 800 Quadratmeter verwilderten Garten wieder in einen ansehnlichen Zustand.

Vor rund zwei Jahren haben seine Eltern das Grundstück, auf dem auch ein altes Haus steht, erworben. Der dazugehörige Garten war verwildert, die Büsche schon lange nicht mehr geschnitten worden.

Noel Sondermann, Nico Putzier, Henrik Büscher und Fabien Hanke krempelten dieÄrmel hoch und befreiten einen verwilderten Garten von Unkraut.

Noel Sondermann, Nico Putzier, Henrik Büscher und Fabien Hanke krempelten die Ärmel hoch und befreiten einen verwilderten Garten von Unkraut. © Claudia Hurek

Das eigentliche Wohnhaus der Familie liegt nur einen kurzen Spaziergang entfernt von dem neu erworbenen Grundstück. „Wie wir das hier mal nutzen werden, wissen wir noch gar nicht“, erzählte Nico. „Aber es soll schon ordentlich aussehen.“

Während die Alpakas und Ziegen, die die Familie züchtet, auf der Wiese nebenan in der Sonne lagen, packten die vier Jungs kräftig mit an und rissen Unkraut, was das Zeug hält. Bereits nach kurzer Zeit war der gemauerte Grillplatz wieder erkennbar und unter all dem Efeu kamen die Büsche zum Vorschein.

Ausbildung zum Garten- und Landschaftsbauer

Bis auf Fabian – „das macht meine Mama“ – helfen die anderen Jungs gerne mal zu Hause im Garten mit, sodass der Umgang mit Harke und Schaufel, Laubbläser und Heckenschere in dieser Woche nichts Neues für die „Gärtner“ war. Für Henrik Büscher steht schon jetzt fest, dass er nach seinem Schulabschluss am liebsten eine Ausbildung zum Garten- und Landschaftsbauer machen würde.

Noel Sondermann, Nico Putzier, Henrik Büscher und Fabien Hanke krempelten dieÄrmel hoch und befreiten einen verwilderten Garten von Unkraut.

Noel Sondermann, Nico Putzier, Henrik Büscher und Fabien Hanke krempelten die Ärmel hoch und befreiten einen verwilderten Garten von Unkraut. © Claudia Hurek

Für Leo Mönster (14) bestand seine persönliche Herausforderung eher aus Willens- als aus Muskelkraft. Für eine Woche verzichtete er auf sein Handy und seinen PC, war sportlich auf dem Rad und beim Joggen unterwegs und kochte für seine Eltern sowie seine beiden Geschwister jeden Tag eine gesunde Mahlzeit.

Radtour zur Nordsee fiel ins Wasser

Diese persönliche Herausforderung war allerdings aus der Not heraus geboren, da er ursprünglich mit zwei Schulfreunden an die Nordsee radeln wollte. Da der Freund, dessen Vater als Begleitperson mitfahren wollte, allerdings vergessen hatte, seine Bewerbung für das Projekt an der Schule abzugeben, platzte es gut zwei Wochen vor dem Start in die Herausforderungswoche.

Nun galt es, schnell eine Lösung zu finden. „Wir haben gemeinsam zu Hause überlegt, was Leo stattdessen machen kann“, erzählte Mama Beatrix. „Medienverzicht, Sport und gesunde Ernährung sind ja nicht verkehrt.“

Leo Mönster übernahm für eine Woche den Küchendienst und verwöhnte Eltern und Geschwister mit selbst gekochten Mahlzeiten.

Leo Mönster übernahm für eine Woche den Küchendienst und verwöhnte Eltern und Geschwister mit selbst gekochten Mahlzeiten. © Claudia Hurek

Die Rezepte für seine gesunden Mittagessen suchte sich Leo aus den Kochbüchern seiner Mama heraus, kaufte die nötigen Lebensmittel und dann ging es ans Kochen. „Das ist ja doch alles ganz schön zeitaufwendig“, stellte er bereits nach kurzer Zeit fest. „Alleine das Schnippeln von Gemüse dauert ewig.“

Da kam er schon mal ins Schwitzen, wenn die Geschwister mittags pünktlich zum Essen zu Hause waren. „Es war nur ein Gericht dabei, das wir alle nicht so sehr mochten“, erzählte Mama Beatrix. Zum krönenden Abschluss des Projektes gab es eine „gesunde“ Eistorte, die aus Pudding und Eisschnee bestand und kaum Zucker enthielt.

Aufs Zocken verzichtet

Die größte Herausforderung war allerdings der Verzicht aufs „Zocken“. „Ohne Handy, das war gar nicht so schwer“, sagte Leo. „Aber das Spielen am PC fehlte mir schon, zumal am Dienstag mein neues Headset gekommen ist und ich das noch gar nicht ausprobieren konnte.“

Bei seinen sportlichen Betätigungen erhielt Leo Unterstützung von der ganzen Familie. Beim Joggen war Schwester Johanna mit von der Partie und mit seiner Mama unternahm er so einige Radtouren.

