Aus Erleichterung wird Wut und dann ein Happy-End: Tim und Johanna Schäfer aus Herbern wurden am Impfzentrum Dülmen harsch und auf unfreundliche Weise abgewiesen, obwohl sie zuvor einen Termin bekommen haben.

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„Sie verlassen sofort das Haus“: Paar aus Herbern ärgert sich über Impfzentrum

rnImpfung im Kreis Coesfeld

Tim Schäfer ist impfberechtigt, weil seine Frau schwanger ist. Das zumindest dachte der Herberner, bis er am Impfzentrum in Dülmen trotz einer Terminvereinbarung abgewiesen wurde - auf unmögliche Weise.

von Andrea Wellerdiek, Claudia Hurek

Herbern

, 23.04.2021, 10:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Tim und Johanna Schäfer atmeten auf. Endlich könnte zumindest Tim bald eine Impfung gegen das Coronavirus bekommen. Denn seine Frau Johanna (38) ist schwanger. Während sie selbst nicht geimpft werden kann, darf sie aber zwei Angehörige benennen, die impfberechtigt sind. Die neue Regelung kündigte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann Mitte März an. Doch die Kommunen sind nicht dazu verpflichtet, ein entsprechendes Angebot für diese Personen zu machen.

Das sorgte nun für Ärger für Tim Schäfer aus Herbern, der zwar einen Termin im Impfzentrum in Dülmen vereinbaren konnte, dann aber unfreundlich abgewiesen wurde. Den Termin habe er ohne Probleme über die Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) buchen können. Dass er impfberechtigt ist, weil er Kontaktperson seiner schwangeren Frau ist, musste er an keiner Stelle angeben.

„Ich musste nur mein Alter angeben, sonst nichts. Das kam mir schon etwas suspekt vor“, sagt Tim Schäfer. Eine Überprüfung, ob jemand impfberechtigt ist, könne man nur sehr beschränkt durchführen. „Man kann bei der Online-Plattform oder im Call-Center keine Dokumente hochladen. Da sind wir auf die Ehrlichkeit der Bürger angewiesen“, erklärt Andreas Daniel, Pressesprecher der KVWL.

Hoffnung wandelt sich in Wut um am Impfzentrum Dülmen

Dass er nicht ehrlich sei, hat man am 9. April aber Tim Schäfer unterstellt. Der Herberner fuhr am 9. April mit seiner Frau Johanna ins Impfzentrum. Die Hoffnung, dass er mit dem Piks bald einen gewissen Schutz gegen das Coronavirus erhält, wurde schnell getrübt.

„Der Mitarbeiter am Einlass, der die Impfwilligen in Empfang nimmt, war bereits leicht überfordert und holte seine Chefin, die stellvertretende Leitung des Zentrums, dazu“, erzählt Tim Schäfer und weiter: „Diese unterstellte uns, ohne Begrüßungsworte und ohne sich vorzustellen, dass wir den Termin erschlichen haben. Das hat mich auf 180 gebracht. Ich habe als Beamter eine Vorbildfunktion. Ich will mich nicht vordrängeln.“

Mit harschen Worten und ohne überhaupt einen Blick auf die Unterlagen zu werfen, die Tim Schäfer mitgebracht hatte, sagte die stellvertretende Leiterin nach Angaben von Tim und Johanna Schäfer sinngemäß: „Sie sind nicht impfberechtigt. Ich habe 15 Erlasse hier und das interessiert mich alles nicht. Sie verlassen jetzt sofort das Haus.“

„Kann-Regelung“ für Kontaktpersonen von Schwangeren

Mit einem Erlass vom 31. März an die Kommunen wurde die Ausweitung der Impfangebote auf Kontaktpersonen von Schwangeren erweitert. „Seitdem sind Impfungen dieser Personengruppe grundsätzlich möglich. Bisher konnten die Impfzentren diesen Personen angesichts der geringen verfügbaren Impfstoffmenge nicht umfänglich ein Impfangebot unterbreiten. In Abhängigkeit von der verfügbaren Impfstoffmenge wird die Ausweitung des Impfens auf die Personen mit bestimmten schweren Vorerkrankungen sowie Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen und Schwangeren aktuell geprüft“, erklärt Carsten Duif, Pressesprecher des Gesundheitsministeriums in NRW.

Demnach handelt es sich bei den Impfungen für diese Personengruppe um eine „Kann“-Regelung. Die Kommunen sind aktuell nicht verpflichtet, ein solches Angebot zu machen. Je nach Impfstoff-Kapazität werden Termine in den Impfzentren der Kreise und kreisfreien Städte organisiert.

Ehepaar aus Herbern ärgert sich über Verhalten der Mitarbeiter

Auch Tim Schäfer kannte diese Regelung. „Wir waren ganz friedlich. Aber wenn ich andere Infos habe, dann bin ich auch bestimmend. Dann möchte ich auch eine vernünftige Erklärung haben“, sagt der Lehrer. Die gab es aber nicht. Stattdessen zog die stellvertretende Leiterin einen „Türsteher“, wie Tim Schäfer sagt, hinzu.

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„Zum dritten Mal wurde mir dann unterstellt, dass ich mir einen Termin erschleichen wollte. Er hat auch noch gesagt, dass wir doch an die alten Leute denken sollen, denen man die Impfung wegnehmen würde.“

Daraufhin verließen Tim und Johanna Schäfer mit großer Enttäuschung das Impfzentrum. „Wir können es eigentlich immer noch nicht fassen, wie man uns behandelt hat. Ich war so froh, dass mein Mann die Chance bekommen hat, sich impfen zu lassen und dann so etwas“, sagt Johanna Schäfer Tage später verärgert.

Beschwerde eingereicht

Ihr Ehemann reichte Beschwerde über das Verhalten der Mitarbeiter im Impfzentrum ein. Eine Rückmeldung hat er darauf bis heute nicht bekommen. Eine Antwort sei derzeit noch in Arbeit, erklärt Hartmut Levermann, Pressesprecher des Kreises Coesfeld, auf Nachfrage. Eigentlich, so Tim Schäfer, wollte er einen Anwalt in der Sache einschalten. Doch nun sieht er wohl davon ab.

Denn er hat am Mittwoch (21. April) nun seine erste Impfung bekommen. Die Gynäkologin seiner Frau hatte noch Impfdosen übrig und erklärte, dass Tim Schäfer als Kontaktperson einer Schwangeren auf der Prioritätenliste oben steht. „Ich bin stolz wie Bolle nach der ersten Impfung. Für werdende Väter sind es 1000 Höllen, die man durchlebt. Jetzt gibt es ein Stück weit Beruhigung, weil ich mir weniger Sorgen um meine schwangere Frau machen muss“, sagt ein sichtlich erleichterter Tim Schäfer.

Im Impfzentrum des Kreises Coesfeld werden neben den berechtigten Personen der verschiedenen Altersgruppen derzeit vor allem chronisch Kranke und noch keine Kontaktpersonen von Schwangeren geimpft, erklärt Hartmut Levermann vom Kreis Coesfeld. Die Impfbereitschaft im Kreis sei derzeit sehr hoch. Man könnte nicht allen Personen ein Impfangebot machen. „Es ist klar, dass es da zu Enttäuschungen kommen kann“, so Levermann.