Dach könnte einstürzen – Eine Familie aus Herbern sitzt fest

Verzweifelt auf Wohnungssuche

Die Hiobsbotschaft für die bald vierköpfige Familie aus Herbern kam vor einer Woche: Ihr Dach ist einsturzgefährdet. Jetzt braucht sie dringend eine neue Unterkunft. Die Suche ist schwierig.

Herbern

, 07.12.2017, 05:30 Uhr / Lesedauer: 3 min
Risse in den Wänden und eine Wölbung im Dach erwecken nicht gerade Vertrauen. Beim nächsten Schnee könnte die Konstruktion zusammenbrechen, fürchten die Rehers, die sich in der aktuellen Situation nicht für die Zeitung fotografieren lassen wollten.

Risse in den Wänden und eine Wölbung im Dach erwecken nicht gerade Vertrauen. Beim nächsten Schnee könnte die Konstruktion zusammenbrechen, fürchten die Rehers, die sich in der aktuellen Situation nicht für die Zeitung fotografieren lassen wollten. © Jan Hüttemann

Für die meisten bereitet kurz vor Weihnachten nur die Frage nach dem passenden Geschenk stressvolle Tage. Für Kevin (26) und Jennifer (25) Reher wären solche Sorgen momentan absoluter Luxus. „Das Einzige, was die Situation jetzt noch schlimmer machen könnte, wäre obdachlos zu werden“, sagt die werdende Mutter.

Altes Fachwerkhaus an der Schützenstraße

Denn die momentan noch dreiköpfige Familie lebt in einem alten Fachwerkhaus an der Schützenstraße, das um 1900 erbaut wurde. Ein Blick von außen auf das Dach verrät, wo das Problem liegt. Denn die Dachziegel hängen durch, als wäre das Dach beinahe schon flüssig. „In einer Nacht hat es unfassbar laut gekracht und gepoltert“, sagt Kevin Reher, „da wussten wir, dass etwas nicht stimmen kann.“ Und genau das bestätigte nun auch der Vermieter: Einsturzgefahr.

Unter dem Giebel hatte die Familie vorher ihr Schlafzimmer eingerichtet, jetzt sind sie ins darunterliegende Wohnzimmer ausgewichen – als Provisorium. Denn die Angst, nachts unter Trümmern begraben zu werden, bestünde dauerhaft. Auch die Risse an den Wänden sorgen dabei nicht gerade für Vertrauen. „Der hier ist im Vergleich zu neulich auch noch mal gewachsen“, sagt Kevin Reher, als er das Dach für ein Foto betritt.

Auch innen ist zu sehen, wie der Dachstuhl in sich zusammenfällt.

Auch innen ist zu sehen, wie der Dachstuhl in sich zusammenfällt. © Jan Hüttemann

Die Familie und der Vermieter fühlen sich dabei vom vorherigen Besitzer, einer Wohngesellschaft, hintergangen. „Unser Vermieter hat das Gebäude selbst erst kürzlich erworben. Die Gesellschaft hat ihm dabei versichert, dass alles in Ordnung und sogar saniert wäre“, erklärt Jennifer Reher. Das bestätigt der Vermieter, der nicht namentlich genannt werden möchte, auf Anfrage.

Ihr Mann klopft derweil demonstrativ unter die Decke des Wohnzimmers und zeigt: „Die kann ich sogar hochdrücken. Hier waren vorher Stützbalken. Die muss wohl jemand herausgenommen haben.“ Deshalb fühlt sich die Familie selbst im Wohnzimmer nicht mehr sicher. „Die Decke ist krumm und schief, da würde es uns nicht wundern, wenn die auch runterkommt, wenn das Dach in sich zusammenfällt“, sind sich beide einig.

Sanierung könnte sechs Monate dauern

Deswegen wollen sie so schnell wie möglich in eine andere Wohnung umziehen. Denn dann hat der Vermieter zugesagt, das Haus zu sanieren und das Dach reparieren zu lassen. Das würde jedoch sechs bis acht Monate dauern. Danach soll die Familie wieder einziehen können. Aber während der Arbeiten wäre das Haus nicht bewohnbar. „Unser Vermieter hilft uns , wo er kann, auch bei der Suche. Aber die Suche ist verdammt schwierig.“

Seitdem der Arbeitsvertrag ihres Mannes als Lagerist vor einem Monat ausgelaufen ist, sagen potenzielle Vermieter reihenweise ab, so Jennifer Reher. „Ich suche ja dringend nach einer Arbeit, ich habe gar keine Lust, zu Hause zu bleiben“, betont Kevin Reher, stattdessen wolle er versuchen, eine Ausbildung als Bestatter zu starten oder im Einzelhandel Fuß zu fassen. Dennoch scheuen sich die Vermieter vor seiner Situation – und das, „obwohl das Geld vom Jobcenter ja eine sichere Sache ist“.

Wohnung mit drei Zimmern gesucht

Außerdem braucht die Familie Platz. Im April kommt das zweite Kind zur Welt. Und der dreijährige Sohn Michael bräuchte ein eigenes Zimmer. „Für den Übergang können wir das Baby mit ins Schlafzimmer nehmen.“ Auch ihren Hund würden sie im Notfall bei einer Freundin unterbringen. „Wenn es überhaupt nicht anders geht“, sagen die Rehers.

Eine Wohnung also mit drei Zimmern – das bräuchte die Familie für sechs bis acht Monate. Die sollte allerdings in Ascheberg, Herbern oder Davensberg liegen. Sohn Michael besucht den Kindergarten in Herbern. „Da wollen wir ihn nicht herausreißen, damit er den Anschluss nicht verliert.“ Gemeinsam sitzen sie unter dem schiefen Dach. Für jede Hilfe wären sie dankbar.