„Ich fands eigentlich sehr schön“, stellte Beatrix Mönster fest. „So ohne PC hatte man auf einmal viel mehr Zeit miteinander, um zu reden oder auch mal wieder ein Brettspiel aus dem Schrank zu holen.“ Den Sport will Leo auf jeden Fall beibehalten, hat er sich fest vorgenommen.

Theresa Lütkenhaus, Greta Offermann und Nina Dabbelt bewiesen in dieser Woche, dass Einkaufen funktionieren kann, ohne unnötig Müll zu produzieren.

Theresa Lütkenhaus, Greta Offermann und Nina Dabbelt bewiesen in dieser Woche, dass Einkaufen funktionieren kann, ohne unnötig Müll zu produzieren. © Claudia Hurek

Dem Thema Müllvermeidung widmeten sich Theresa Lütkenhaus (14), Greta Offermann (13) und Nina Dabbelt (14).

Die Deutschen verbrauchen jährlich Millionen Tonnen Verpackungsmüll. Und nicht zuletzt durch die Freitagsdemos „Fridays for Future“ sind Umweltschutz und Klimawandel derzeit in aller Munde. Die drei umweltbewussten Schülerinnen setzen sich schon länger mit dem Thema Umwelt und Müll auseinander.

Während des Projektes bestand nun die große Herausforderung darin, keinen Müll zu produzieren. „Das hat leider nicht ganz geklappt“, sagte Greta. „Zwei Kassenbons sowie drei Zugfahrkarten nach Münster – also Papiermüll.“

Eigenes Videotagebuch

Nach Münster mussten sie fahren, denn dort ist der nächste Unverpackt-Laden, in dem nachhaltig eingekauft werden kann. Neben frischen Lebensmitteln, Getreide, und Frischeprodukten gehören auch Getränke und Gebrauchsmittel zum Warensortiment. Hier haben sie für das gemeinsame Frühstück und Abendessen eingekauft.

„Momentan gibt es so etwas hier in der näheren Umgebung noch nicht“, so Nina. „Beim Rewe in Ascheberg haben wir nachgefragt und die bemühen sich gerade um eine Umstellung an der Fleisch-, Wurst- und Käsetheke.“ Zumindest aber gibt es dort schon mal die mehrfach verwendbaren Netze für Obst und Gemüse.

Müllberge „sind der Wahnsinn“

Viele Videos und Blogs im Internet haben sich die drei Mädchen zur Vorbereitung angeschaut und ihre Erfahrungen in einem eigenen Videotagebuch festgehalten. Und Geschichten von früher haben sie sich von Gretas Großeltern erzählen lassen, wie das damals so war mit den Lebensmitteln. „Oma und Opa bauen bis heute noch ihr eigenes Obst und Gemüse im Garten an.“

Inzwischen nutzen wir alle Bambuszahnbürsten, Zahnputztabletten, die lose zu kaufen sind und Shampoo-Seife“, sagte Greta. „Wenn man sich überlegt, wie viel allein bei den Körperpflegemitteln an Müll produziert wird, ist das Wahnsinn.“

Auch keine in Plastik verpackten Süßigkeiten

Konsequent haben Greta, Nina und Theresa ihre Müllvermeidung durchgezogen. Die beinhaltete auch den Verzicht auf „Süßes“, da diese Leckereien ausschließlich in Plastik verpackt sind – und das oftmals doppelt und dreifach. Für die Finanzierung ihres Projektes haben sie im Schulcafé Waffeln und Muffins verkauft. So hatten sie rund 70 Euro für den Wocheneinkauf zur Verfügung.

„Man darf gar nicht darüber nachdenken, was alles in Plastik verpackt ist.“
Theresa Lütkenhaus

„Man darf gar nicht darüber nachdenken, was alles unnötigerweise in Plastik verpackt ist“, erzählte Theresa. „Welchen Sinn macht es, eine Gurke, die ja eine natürliche Verpackung hat, noch in Folie einzuschweißen?“

Richtig sauer werden die Schülerinnen, wenn sie erzählen, wie viel Müll die Menschen unachtsam in der Natur liegen lassen. Am Donnerstag haben sie am Bahnhofsweg in nur 40 Minuten rund fünf gefüllte Eimer voll Müll gesammelt.

Neben vielen Einwegkaffeebechern und kaputten Flaschen gehörten auch 16 verknotete Tüten mit Hundekot zu den Müllfunden. Die Profilschule wolle demnächst mit gutem Beispiel vorangehen und Wasserspender anschaffen. „Wir bekommen dann alle eine Metallflasche zum Auffüllen“, sagte Greta.

Alle drei appellierten zum Schluss noch einmal auch an die Eltern: „Lasst eure Kinder doch einfach zu Fuß zur Schule gehen oder mit dem Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Das Schulfrühstück kann man auch in eine Tupperdose packen anstatt in Folie. Wir sind doch die Verbraucher und somit die einzigen, die was ändern können. Wer soll es denn sonst machen?“